Mit den beiden Spielen In Memoriam 1 und 2 wagten die Entwickler bei Lexis Numérique ein extrem ungewöhnliches Experiment: Das Adventure in den Alltag der Spieler ragen zu lassen. Doch dieses Experiment war nicht halb so gewagt wie das neue Projekt der französischen Spielemacher. Ihr neuester Titel Alt-Minds ist aufregend und beunruhigend zugleich und könnte mit seinem Konzept die Adventure-Landschaft nachhaltig verändern. Ab November wird das Spiel den Alltag der Teilnehmer in einer Weise beeinflussen, wie es noch kein Adventure zuvor getan hat. Alt-Minds ist genial und gefährlich – und das nicht nur für den Entwickler...
Acht Wochen wird Alt-Minds dauern. Acht Wochen, in denen sich der paranormale Thriller jeden Abend zwischen 18 und 21 Uhr weiter entfalten wird. Über den Browser oder eine App für Andorid und iOS-Geräte flattern neue Nachrichten, Videos oder andere Dokumente ins Haus. Die Aufgabe des Spielers besteht darin, Informationen im Internet zu recherchieren, Rätsel zu lösen und teilwesie sogar Personen auf facebook zu suchen und zu befragen oder an einen bestimmten Ort zu reisen. Die Entwickler von Lexis Numérique haben zur Spielepräsentation auf der gamescom außerdem angekündigt, dass ab einer bestimmten Gruppengröße von Spielern, die sich an einem vom Spiel genannten Ort versammeln, Aktionen in der realen Welt ausgelöst werden. Dadurch dringt das Spiel weiter in den Alltag der Teilnehmer ein als je ein Adventure zuvor. Da Alt-Minds seit über vier Jahren in Planung ist und vorbereitet wird, existieren bereits zahlreiche Webseiten, Profile und Nachrichten im Netz, die ab November das Spiel voranbringen werden. Zusätzlich wird das Spiel aber auch reale Ereignisse und Gegebenheiten integrieren, die teilweise nur schwer zu glauben sind. Die Mischung aus fiktiven Elementen und Fakten soll dafür sorgen, dass sich das Spielerlebnis unmittelbar gestaltet.
Doch das birgt auch Risiken: Aus den Spielen In Memoriam 1 und 2 hat Lexis bereits gelernt, dass eifersüchtige Ehefrauen ("Von wem bekommst du eigentlich all diese Nachrichten?!") und aufmerksamkeitssuchende Sektenführer ("Kommt zu mir, ich gehöre zum Spiel!") zu einem unerwarteten Problem werden können. Deshalb soll gleichzeitig zum Spiel ein Blog angelegt werden, der genau aufzeigt, was zum Spiel gehört und was nicht. Außerdem gibt es dort Informationen, welche Quellen und Geschehnisse real sind und welche für das Spiel hinzugedichtet wurden. Doch auch diese Sicherheitsmaßnahme konnte nicht verhindern, dass Blogger vor einiger Zeit auf ein zum Spiel gehörendes Video stießen, es als real ansahen und weiterverbreiteten. Angebliche Zeugen der Geschehnisse meldeten sich, besorgte Internetnutzer fragten nach dem Gesundheitszustand der im Video gezeigten Menschen. Die Entwickler mussten erklären, dass es sich um ein Teil eines Computerspiels handele, um die Wogen zu glätten. Und auch die Entwickler selbst gehen ein großes Risiko ein: Vier Jahre Entwicklungszeit mit insgesamt etwa 100 Beteiligten könnten ein finanzielles Desaster erzeugen, sollte das innovative Format nicht angenommen werden. Der enorme Aufwand könnte durch die Finanzkraft des Kommunikationsriesen Orange möglich geworden sein, der als Lexis-Partner zudem die technische Infrastruktur für Alt-Minds zur Verügung stellt.
