Interviews

Stefan Hoffmann
Gesprächspartner: Jan 'DasJan' Schneider
Sprache:
Vom: 25.05.2008

Über

Stefan Hoffmann arbeitet seit 1987 in der Spieleindustrie und war Anfang der 90er an der Entwicklung von MadTV beteiligt. Seit 2000 ist er bei Silver Style für Projekt-Management und Game-Design zuständig. Mitglieder unserer Community konnten ihn zu seinem aktuellen Projekt Goin' Downtown befragen.



AndyBundy: „Welche Inspirationen hattet ihr für dieses Spiel während der Entwicklung? Hat sich während der Entwicklung die ursprüngliche Grundidee verändert?“

S.H.: „Inspirationen aus Film und Buch hatten wir wirklich eine Menge, wir sind schon ziemliche Genre-Fans. Dabei sind wir der Grundlinie, die wir am Anfang hatten, aber treu geblieben. Die Idee war ja, ein düsteres, aber auch realistisches Setting zu schaffen. Wir haben uns Gedanken darüber gemacht, wie das Leben der Menschen im Jahr 2072 aussehen könnte, haben uns nicht nur über Kultur und Politik den Kopf zerbrochen, sondern gerade auch über Alltäglichkeiten. Viele dieser Alltagsbesonderheiten sind natürlich auch Gegenstand von Rätseln.“

flob: „Wie unterscheidet sich euer Spiel von anderen aktuellen Titeln, abgesehen von der Story?“

S.H.: „Der Hauptunterschied ist natürlich die tolle Cell-Shading-Grafik. Und mit dem Crime Investigation Simulator haben wir ein Feature drin, mit dem man im virtuellen Raum ermitteln kann. Das bringt etliche Besonderheiten bei den Puzzles mit sich, die man so nicht von anderen Spielen kennt.“

Dead: „Wie lang wird die Spielzeit sein?“

S.H.: „Die Spielzeit beläuft sich auf rund 15 Stunden. Wir sind uns übrigens sicher, dass die Spielinszenierung sehr viele Spieler zum Wiederspielen einladen wird. Insbesondere da es für viele Rätsel mehrere Lösungen gibt.“

AndyBundy: „Wie sieht es mit dem Soundtrack aus? Überwiegend futuristisch, "abgespaced", rockige oder ruhige Töne?“

S.H.: „Der Soundtrack von Goin' Downtown kann man sicher als rockig, aber auch synthetisch bezeichnen. Es gibt allerdings auch orchestrale Stücke.“

Dead: „Wieso kann man nicht einstellen, ob man die Hintergrundcharaktere lieber weiß oder wie normale Personen sehen will?“

S.H.: „Wir sind der Meinung, dass die einfarbigen, schemenhaften Hintergrundfiguren ein tolles Stilmittel sind, das perfekt zu dem Comiclook passt. Es gibt ja genug durchaus bekannte Comiczeichner, die ähnlich arbeiten. Ich glaube, dass das Resultat auch ziemlich gelungen ist, vor allem in Bewegung.“

Wildchild: „Mir ist aufgefallen, dass Adventures häufig an Charakteranimationen kranken, die einfach so schlecht sind, dass die Atmosphäre darunter leidet - So Blonde als bestes Beispiel... Wird Goin' Downtown gute Charakter- und Laufanimationen bieten?“

S.H.: „Selbstverständlich. Die Animationen sind nicht nur sehr gut, sondern auch ziemlich zahlreich. So besitzt jede Figur im Spiel nicht nur einen eigenen Laufstil, sondern oftmals auch spezielle Gehanimationen wie geducktes Schleichen. Übrigens haben wir auch Gesichtsausdrücke und Gesten passend zu den Dialogen synchronisiert, was die Atmosphäre gewaltig verdichtet.“

Sheendra: „Mein Hauptkritikpunkt am letzten Werk Everlight ist der matte Hauptcharakter, der weder durch ein Intro, durch seine gesamte Spielzeit hindurch, noch durch ein befriedigendes Ende einem ans Herz wuchs oder zumindest irgendeine Tiefe erkennen lies. Da mir der Rest des Spiels gefiel die Frage: Werden diese Kritikpunkte beim 'Helden' aus Goin' Downtown aufgegriffen und verbessert?“

