In diesem Feature stellen wir euch nach und nach alle aktuellen Level (oder „Räume“) aus der Live-Adventure-Installation „ExitTheRoom“ vor. Es handelt sich dabei um die Räume in München. Räume in den anderen ExitTheRoom-Filialen in Europa können abweichen!
Nach "Die Bombe" und "Mind Boggling" werden wir euch bald auch das Level "Madness" vorstellen.
„Schaut Euch doch mal den Schrank näher an“, dröhnt es rauschend aus meinem Walkie-Talkie. Dieser Hinweis ist mir nicht neu. Ich hab das fest verschraubte Mobiliar schon ausführlich untersucht und bin mir mittlerweile sicher, dass sich dahinter etwas Wichtiges verbirgt. Doch noch fehlt uns der Schlüssel für diese verdammte Schranktür!
„Uns“, das sind neben mir vier weitere „Agenten“, die genau wie ich hektisch den Raum untersuchen – sozusagen meine „Mitspieler“. Wir befinden uns in einem verwinkelten Luftschutzbunker, der tief im Kellergewölbe eines Schwabinger Altbaus zu finden ist. Und damit meine ich wirklich einen Bunker - auch wenn dieser lange Zeit nicht mehr genutzt wurde. Jetzt ist er wieder im Einsatz – und zwar als Teil des Live-Adventures „ExitTheRoom“. Unsere Aufgabe: Eine Atombombe finden und entschärfen! Irgendwo in diesem Komplex muss die Steuereinheit stationiert sein. Deswegen gilt es nun, brauchbare Gegenstände zu finden und sinnvoll einzusetzen, Rätsel zu lösen und mit meinem unsichtbarem Helfer im Walkie-Talkie zu kommunizieren.
Der Unsichtbare - das ist Adam. In Wahrheit sitzt er in einem Kontrollraum und beobachtet alle Spielräume des Kellers über Überwachungskameras. Er herrscht sozusagen über „ExitTheRoom“. Im Spiel ist er zusätzlich mein „NPC“ und meine persönliche Hilfefunktion – quasi mein „interaktiver Dialog“ via Funkgerät. Wenn’s mal nicht weiter geht, hat er immer einen Tipp auf Lager. Aber Kommunikation ist natürlich auch unter den Spielern selbst wichtig. Es ist kaum möglich, den kompletten Raum in der benötigten Zeit alleine nach wichtigen „Hotspots“ abzusuchen. Denn die Uhr tickt – in 60 Minuten soll die Bombe hochgehen.
„Ich habe einen Schlüssel“ ruft einer meiner Kollegen euphorisch und hält den neuen Inventargegenstand triumphierend in die Höhe. Nachdem wir bereits eine ganz Reihe an Rätseln gelöst und Schränke, Schallplatten, Bücher und Lampenschirme nach Hinweisen auf den Kopf gestellt haben, schreiten wir nun durch eine kleine Geheimtür noch tiefer in den Bunker hinein.
Der neue Raum ist dunkel und wird in kurzen Intervallen nur durch eine rotierende Alarmglocke in ein nervöses, oranges Licht getaucht. Wir finden Telefone, Computer und Aktenschränke verlassen vor. Von den Wänden grüßen uns russische Offiziere auf vergilbten Fotos. Durch das Walkie-Talkie plötzlich: Schreie und Maschinengewehre! Ein Angriff auf meinen einzigen Helfer da draußen? Wie viel Zeit haben wir noch?
Dann schließlich, in einer Ecke des Bunkers: Ein verdrahteter Kasten wird geöffnet und gibt ein Display mit einem Countdown frei. Die Bombe! Uns bleibt nicht mehr viel Zeit – die Uhr tickt unaufhaltsam. Wir rätseln und knobeln, wir wenden Gegenstände an, wir fahren Rechner hoch und stöbern in den Programmen des Militärs, heben Telefonhörer ab, knacken Safes und kritzeln Codes auf Papier.
Der neue Raum hat uns verunsichert. Nachdem wir bei unserem ersten Live-Adventure „HintQuest“ (zum Feature) vor allen Dingen beim Durchsuchen versagt hatten, haben wir bei der „Bombe“ sehr gründlich gesucht. Ich habe jeden Teppich umgedreht, sogar Ziegelsteine aus dem Boden entfernt und gegraben. Ich habe Dreck durchwühlt und kleinste Müllreste aufgehoben, für den Fall, dass sie nochmal wichtig werden. Als wir den Geheimraum betreten ist die Hälfte der Zeit schon rum. Uns erschlägt eine Vielzahl an Gegenständen und Hinweisen. Reicht uns jetzt die Zeit noch? Wir arbeiten weniger strukturiert und sind nervös.