Die Geschichte hinter Alt-Minds ist schnell erzählt und viel darüber schreiben darf man auch nicht, denn sehr schnell mindern Spoiler den Spielspaß. Im Mittelpunkt des Spiels steht eine Gruppe ukrainischer Studenten, die auf einer Exkursion urplötzlich spurlos verschwinden. Weil die Polizei im Dunkeln tappt, bittet die Organisation, welche die Studenten losschickte, die Internet-Community um Hilfe. Der Spieler wird Teil dieser Gemeinschaft und tauscht mit verschiedenen fiktiven Charakteren Informationen aus. Das Spiel wird im November starten und acht Wochen dauern. Es wird gleichzeitig in Deutschland, Spanien, Großbritannien und Frankreich spielbar sein, Videos und andere Dokumente erhalten hierbei Untertitel oder werden übersetzt. Die erste Woche dient dabei als kostenlose Demoversion, jede weitere Woche kostet dann 3 Euro. Insgesamt wird Alt-Minds also mit 21 Euro zu Buche schlagen, Käufer der gesamten Staffel erhalten aber einen Rabatt. Sollte das Projekt erfolgreich sein, ist eine Wiederholung der ersten und die Produktion einer zweiten Staffel geplant. Als Zahlungsmethoden wurden mehrere Möglichkeiten, unter anderem Paypal und Zahlung über den Mobilfunkanbieter genannt.
Sich acht Wochen lang jeden Abend dem Spiel zu widmen, ist durchaus eine fordernde Aufgabe. Sollte es zeitlich hin und wieder einmal knapp werden, ist dies aber kein Problem, denn am nächsten Tag gibt es stets eine Zusammenfassung der Ereignisse des letzten Abends und die fiktiven Charaktere sorgen dafür, dass die Aufgaben auch ohne den Spieler gelöst werden. So kann man zu beliebigen Zeitpunkten aus dem Spiel ein- und aussteigen oder bestimmte Aufgaben und Rätsel überspringen. Es ist sogar möglich, die gesamte Handlung von Alt-Minds als eine Art Thriller-Fernsehserie zu genießen. Hierbei dürften besonders die insgesamt 5 Stunden Videomaterial gute Dienste leisten. Doch wer fleißig mitmacht, wird namentlich in den Nachrichten der fiktiven Charaktere vorkommen und besonders zuverlässigen Spielern winkt zusätzlich noch ein besonderer Preis: Sollte das Projekt erfolgreich verlaufen und eine zweite Staffel produziert werden, finden sich in der Geschichte und den Videos die tüchtigsten Ermittler wieder. Angeblich soll dann sogar das Entwickler-Team mit einer Kamera vorbeikommen. Ob das wirklich stimmt, werden wir sehen. Doch auch wer sich bei einem Rätsel festbeißt, ist nicht automatisch für den Abend außen vor: Nach einer bestimmten Zeit gibt das Spiel Tipps. Wer zu lange überlegt, erhält eine E-Mail von einem fiktiven Mitspieler in seinem Account, die beim Denken ein wenig weiterhelfen soll. Diese Mail kann entweder geöffnet oder ignoriert werden. Der Schwierigkeitsgrad der Rätsel liegt nach Angaben der Entwickler allgemein im mittleren Bereich, sodass das Spiel etwas einfacher werden wird als In Memoriam 2.
Um mitzuspielen, muss man nur über einen Internetanschluss verfügen. Android- oder iOS-Geräte sind nicht notwendig, genauso wie ein facebook-Account nicht zwingend erforderlich ist. Um jedoch tief in das Spiel einzutauchen, empfehlen sich sicherlich ein Konto bei dem sozialen Netzwerk und die mobile App, um auch unterwegs gemütlich rätseln zu können. Plattform- und geräteunabhängig kann Alt-Minds theoretisch eine sehr große Anzahl von Spielern erreichen. Spezielle Techniker sorgen außerdem dafür, dass die benötigten Webseiten bei den Spitzenzugriffen zum Storybeginn am Abend nicht zusammenbrechen. Und natürlich sind auch die gesamten acht Wochen über Schauspieler und Entwickler im Einsatz, um die Story voranzutreiben und Profile zu pflegen. Was sich Lexis Numérique hier ausgedacht hat, ist mutig, innovativ, genial und völlig verrückt zugleich. Wir erwarten mit Spannung den einwöchigen Testlauf für die Presse im Oktober und können euch dann hoffentlich mehr über das Projekt berichten.
Links:
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