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Features

Über den Tellerrand: Toren
Vom: 05.10.2015

Toren

Über den Tellerrand

Entwickler: Swordtales

Vertrieb: Versus Evil

 


Swordtales, die über Versus Evil und mit Unterstützung des Brazilian Cultural Incentive Law ihr erstes Adventure Toren herausbringen, sind ein brasilianisches Indie-Entwicklerteam. Brasilien ist nun nicht gerade für Videospiele bekannt. Deshalb darf man gespannt sein, was das Fußball-Land hiermit in den Ring schickt.

Das Mädchen im Turm

Der Plot ist relativ schnell erzählt: Moonchild, die Protagonistin, lebt in einem Turm und will dessen Spitze und damit ihre Freiheit erreichen. Dass das nicht so ohne weiteres möglich ist, dürfte klar sein. Im und um den Turm herum lauern nämlich Gefahren in Form von kaputten Wegen und kleinen Monstern, die auf Moonchild hüpfen und sie an den Rand des Turms drängen. Warum dies alles geschieht, ist etwas kryptisch gehalten und wird von einem schon längst toten Magier durch Visionen und Träume erzählt. Dabei erwähnt er uralte Zivilisationen, deren Zeichen noch heute im Turm zu finden sind.


Geschichtsstunde bei Opa

Und dann ist da noch der Drache…

Wem das bisher noch zu unspektakulär erscheint, der wird durch den Drachen, der sich dem Spieler im Verlauf der Geschichte mehrmals in den Weg stellt, vielleicht noch umgestimmt. Während man also den beschwerlichen Weg zur Turmspitze auf sich nimmt und (Alb-)Traumpassagen durchläuft, muss man das eine oder andere Mal gegen ein fliegendes Schuppenmonster kämpfen, das mit einem Hauch alles Lebendige in Stein verwandeln kann. Damit man aber überhaupt eine Chance hat, bekommt man ein Schwert spendiert, das magische Abwehrkräfte besitzt und sich auch auf makabere Art aufwerten lässt. In Anbetracht der normalen Gegner wäre das aber überhaupt nicht nötig, da diese nach nur einem Hieb das Zeitliche segnen. Allerdings ist das Upgrade nicht nur für den Kampf vorgesehen. Auch in anderen Bereichen des Spiels erweist sich das Schwert als durchaus nützlich.


Das Mädchen und der Krieger

Der lange kurze Weg

Eins vorweg - das Spiel lässt sich in wenigen Stunden durchspielen. Sehr wenigen. Zumindest wenn man sich schon gut auskennt und auch einfach durch die Welt rennt. Dabei gibt es das eine oder andere Geheimnis zu entdecken, was (auf der Playstation 4) sogar mit Trophäen belohnt wird. Aber selbst wenn man alles untersucht und jedes Gebiet komplett abschließt, bleibt Toren ein Spiel für einen mittellangen Samstagabend. Für Moonchild allerdings vergeht viel Zeit. Also wirklich sehr viel Zeit. Schließlich wurde der Turm ja auch so gebaut, dass sie auf ewig (und das ist wörtlich zu nehmen) darin verschlossen bleibt. Dafür sorgen auch nicht zuletzt die bereits erwähnten Monster. Doch das Mädchen gibt nicht auf und schöpft neue Hoffnung aus der Erscheinung eines edlen Ritters, den sie durch das Fernohr im Turm im Himmel entdeckt.


Wie weit können sie diese Beinchen tragen?

 

Außen hui, innen pfui?

Zuallererst muss man dem Spiel die schönen Artworks zugute halten. Sie machen definitiv Lust auf das Spiel und versprechen ein ihnen ebenbürtiges Erlebnis. Auch die musikalische Untermalung ist stimmungsvoll und geht mit der Optik d´accord. Doch relativ schnell merkt man dem Gameplay seine Schwächen an. Die Steuerung ist stellenweise ungenau und vor allem bei plötzlichen Wechsel der Kameraperspektive kurzzeitig durcheinander. Die Animationen sind eher durchschnittlich und die Charaktermodelle zwar an sich schön gestaltet, hätten aber beim Ausmodellieren mehr Details vertragen können. Es wirkt an vielen Stellen leider kaum wie ein Spiel aus dem aktuellen Jahr und schon gar nicht wie ein Spiel für eine aktuelle Plattform (hier die PlayStation 4). Schade eigentlich, denn aus diesem Titel hätte man so viel mehr herausholen können. Hinzu kommt noch die teils wirre Erzählweise der Geschichte, die dem Spieler nicht dieses Gefühl gibt, ihr unbedingt folgen zu wollen. Immerhin bietet Toren in der kurzen Spielzeit recht viel Abwechslung und führt Moonchild durch Platforming-Passagen, gelegentliche Rätsel (auch während der Kämpfe gegen den Drachen) und Exploration mit Kletter- und Hüpfeinlagen, wodurch man sich öfters an ein Journey oder ICO erinnert fühlt. Leider bleibt es hinter beiden weit zurück.

Fazit

Toren ist ein gutes Beispiel für “gut gemeint, schlecht ausgeführt”. Leider. Es hätte so viel sein können, wenn sie an den Mechaniken des Spiels gefeilt hätten. Es hätte noch mehr Herausforderungen vertragen können. Mehr Rätsel und Gegner. Aber so bleibt nach dem Ende des Spiels leider nicht viel hängen. Der Reiz, es ein weiteres Mal zu spielen, ist gering. Somit kann ich es nur empfehlen, wenn es im Angebot ist und man Lust auf etwas “Anderes” hat.

Kommentar: Es ist mir schwer gefallen, über das Spiel zu schreiben und das merkt man dem Test vielleicht auch an. Zu wenig bleibt hängen, zu mittelmäßig ist das Gameplay und zu unwichtig erschien mir alles, was mir im Spiel begegnet ist. Was ich sehr schade finde, da man im Kern erkennt, dass die Entwickler mit Herz dabei waren. Dabei haben sie - Indie-typisch - sehr auf das Künstlerische geachtet. So sehr, dass dem beinahe alles andere zum Opfer fiel. Für das nächste Spiel haben sie hoffentlich viel dazugelernt und machen es besser.

Antonio Moss

 

Gesamtwertung: 71 Prozent

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