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7 Jahre Abenteuer Teil 4: Licht und Schatten
Vom: 09.01.2021

2014: Licht und Schatten

Im Jahr 2014 erblickte die Kunstfigur Bruno von Holycrap Studios das Licht der Welt. Als Parodie auf die vielen Kickstarter-Projekte im Adventure-Bereich veröffentlichten wir am ersten April ein Video mit besagtem Bruno, das sehr gut ankam.


Blickt man heute zurück auf die 2014 veröffentlichten Tests, ist die Liste ungewöhnlich übersichtlich. 15 Tests sind in diesem Jahr erschienen, sieben davon stammen aus meiner Feder. Das Feld war dabei bunt gemischt: Perlen wie The Room 2 und The Vanishing of Ethan Carter und einfach nur anstrengende Spiele, durch die ich mich mit viel Mühe durchquälte wie Randal’s Monday und Schatten im Vatikan. Am meisten stellte jedoch Pineview Drive meine Geduld auf die Probe. Zu diesem Titel schrieb ich einen gnadenlosen Verriss in Tagebuchform, auf den ich bis heute stolz bin.

 

Ein Spiel, auf das die gesamte Redaktion und auch viele Leser bereits sehnsüchtig warteten, war The Devil’s Men. Bei einem Besuch in Hamburg schaute ich auch bei Daedalic vorbei und konnte im Interview mit Autor Kevin Mentz deutlich mehr Details zum Titel herausfinden. Auch gab es erste Screenshots. Doch der Titel erschien nie, was mich bis heute genauso schmerzt wie Kevin Mentz selbst.


Dass nicht so viele Tests wie im Vorjahr erschienen, lag zum Teil an der Redaktion selbst. Viele Redakteure verfügten durch ihre Jobs oder Familien über deutlich weniger Zeit. Die Koordination und die Verteilung von Aufgaben wie das Schreiben von News verlief schleppend. Redaktionskonferenzen über Skype halfen dabei, das Team wieder näher zusammenzubringen. Dennoch zeichnete sich deutlich ab, dass wir unser bisheriges Tempo nicht würden halten können. Kombiniert mit den anstrengenden Spielen und der starken Identifikation meinerseits mit der Seite, die inzwischen einen Großteil meiner Freizeitgestaltung einnahm, nagte dies langsam und zunächst unbemerkt an meiner Energie.


Umso schöner war die Zusammenkunft auf der gamescom. Alle Mühen des Jahres waren vergessen und wir stürzten uns in den Wahnsinn der Messetage, inklusive Video- und Podcastproduktion bis spät in die Nacht hinein. Auch Bruno erhielt einen weiteren Auftritt: Er wurde in einer Bonusszene hinter einer Tageszusammenfassung interviewt. In Sachen Organisation und Professionalität gelangen weitere Verbesserungen und wir erreichten ein Niveau, mit dem wir sehr glücklich waren und das mit nur noch minimalen Veränderungen die nächsten Jahre beibehalten wurde. Dennoch schlauchten die Messetage enorm. Termine im Halbstundentakt, zahllose Indie-Entwickler, kaum große Publisher-Termine. Der Markt wurde deutlich unübersichtlicher, die Hälfte der gesehenen Titel hatte ich nach ein paar Tagen wieder vergessen. Gleichzeitig bekam ich immer mehr Geschichten über das mit, was sich im Hintergrund bei der Entwicklung meiner Lieblingstitel abspielte. Die bunte, vergnügliche Welt bekam kleine, schwarze Flecken. Zugleich wurde immer deutlicher: Das Genre stand vor einem prinzipiellen Umbruch.

 

Große Entwickler und Publisher zogen sich immer mehr zurück und eine Vielzahl von unabhängigen Entwicklern versuchten ihr Glück. Adventures nutzten zunehmend Elemente aus anderen Bereichen und das Exploration Adventure gewann enorm an Auftrieb. Gleichzeitig landete Talletale einen Hit nach dem anderen. Mit minimalem Gameplay aber schwierigen Entscheidungen und gut inszenierten Szenen schnappte sich das Studio eine bekannte Marke nach der anderen. Gleichzeitig schickte sich Dontnod an, das Genre noch einmal komplett aufzurollen: Mit Life is Strange kündigten sie auf der gamescom ein äußerst vielversprechendes Episodenadventure an.

 

Zur Präsentation war nur eine stark begrenzte Anzahl an Redakteuren zugelassen, ich musste zähneknirschend draußen bleiben. Direkt nach dem Termin fasste Jan seine Eindrücke so zusammen: „Ich weiß nicht, was ich da gerade gesehen habe, aber es ist einfach nur fantastisch“. Und das wurde es auch. Dontnod nahm die Basis von Telltale, eine fantastische Geschichte und reicherte beides mit deutlich mehr Gameplay an. Eine Fortentwicklung, die Telltale nicht gelang - und vielleicht auch zum Niedergang des Studios beitrug. Dass dies passieren würde, war aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht abzusehen. Das Genre wirkte weiter lebendig wie lange nicht.

Hans Pieper

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