Interviews

Florian Köhne
Gesprächspartner: Hans Duschl
Sprache:
Vom: 09.04.2016

Eigentlich sollte an dieser Stelle ein Vorstellungsfilm à la Neo Magazin Royale laufen. Aber zum einen ist das echt viel Recherche-Aufwand und zum anderen hatte William Cohn keine Zeit zum Einsprechen. Daher also die gewohnt kurze und schriftliche Adventure-Treff-Version:

Florian Köhne ist der Kopf der ""Game Devision"" bei der Bild- und Tonfabrik (btf). Meistens ist diese Firma mit der Produktion des Neo Magazin Royale beschäftigt, doch im Dezember 2015 zeigte sich mit dem Neo Magazin Game Royale - Jäger der verlorenen Glatze die große Adventure-Leidenschaft des Teams. Und nun wird unabhängig von der Show nachgelegt: Das Adventure ""Trüberbrook"" mit handgefertigten Kulissen hat bereits Fördermittel erhalten und befindet sich in der Entwicklung. Es gab also gleich mehrere Gründe, Florian um ein Interview zu bitten.

Adventure-Treff: Hallo Florian, schön, dass du dir die Zeit für das Interview nimmst!
Die Suche nach der verlorenen Glatze war euer Erstlingswerk. Wie seid ihr als Kleine-Loser-Show-Macher überhaupt auf die Idee gekommen, so viel Zeit in ein Game zu investieren?

Florian Köhne: Viele hier in der btf sind große Spielefans und wollten immer schon gerne selbst ein Computerspiel in den Äther entlassen. Besonders das Adventuregame ist ein Genre, das uns als Film- und Fernsehschaffenden am nächsten liegt, weil wir viele beteiligte Gewerke schon unter einem Dach vereinen – Autoren, Grafiker, Animatoren, Sounddesigner oder Programmierer. Eigentlich sollte »Trüberbrook« unser erstes Computerspiel werden. Um uns vorher mit den Produktionsabläufen etwas vertraut zu machen, haben wir uns aber erst einmal für ein kleines Adventuregame im Kosmos des Neo Magazins entschieden. So entstand »Jäger der verlorenen Glatze«.

A.-T.: Hat die gesamte Redaktion das Konzept aufgestellt oder hat jemand federführend übernommen (und den Credit dafür in der Dezember-Show durch Florentin komplett verloren)?

Florian: Wir haben erst einmal ein gemeinsames inhaltliches Brainstorming mit allen Adventureinteressierten gemacht. Grundsätzlich konnte sich jeder in den Prozess einbringen. Ich habe wegen meiner Arbeit an »Trüberbrook« dann auch bei »Jäger der verlorenen Glatze« die inhaltliche und koordinatorische Verantwortung übernommen.

A.-T.: Habt ihr nur die Klassiker im Adventure-Bereich gespielt, die sich ja eindeutig in eurem Titel widerspiegeln, oder auch mehr Aktuelles?

Florian: Wir sind alle mit den Klassikern von LucasArts, Sierra und Revolution aufgewachsen, weshalb diesen Titeln eine besondere Bedeutung zukommt. Wir verfolgen aber auch viele aktuelle Titel. Die Liste unserer Adventure-Highlights der vergangenen Jahre ist lang – da wären z.B. die Spiele aus dem Hause Telltale oder auch »Kentucky Route Zero«, »Swords & Sorcery«, »Machinarium«, der Adventure/Strategie-Mix »Gods Will Be Watching« sowie natürlich »The Inner World« von Studio Fizbin, um nur einige zu nennen.

A.-T.: Wie viele Downloads habt ihr bislang für Jäger der verlorenen Glatze einstreichen können?

Florian: Im Apple Appstore und im Google Playstore kommen wir zusammen auf ungefähr 100.000 Downloads für Mobilgeräte. Die Zahlen für die Desktopversionen hat das ZDF bedauerlicherweise verlegt.

A.-T.: Laufen Redakteure, die einen Test über euer Game geschrieben haben Gefahr, bei Prism is a Dancer ins Scheinwerferlicht zu geraten oder kann ich nach wie vor gefahrlos versuchen, Karten für die Show zu bekommen?

Florian: Das kommt auf das Testergebnis an.

A.-T.: Ihr schiebt gleich das nächste Game hinterher, wie wird das finanziert?

Florian: Wir haben das Konzept für »Trüberbrook« beim Medienboard Berlin-Brandenburg vorgestellt und eine Förderung zur Umsetzung bekommen. Den Rest müssen wir durch gezieltes Lotto-Spielen und manipulierte Pferdewetten einfahren.

A.-T.: Wo kommt die Zeit für ein neues Game her? Habt ihr Mitarbeiter, die nicht 24 Stunden für Böhmi da sein müssen?

Florian: Mittlerweile sind wir etwas gewachsen, sodass sich die Arbeit ein bißchen besser verteilen kann.

A.-T.: Kommt ihr zu gamescom mit eurem Titel?

Florian: Im Moment sind wir noch nicht soweit. Für nächstes, übernächstes oder überübernächstes Jahr ist das aber nicht auszuschließen.

A.-T.: Worum geht es in Trüberbrook und was dürfen wir wann erwarten?

Florian: »Trüberbrook« wird ein Point-&-Click-Adventuregame in der Tradition der großen Genre-Klassiker. Es spielt in einem entlegenen Luftkurörtchen in der deutschen Provinz der 60er Jahre. Das Motiv ist eine Mischung aus Science-Fiction, Mystery und Heimatfilm. Twin Peaks im Teutoburger Wald, sozusagen. Eine Besonderheit sind die handgemachten Miniaturkulissen, die dem Spiel einen eher ausgefallenen Stil verleihen. Release: Sobald es fertig ist.

A.-T.: Handgefertigte Kulissen sehen meist super aus, sind aber auch extrem viel Arbeit. Warum habt ihr euch dafür entschieden?

Florian: Viele Adventuregames bedienen ähnliche, oft illustrative Stile – sei es ein comichafter, handgezeichneter oder auch collagenhafter Look. Ein Retro-Pixelstil ist ja im eigentlichen Sinne auch illustrativ. Andere visuelle Formen, wie z.B. die Knetwelten von »The Neverhood« oder aktuell »Armikrog« sind selten. Demgegenüber gibt es z.B. im Mainstream schon immer die Tendenz zu realistischen und rechenintensiven Looks. Wir hatten uns deshalb für »Trüberbrook« einen ausgefalleneren, »warmen« Stil vorgestellt. Die Wahl handgemachter Kulissen finde ich deshalb – filmisch gedacht – sogar naheliegend. Wir haben zuvor schon einige Projekte auf Basis von Miniaturen und handgemachten Kulissen umgesetzt, z.B. unsere Kurzfilme »Armadingen« und »Concerning Dinosaurs« oder das Musikvideo »Roland I Feel You«.

A.-T.: Vielen Dank Florian! Vielleicht sehen wir uns ja demnächst mal am Set für euer Spiel.

Florian: Sehr gerne und vielen Dank!