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Pflegefall Adventure-Genre (QuerSchläger)
Vom: 01.10.2004
Man kennt das Problem. Die Einen sagen, das Adventure-Genre lebt, die Anderen sagen, Adventures zu entwickeln lohnt sich nicht mehr. In Deutschland dürfen wir im Moment einen kleinen Aufschwung erleben. Ja, es geht wieder aufwärts. Aber darf man trotz all dieser schönen Dinge auch blind für so einiges werden. Haben wir Deutsche ein wenig Sand in die Augen gestreut bekommen? Geht es mit dem Genre wirklich wieder aufwärts oder zucken die Adventures im finalen Todeskampf noch mal so richtig zusammen, bevor sie in der Versenkung verschwinden?



Schauen wir uns also mal ein bisschen um. Wir verlassen kurz die interaktive Welt und betrachten die Natur. Wir befinden uns in einer Großstadt, 10 Millionen Einwohner, ein scheinbar feindlicher Ort für die normale Honigbiene. Aber die kleinen Dinger haben es tatsächlich geschafft, von der Klatschmohnwiese hin zur Großstadt. Und warum? Ganz einfach, Evolution. Die Tiere können sich an neue, veränderte Bedingungen anpassen. Es sind die gleichen Tiere aber sie funktionieren jetzt irgendwie anders. Das Endprodukt Honig schmeckt aber wie immer.



Was haben aber die Bienen mit Adventures zu tun? Eigentlich gar nichts. Worum es dann geht? Sagen wir mal, um die Evolution. Die Evolution der Adventures ist indes schnell erzählt:



1. Texteingabe

2. Texteingabe mit Bild

3. Weg von der Texteingabe hin zur reinen Maussteuerung.



Ist das alles? Grob gesagt ja, Veränderungen sind in unserem Genre nicht so sehr angesagt. Dummerweise habe ich mal das Gerücht gehört, dass, wer sich nicht anpasst, ausstirbt. Und was mit einer Gruppe passiert, die ein dringendes Nachwuchsproblem hat, sollte auch klar sein: Richtig, sie wird kleiner und immer kleiner.



Was mir an den Adventures der heutigen Zeit fehlt ist eine starke Persönlichkeit im Hintergrund mit Mut zur Veränderung. Ein Designer, der dem Spiel seinen Stempel aufdrückt. Früher war natürlich alles besser, Adventures haben sich noch richtig gut verkauft. Und damals gab es auch diese großartigen Designer: Roberta Williams, Ron Gilbert, Tim Schafer und so weiter.

Aber heute: Star-Designer gibt es im Genre nicht mehr. Kein Wunder, dafür ist das Genre auch viel zu klein geworden. In (fast) jedem Genre gibt es immer wieder besondere Spiele von besonderen Designern. Und diese besonderen Menschen hatten oft den Mut alte, eingefahrene Wege zu verlassen und etwas wirklich Neues zu machen. Und oft tat genau das einem Genre gut. Jemand vom Fach setzte sich hin und entwickelte ein Spiel, das dann anders war. Aber diese Ideen brachten das Genre weiter. Grenzen wurden gesprengt, neue Spieler konnten gewonnen werden, das Genre war vielschichtiger und besser als vorher.



Aber wie sieht das momentan bei den Adventures aus. Ein Adventure muss heute noch genau so sein wie vor 10-15 Jahren. Grafik, Rätsel, Spielprinzip usw. alles gleich wie damals. Das beste Verkaufsargument für ein aktuelles Adventures: Es spielt sich wie vor 10 Jahren, es wurde nichts verändert. Kleiner (und für uns Fans natürlich unbedeutender) Haken an der Sache: Konnte man Anfang der Neunziger mit einem guten Adventure noch die 1-Millionen-verkaufter-Exemplare-Grenze brechen, schaffen es heutige Spitzen-Titel mal gerade in die Top 20 der Charts und sechsstellige Verkaufszahlen weltweit sind ein großer Erfolg. Dass das Produzieren heutiger Spiele teurer ist als früher ist eigentlich auch nur ein unwichtiges Detail. Warum sollten deshalb Firmen ihre Existenz aufs Spiel setzten und in dieses Genre investieren? Etwas Neues will man nicht, etwas Altes wird nicht mehr so oft gebraucht.



Bedeutet das also, wir können schon mal die Blumen für die Beerdigung eines treuen Weggefährten kaufen? Keine Ahnung, aber wir könnten ja ein paar Hoffnungen und gute Vorsätze ins Krankenhaus zum alten Freund Adventure-Genre bringen und ihm dann erzählen: "Mensch, Toleranz und Aufgeschlossenheit neuen Dingen gegenüber muss ja gar nichts Schlechtes sein, das hat uns die Vergangenheit schon öfters gelehrt."