Interviews

Egbert Latza und Thomas Möhring
Gesprächspartner: Jan 'DasJan' Schneider
Sprache:
Vom: 09.02.2008

Über

Egbert Latza ist Executive Producer bei Publisher HMH, Thomas Möhring ist als Director und Projektleiter bei Radon Labs direkt für die Entwicklung von Treasure Island zuständig.



Adventure-Treff.de: „Treasure Island soll sehr bald erscheinen. Seid ihr schon fertig mit dem Spiel oder werden noch letzte Bugs beseitigt?“

Egbert Latza: „Treasure Island ist inhaltlich und grafisch komplett fertiggestellt. Momentan durchläuft das Spiel eine sehr intensive Testphase in der noch letzte Bugs beseitigt sowie einige Features und grafische Details optimiert und gepolisht werden. Außerdem arbeiten wir derzeit mit Hochdruck an der Fertigstellung der Demo. Wir kommen sehr gut voran. Dem Release am 6. März steht somit nichts im Wege.“

Thomas Möhring: „Da uns die Qualität des Produkts äußerst am Herzen liegt, haben wir weder Kosten noch Mühen gescheut, bis zu allerletzt an Bugs und sogar dem ein oder anderen Feature zu arbeiten. Das ganze Team hat vom ersten Tag der Entwicklung soviel Energie und Zeit in das Spiel gesteckt, weshalb wir auf den letzten Metern der Produktion nicht einknicken wollten. Betrachtet man die herausragende Qualität einiger Referenztitel, so ergibt sich allein schon hieraus eine gewisse Verpflichtung den Genre-Fans gegenüber.“

A-T: „Hat es mehr Vorteile oder mehr Nachteile, wenn man sich beim Entwickeln an eine berühmte Literaturvorlage halten muss?“

T.M.: „Sicher ist es durch die Buchvorlage und die zahlreichen Filmumsetzungen zunächst erst einmal sehr hilfreich, genau zu wissen, auf welche Schauplätze und dramaturgische Höhepunkte es am Stärksten ankommt.

Auf der anderen Seite ist es auch nicht immer so leicht möglich, eine linear ablaufende Geschichte in ein interaktives Spiel zu überführen. Hierbei gilt es unbedingt, die Stimmung und das Kernthema der Literaturvorlage beizubehalten und die Rätsel nicht völlig losgelöst wirken zu lassen. Demnach gibt es ebenso viele Vorteile wie auch Einschränkungen.“

A-T: „Wie weit habt ihr euch von der Originalgeschichte entfernt?“

T.M.: „Wie bei jeder Buch- oder Filmumsetzung muss letztlich immer ein Kompromiss gefunden werden zwischen Dingen, die in jedem Fall für eine stilechte Inszenierung nötig sind und solchen, die gefahrlos weggelassen werden können. Sicherlich stellt auch unser Spiel eine Interpretation der Vorlage dar. Kenner und Liebhaber des Originals, die wichtigsten und spannensten Abschnitte der Geschichte vorfinden werden.“

E.L.: „Abgesehen davon, das wir im Rahmen eines Adventures nicht jedes Detail des Buches komplett wiedergeben können, haben wir uns die Freiheit genommen, den Stoff durch einige neue Charaktere und Handlungstränge zu bereichern, um so Raum für storybezogene Quests zu schaffen. Ein Beispiel dafür ist der schillernde Zockerköning Alessandro della Rocca, der in Long John Silvers Kneipe als Falschspieler entlarvt werden muss. Eine Szene, die so im Buch nicht vorkommt, sich aber hervorragend in das Thema und die Atmosphäre des Originals einfügt.“

Nicht im Buch: Zockerköning Alessandro della Rocca

A-T: „Charaktere und Welt sind ja bei so einer Umsetzung schon stark durch die Vorlage festgelegt. Wie viele kreative Möglichkeiten hat man da überhaupt noch?“

T.M.: „Bei näherer Betrachtung erstaunlicherweise doch recht viele. Da reicht der Spielraum von der grafischen Gestaltung bis hin zu der Auswahl der Sprecher für die Vertonung. Besonders interessant in dem Zusammenhang ist doch, das beispielsweise der berühmteste Pirat der Geschichte, Long John Silver, was sein Äußeres betrifft, nie ein echter Stereotyp geworden ist. Hier gehen die Darstellungen der zahlreichen Verfilmungen stark auseinander. Selbiges trifft auch auf Jim Hawkins zu.“

A-T: „Es gab Ende 2007 auch einen Film zur Schatzinsel. Wie viel hatten beide Projekte miteinander zu tun? Sowohl im Film als auch im Spiel wurde ja zum Beispiel eine Frau in die Geschichte eingebaut.“

T.M.: „Die Janus Film GmbH, welche den Pro7-Fernsehzweiteiler gedreht hat, gab in der Tat die Initialzündung dafür, sich Stevensons Die Schatzinsel als Computerspiel anzunehmen. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit haben wir zunächst einen Prototyp erstellt, um das Konzept der Versoftung eines klassischen Abenteuerromans interessierten Publishern vorstellen zu können. Inhaltlich war und ist die einzige Übereinstimmung aber lediglich die Buchvorlage.