S.H.: „Melvin ist ein eher zurückhaltender Charakter, der, wie ich finde, auch seine Qualitäten hat und sicher vielen Spielern durchaus ans Herz gewachsen ist. Trotzdem ist Jake völlig anders und prägnanter angelegt, man erfährt viel über seine Vorgeschichte, seine Wünsche und seine Macken, und im Laufe des Spiels entwickelt sich nicht nur die Story weiter, sondern auch Jake. Er besitzt also schon eine große Charaktertiefe, die für den ganzen Verlauf der Geschichte eine wichtige Rolle spielt.“

flob: „Wie viele Personenarbeitsstunden stecken in dem Spiel? Wie aufwändig war die Produktion im Vergleich zu euren anderen Titeln?“

S.H.: „Goin' Downtown hat etwas mehr als ein Jahr Entwicklungszeit gekostet mit einem Team von 20 Leuten. Der Aufwand war in manchen Bereichen deutlich höher als bei unseren früheren Titeln, insbesondere im Bereich Animation und Closeups / Kameraperspektiven. Trotzdem kamen wir diesmal insgesamt zügiger voran, da wir von Anfang an ziemlich genau wussten, wo wir hin wollten und das Team mittlerweile so eingespielt ist und das Genre so gut kennt, dass nur noch sehr geringe 'Reibungsverluste' auftraten. Die dadurch eingesparte Zeit haben wir dann allerdings gleich wieder an anderer Stelle ins Spiel investiert.“

flob: „Was ist euch an dem Spiel nicht so gut gelungen wie geplant? Was ist besser gelungen als erwartet?“

S.H.: „Sagen wir es so: Wenn uns etwas entgleist wäre bei der Entwicklung, dann hätten wir das Spiel nicht herausgegeben. Etliche Features hatten wir übrigens nicht in der ursprünglichen Planung, aber wenn man ein Projekt gelingen sieht, dann sattelt man gerne noch mal drauf. Zwei Beispiele: Ursprünglich waren die Closeup-Szenen deutlich weniger aufwändig geplant, am Schluss waren es fast doppelt so viele wie ursprünglich angesetzt, teilweise auch in Realtime-3D und die Perspektiven waren weit aufwändiger und damit spannender, als wir das ursprünglich wollten.

Ein anderer Punkt ist die Dialogchoreographie. Dass wir hier wirklich Dialogzeile für Dialogzeile durchgehen und die jeweils passende Mimik und Gestik heraussuchen, hatten wir ursprünglich nicht geplant. Für ein Spiel, in dem Story und Charaktere so im Vordergrund stehen, erschien uns die Mühe aber lohnenswert.“

flob: „Konntet ihr Ideen oder Wünsche aus Kostengründen nicht umsetzen? Welche?“

S.H.: „Klares Nein. Wir haben sogar deutlich mehr getan als geplant.“

Sumpfsuppe: „Die Systemanforderungen werden auch für Adventures immer wichtiger, wie sieht es also damit aus?“

S.H.: „Da wir wissen, dass viele Adventure-Fans nicht auf die allerneueste Hardware schielen, haben wir die Anforderungen bescheiden gehalten. Voraussetzung ist allerdings eine Grafikkarte, die den Pixelshader 2 unterstützt. Die Systemvoraussetzungen im Einzelnen:

Windows XP/ VISTA, DirectX 9.0C

Pentium(R)4 mit 2.0 GHz oder 100% kompatibler Prozessor

512 MB RAM, 2 GB freier Festplattenspeicher

DirectX (R) kompatible Grafikkarte mit Pixel Shader 2

DVD-Laufwerk

Für ein optimales Spielerlebnis empfehlen wir die folgende Rechnerkonfiguration:

Windows XP/ VISTA, DirectX 9.0C

Pentium(R)4 mit 2.4 GHz oder 100% kompatibler Prozessor

1 GB RAM, 2 GB freier Festplattenspeicher

DirectX (R) kompatible Grafikkarte mit Pixel Shader 3

DVD-Laufwerk

Übrigens kann man bei Goin' Downtown – anders als in vielen aktuellen Adventures - die Auflösung frei einstellen. Ihr könnt also eure Highend-Monitore voll ausreizen.“

