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Über den Tellerrand: Living Stories - Das verlorene Herz
Vom: 13.05.2013

Ravensburger hat vor ein paar Tagen ein von Daedalic entwickeltes interaktives Kinderbuch namens Das verlorene Herz veröffentlicht, das schon im Vorfeld einige Auszeichnungen gewinnen konnte (Deutscher Entwicklerpreis 2011, GIGA-Maus 2012). Wir haben uns die App, die für das iPad erschienen ist, einmal angesehen und auch die Zielgruppe (sechs- bis zehnjährige) probespielen lassen.

Was tun ohne Herz?

Living Stories: Das verlorene Herz erzählt die Geschichte eines Mädchens, das an einem regnerischen Abend in einem tristen Hinterhof einen verdreckten Roboter findet, dessen Herz kaputt gegangen ist. Sie fasst den Entschluss, ihn wieder glücklich zu machen. Zusammen mit ihrem neuen Roboterfreund bricht sie auf, ein neues Herz für ihn zu finden und beide starten in ein fantasievolles Abenteuer.


Klassisches Kinderbuch-Setting.
 

Der Spieler blättert dabei von Seite zu Seite durch wunderschöne handgezeichnete Grafiken, die mit passender Musik unterlegt sind. Begleitende Texte werden von einem Erzähler vorgelesen, wahlweise kann man diesen aber auch abschalten und selbst lesen. Interaktivität erreicht das digitale Bilderbuch durch verschiedene Hotspots, die auf jeder Seite platziert wurden. Einmal muss der Roboter mit einem Schwamm geputzt werden, ein anderes Mal müssen Müllbeutel zur Seite geräumt oder Roboterteile gesucht werden. Es gibt auch immer ein paar Hotspots, an denen nur irgendeine Animation wie eine schnurrende Katze ausgelöst wird. Hier hätte die Interaktivität allerdings noch einen Schritt weiter gehen können. Man fragt sich zum Beispiel, warum man die wegzuräumenden Müllsäcke nicht gleich in die große Mülltonne im Hintergrund werfen darf - und das war dann auch der größte Kritikpunkt unserer Testspieler.
Zusätzlich zur Geschichte kann jedes Hintergrundbild noch als Puzzle verwendet werden, was gut funktioniert und eine Weile beschäftigt. Die App benötigt über 800 MByte Speicher, was bei aktuell üblicher Tablet-Ausrüstung zwischen 16 und 32 GByte ein ganz schöner Brocken ist - für eine Kinderbuch-App, die eher sporadisch verwendet wird.


Auf manchen Screens ist etwas Interaktion möglich, das Lesen der Geschichte steht aber deutlich im Vordergrund.
 

Schöne Ergänzung zum klassischen Kinderbuch

Die interaktive Kinderbuch-App überzeugt mit einer interessanten und zum Nachdenken anregenden Geschichte und wunderschönen handgezeichneten Grafiken. Zum Durchblättern braucht man in etwa 20 Minuten, die optionalen Puzzles steigern die Spielzeit noch etwas. Der Preis (3,59 Euro) geht im Vergleich zu einem klassischen, gedruckten Bilderbuch zwar in Ordnung; Bilderbuch-Apps wie Verflixt, hier stimmt was nicht bieten für kleineres Geld (0,89 Euro) jedoch deutlich mehr Unterhaltung und regen im Gegensatz zu Das verlorene Herz auch zum wiederholten Durchblättern an. Wir sind trotzdem gespannt auf zukünftige Titel aus der Living-Stories-Reihe.


Living Stories - Das tapfere Schneiderlein



Der zweite Teil der Living-Stories-Reihe von Ravensburger wurde wieder von Daedalic entwickelt und setzt im Gegensatz zum ersten Teil ein altbekanntes Märchen der Gebrüder Grimm als iOS-Bilderbuch um. Das ist ein wenig schade, denn genau die interessante und ein wenig verträumte Geschichte, die zum Nachdenken anregte, zeichnete den ersten Teil Das verlorene Herz aus. Auch gibt es diesmal keine Aufgabe, die man beim Lesen oder Zuhören vor Augen hat (beim Vorgänger war es Ziel, das verlorene Herz wiederzufinden) und die Geschichte um das tapfere Schneiderlein kennt ohnehin schon jedes Kind. Zumindest fast, denn sie wurde aus unerfindlichen Gründen an verschiedenen Stellen leicht abgeändert und vereinfacht.


Text wird angezeigt und optional vorgelesen
 

Die Interaktionen beschränken sich beim tapferen Schneiderlein auf Animationen einzelner Objekte auf dem Bildschirm, die per Fingerdruck ausgelöst werden können, die gleichzeitig aber völlig optional bleiben. Musste man im ersten Teil beispielsweise noch einen Roboter säubern oder verschiedene Teile aufsammeln, fehlt diese Art der Interaktion bei der aktuellen Ausgabe völlig. Auch die grafische Gestaltung hat sich verschlechtert. Die liebevoll handgezeichneten Bilder des ersten Teils wurden ersetzt durch eine viel steriler wirkende Zusammensetzung aus gezeichneten und computergenerierten Elementen. Wie schon im ersten Teil gibt es eine Puzzle-Funktion. Der Zuschauer hat die Wahl, Texte selbst zu lesen oder sich vorlesen zu lassen. Die Anpreisung der App, der Sprecher Markus Grimm wäre ein echter Nachfahre der Gebrüder Grimm, hat natürlich wenig mit der tatsächlichen Qualität der Vertonung zu tun, die sich eher auf niedrigem Niveau bewegt.


Die Grafik wirkt stellenweise nicht "wie aus einem Guss"

Fazit: Zu teuer

Für eine App, die 3,59 Euro kostet, kann man mehr erwarten als ein paar animierte Bilder und ein paar vorgelesene Sätze einer altbekannten Geschichte. Konnte der Vorgänger noch mit Interaktion und einer besseren Geschichte punkten, kommt hier stellenweise sogar Langeweile auf.

Hans Frank