Knapp 15 Minuten vor Ablauf des Countdowns scheinen wir nach viel Hektik doch noch am letzten Rätsel angekommen zu sein. Wir müssen Zahlen und Brüche mit Fotos und Namen kombinieren. Ich fasse mir an den Kopf und glaube nicht mehr daran, dass wir die Bombe noch entschärfen können. Das sieht zu komplex aus! Oder denken wir zu kompliziert? Alle von uns ermittelten denkbaren Entschärfungscodes funktionieren nicht.
Da meldet sich zum Glück unser Helfer wieder über das Walkie-Talkie. Aber seine Möglichkeiten unsere Fragen zu beantworten sind begrenzt. Wir haben nur noch eine letzte Frage frei. Ich stammele sowas wie: "Wir haben hier diese und jene Bilder und diese und jene Dechiffrierung. Hängen diese Aspekte zusammen?" Gleich nachdem ich den Funkspruch abgesetzt habe verfluche ich mich selbst für diese sinnlose Frage. Kurze Zeit Stille. Danach rauscht es aus dem Funkgerät: „Es gibt ja auch dumme Fragen. Darum frage ich nochmal: Ist das eine Frage?“ – „Nein, Moment!“, antworte ich.
Die Aufgabe, eine offene Gameplay-Frage sinnvoll zu stellen statt eine auszuwählen, fühlt sich für mich völlig neu an. Irgendwann denke ich mir: Warum nicht einfach viel direkter fragen? Also: "Wie komme ich von diesen und jenen Bildern und dieser und jener Dechiffrierung auf die Lösung?" Fast schon frech, aber Adam weiß die Antwort und gibt uns kurz vor knapp den entscheidenden Tipp. Wir beginnen wieder mit Kritzelein auf dem Papier. Die orange Alarmleuchte rotiert weiter und erhellt unsere Decodierungsversuche in schnellen Schwüngen. „Okay, fertig. Gib ein!“, brüllt ein Kollege. Ich renne zur Bombe. „Buchstabier!“, rufe ich.
Mit schwitzigen Fingern drücke ich auf den Bestätigungsknopf. Aus Erfahrung weiß ich, dass bei solchen Spielen manchmal nur eine Eingabe gewährt wird oder die nächste für einige Minuten gesperrt ist. Der erste Versuch muss jetzt sitzen. Wir kreuzen unsere Finger und blicken gebannt auf das Display. Da! Plötzlich steht der Countdown.
Wir hören eine Person applaudierend in den Raum kommen. Es ist Adam, der uns gratuliert. Alle „Agenten“ sind happy. Keine Glanzleistung, aber mit knapp 52 Minuten Spielzeit trotzdem besser als manch andere vor uns. Unsere Unterschriften wandern auf die „kellereigene“ Highscore-Liste. Für die kommenden zwei Levels, die „ExitTheRoom“ noch für uns bereit hält, wollen wir unser Live-Adventure-Konzept jetzt aber unbedingt noch weiter verfeinern.
Wie bereits bei anderen „Live-Installationen“ wie O.R.pheus (zum Feature) und HintQuest (zum Feature) hat mir auch mein erstes „Spiel“ in „ExitTheRoom“ viel Spaß gemacht. Nach HintQuest hatte ich noch mehr Atmosphäre und mehr Räume gefordert – und „ExitTheRoom“ kann hier tatsächlich punkten: Die gelungene Präsentation und die bessere Dramaturgie mit Geheimgang und weiterem Raum haben mich überzeugt. Bei HintQuest stand ganz klar das Knobeln im Vordergrund und die Rätselelemente waren sehr gut ineinander verschränkt. Bei „ExitTheRoom“ nimmt man dafür mittels Walkie-Talkie und einheitlicher Aufmachung schneller die Rolle eines Charakters ein. Leider trübt die vergleichsweise simple Rätselkette, die in erster Linie durch das Auffüllen mit „roten Heringen“ Spielzeit erzeugt, ein wenig den Spielfluss. Zudem ist eine wirkliche „Story“ trotzdem nicht erkennbar und das recht „billig“ wirkende Mobiliar scheint eher auf dem Flohmarkt gekauft und recht schnell zusammengestellt worden zu sein. Wir sind uns am Ende einig, dass wir trotz spannendem Bomben-Thema spielerisch letztlich beim direkten Mitbewerber ein leicht besseres Flow-Erlebnis hatten. Im Großen und Ganzen wiegen sich die Vor- und Nachteile aber gut auf und ich kann es kaum erwarten, die nächsten zwei Aufgaben in diesem mysteriösen Keller in Angriff zu nehmen.