Sheendra: „Wird das Ende von Goin' Downtown ein Cliffhanger sein?“

S.H.: „Goin' Downtown ist, wie so ziemlich jede Krimi-Story, in sich abgeschlossen. Aber natürlich gibt es das eine oder andere Hintertürchen, die ein „Goin' Downtown 2“ ermöglichen würden. Nur: Es bleiben keine offenen Fragen, die erst ein weiteres Spiel beantworten wird.“

flob: „Was macht aus eurer Sicht ein perfektes Adventure aus?“

S.H.: „Für uns ist ein Adventure nicht nur die Summe guter einzelner Elemente. Natürlich muss die Story toll sein, die Charaktere interessant, die Puzzles innovativ, aber es muss auch alles perfekt ineinanderspielen. Was wir beispielsweise nicht mögen, sind Spiele, in denen die Aufgaben komplett an der Story vorbei gehen. Also im Sinne von: Die Welt steht vor dem sicheren Untergang, ich bin der einzige Mensch, der das Unheil noch aufhalten kann, aber zunächst muss ich leider einen Weg finden, diesen vermaledeiten Fahrradschlauch zu flicken...“

chrissummers: „Was spielen die Entwickler selbst zu Hause? Eigene Spiele, andere Adventures oder doch ganz andere Games?“

S.H.: „Goin' Downtown werde ich ganz sicher auch noch mal – nach einer kleinen Pause - zu Hause in aller Ruhe durchspielen, keine Frage. Ansonsten sind storyorientierte Games bei uns im Team insgesamt sehr beliebt.“

flob: „Warum macht ihr nicht mal ein Adventure mit Zombies?“

S.H.: „Weil sie Flecken auf den Besuchersesseln im Foyer hinterlassen und zu undeutlich sprechen.“

chrissummers: „Wurden mit Simon the Sorcerer 4 und Everlight schwarze Zahlen geschrieben, oder anders formuliert: Ist in den letzten Monaten der Adventuremarkt nicht übersättigt, oder kann man derzeit von einem Revival des Adventure-Generes in Deutschland sprechen?“

S.H.: „Die Tatsache, dass wir weitere Adventures entwickeln, spricht für sich, denke ich.“

ParadiseQuest: „Mal offen gefragt: Was kostet die Herstellung eines Adventures? Was sind die teuersten Elemente? Design, Synchronisation, Musik (Orchester, Titellied), Animation, CGI, Werbung, Vertrieb...? Und inwieweit werdet ihr von den Publishern finanziell unterstützt?“

S.H.: „Ich kann nicht für andere Unternehmen sprechen, aber allgemein fallen Adventureproduktion inzwischen sehr kostenintensiv aus. Da wir das firmeneigene Studio von Publisher TGC – The Games Company sind, stehen uns natürlich mehr finanzielle Optionen offen, als es vielleicht bei einem unabhängigen Entwickler der Fall ist.“

ParadiseQuest: „In der Filmbrache werden häufig immer die Produktionskosten genannt, manchmal sogar damit geworben. Bei Games sieht das anders aus. Ist das ein gut gehütetes Geheimnis?“

S.H.: „Richtig erkannt.“

leviathan: „Wird es nicht immer interessanter für Adventure-Entwickler, den Konsolenmarkt mit zu bedienen? Was sind die größten Hürden, um ein Adventure "sauber" auf eine Konsole zu portieren?“

S.H.: „Konsolen sind in der Tat ein Thema, gerade auch Nintendo DS. Die Hürden sind allerdings tatsächlich beträchtlich, die Hardwarefähigkeiten der aktuellen Konsolen sind weit von dem entfernt, was heutige PCs können.“

AndyBundy / Lannister: „Plant Silver Style weitere Adventures oder Fortsetzungen zu den bisher entwickelten? Was macht eigentlich The Fall - Mutant City bzw. The Fall 2?“

S.H.: „Ganz klar: Wir bleiben dem Genre treu. Lasst euch von den Ankündigungen überraschen, denen möchte ich nämlich hier nicht vorgreifen.“