Für unser nächstes Level „Mind Boggling“ haben wir unsere Spielweise weiter optimiert. Um sicherzustellen, dass wir alle wichtigen Hinweise und Gegenstände des Raums entdecken, bekommt jeder Mitspieler ab sofort feste Wände zugewiesen: Sobald wir ein Zimmer betreten verteilt sich die Gruppe und jeder untersucht gründlich seinen Bereich. Außerdem stellen wir den Strukturiertesten unter uns als zentrale Sammelstelle ab.
Damit hat er eine ziemlich undankbare Aufgabe. Bei ihm fließen zukünftig alle Informationen zusammen. Er verwaltet sozusagen Inventar, Kombinationen, Hinweise und Aufgaben – wie ein richtiges Spiel bildet er die komplette Spiellogik für uns mit ab. Während wir also Schränke durchwühlen, Schubladen öffnen oder Objekte sicherstellen, tönen gleichzeitig duzende Hinweise durch den Raum.
„Ich habe hier eine Ziffer hinter einem Bilderrahmen. Sie lautet drei in Weiß auf Grün!“ „Hier unten ist eine Steckdose!“ „Ich habe einen Schlüssel gefunden. Da steht ein A drauf“ ... Der oben genannte Organisator schreibt in Windeseile mit. Erledigte Aufgaben oder „benutzte“ Gegenstände streicht er von seinem Zettel. Man hat uns gesagt, dass bei „Mind Boggling“ die höchste Durchfallquote liegt. Werden wir mit unserem System in diesem Level eine Chance haben?
Storytechnisch ist „Mind Boggling“ bislang der schwächste Raum. Prinzipiell ist es wirklich eher ein klassisches „Escape-Spiel“. Im Gegensatz zur Bombe sind wir hier wirklich eingeschlossen und müssen fliehen. Eine innere Logik oder gar Vorgeschichte hat der Raum aber nicht. Es geht wirklich zu 100 Prozent um Rätsel. Und diese haben es tatsächlich in sich. So muss ich neben den typischen Logik- und Chiffrenrätsel auch viele Gegenstände kombinieren oder Geräte an Steckdosen anschließen und anwenden, um weiter zu kommen. Die verschiedenen Typen an Rätseln bilden somit einen guten Querschnitt, so dass für wirklich jeden was dabei sein sollte. Mir fällt auf, dass tatsächlich jeder bei einem anderen Puzzle seine Stärken ausspielen kann. Wie immer soll aber an dieser Stelle nichts verraten werden, um die doch relativ kurze Spielzeit nicht noch stärker zu reduzieren.
Bereits nach kurzer Zeit knacken wir die erste Tür und schreiten einige Stufen tiefer hinab in den Keller. Im nächsten Raum erwartet uns eine große Menge weiterer Gegenstände, die ziemlich willkürrlich und sinnlos im Raum verstreut sind. Die „roter Hering“-Masche aus dem Level „Die Bombe“ findet sich also auch hier. Schade, dass die Sache relativ offensichtlich ist. Eine wirklich falsche Fährte wäre zwar zeitlich noch fieser, aber zumindest konsistenter gewesen. So realisiert man, dass man de facto eigentlich eher gegen den Designer des Raums spielt, als mit dem Raum selbst.
Als wir uns nach weniger als 38 Minuten aus den Räumen „bogglen“ zeigt sich: Unsere Taktik ging voll auf. Durch das strukturiertere Spielen haben wir viel Zeit beim Suchen und Anwenden gespart. Für irgendwas muss die Adventurespielerfahrung ja wohl auch gut sein – auch wenn „Mind Boggling“ selbst wirklich mehr Puzzle als Adventure ist. Zu diesem Zeitpunkt stellen wir mit dieser Zeitmarke sogar kurzzeitig die Bestzeit auf.
Mind Boggling ist ein sehr ausgewogenes Spiel und richtet sich primär an Knobelfreunde. Gefühlt ist es damit eher ein „zu Raum gewordener Adventure-Treff-Adventskalender“ (in stark entschärfter Form) als ein „klassisches“ Live-Adventure. Insbesondere allen, die gerne auch mal mit Gegenständen experimentieren, ist dieser Raum hiermit empfohlen. Hat’s mir Spaß gemacht? Auf alle Fälle. Es ist halt einfach was anderes, einen Gegenstand wirklich zu kombinieren, als nur den Mauscursor über den Bildschirm zu schieben. Die Immersion durch die spaßigen Rätsel funktioniert bei mir auch ohne Geschichte noch erstaunlich gut. Dazu kommt natürlich die Tatsache, dass man mit Freunden gemeinsam an einem Problem arbeitet und sich am Ende wie Schnitzel freut, wenn die Tür nach der Eingabe des finalen Zifferncodes plötzlich „klack“ macht.
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