Der Grund dafür, dass auch in Treasure Island mit Antoinette Trewlaney eine junge Frau vorkommt, ist weniger in Filmvorlagen zu suchen, sondern vielmehr darin, dass Stevensons Vorlage für unser Empfinden zu manndominiert ausfällt. Darüber hinaus sind Frauen auf dem PC begeisterte Abenteurerinnen, weshalb es uns nicht einleuchtete, nicht wenigstens eine selbstbewusste und charismatische weibliche Hauptfigur einzufügen, die sich hinter den übrigen Charakteren nicht verstecken muss und sich auf 'Augenhöhe' bewegt.

Nicht zuletzt empfinden wir als leidenschaftliche Spieler und begeisterte Kinogänger einen gewissen romantischen Antrieb und die Situationen und Quests, die sich im Schlagabtausch zwischen Jim Hawkins und Antoinette ergeben können, als sehr reizvoll und spannend. Darüber hinaus sollte jeder Atoinette Trelawney mal gesehen und erlebt haben :).“

E.L.: „Die Qualität des ersten Prototypen von Treasure Island hat uns hier bei HMH regelrecht aus den Socken gehauen und uns war sofort klar, dass das Konzept großes Potenzial für eine eigenständige Produktion hat. Daraufhin wurde mit allen Beteiligten vereinbart, dass das Spiel ganz klar vom Fernsehzweiteiler abgegrenzt wird, um dem Entwicklerteam absoluten Freiraum zur Entfaltung ihres technischen und kreativen Know-how zu geben.

Da sich TV-Event und PC-Spiel der gleichen Buchvorlage bedienen, war es für beide Seiten natürlich ein positiver Nebeneffekt, dass sich die Marketingkonzepte der Verfilmung und des Spiels gegenseitig unterstützen, um in den jeweiligen PR-Kanälen für eine breite Aufmerksamkeit zum Thema 'Schatzinsel' zu sorgen.

Ja, und was Antoinette angeht, kann ich Thomas Ausführungen nur unterstreichen. Wartet einfach die Demo ab…“

A-T: „Radon Labs arbeitet ja auch an dem Rollenspiel Drakensang. Sind das zwei komplett getrennte Teams oder teilt ihr euch Ressourcen?“

T.M.: „Zwar teilen wir an bestimmten Stellen dieselbe Technologie, aber uns ist schon wichtig, als eingeständiges Team wahrgenommen zu werden. Jeder einzelne hat sehr viel Kraft und Zeit in das Projekt gesteckt und dabei herausgekommen ist ein Spiel, welches sich nicht nur im Fahrtwind von Drakensang aufhalten muss, sondern vielmehr ganz selbstbewusst auftritt.“

A-T: „Eure 3D-Engine wurde parallel zur Entwicklung von Treasure Island und Drakensang weiterentwickelt. War euer Großprojekt Drakensang da das Zugpferd, oder wurden auch Features für euer Adventure eingebaut?“

T.M.: „Drakensang hat schon eine Menge vorgegeben und natürlich gab eine Reihe von Wechselwirkungen – insbesondere im Hinblick auf die Technik. Dennoch ist Treasure Isand kein Rollenspiel, sondern ein Point-&-Click-Adventure, woraus sich zwangsläufig bestimmte Anforderungen ergeben. Schlussendlich hat Drakensang Features, die wir nicht haben als auch genauso umgekehrt.“

A-T: „Eine fortschrittliche 3D-Engine stellt natürlich entsprechende Anforderungen an die Hardware. Was für einen Rechner brauche ich, um Treasure Island spielen zu können? Und wie skalierbar ist die Engine?“

Der „romantische Antrieb“: Antoinette Trelawney

E.L.: „Unsere empfohlenen Konfigurationen sind ja bereits bekannt, was ja schon für wilde Diskussionen gesorgt hat, schaut man einmal auf die Adventure-Treff-Kommentarseite zu Treasure Island... Ich denke, wir können hier wirklich Entwarnung geben, denn natürlich haben wir uns sehr intensiv mit dem Thema Hardwareanforderungen beschäftigt, um sicherzustellen, dass eine möglichst breite Masse Treasure Island in der angedachten Qualität spielen kann.

Das Spiel lässt sich in 3 unterschiedlichen Auflösungen und Detailstufen an die Rechnerleistung anpassen. Die Standardeinstellung 'Hoch' unterscheidet sich nur unwesentlich von der höchsten Qualitätsstufe 'Ultrahoch'. Texturdetails, Objektfülle, Echtzeitschatten und Effekte und so weiter sind absolut identisch – lediglich einige wenige

Echtzeitlichtquellen der höchsten Stufe sind in der Standardeinstellung durch nicht weniger gut aussehende statische Lichtquellen ersetzt, die aber zu einem deutlichen Performancegewinn führen.

Kurz gesagt: jeder, der zuletzt erschienene aktuelle 3D-Adventures (wie auch einige 2,5D-Titel) auf seinem Rechner in optimaler Qualität spielen konnte, wird auch mit Treasure Island in den hohen Detailstufen keine Probleme haben.

In der niedrigsten Qualitätsstufe wird die Auflösung der Texturen reduziert und sämtliche Echtzeitlichtquellen sind durch Lightmaps und statische Schatten ersetzt. In dieser Stufe werden auch schwächere Systeme keine Probleme haben. Das Spiel sieht dabei immer noch sehr gut aus und wir können Euch versichern, dass die Atmosphäre des Spiels in keinster Weise unter den reduzierten Grafik-Details leidet.“

Infokasten

Systemanforderungen

Die Pressemappe zur Treasure Island verrät die offiziellen Systemanforderungen des Spiels. Demnach sind mindestens ein Pentium 4 mit 2 GHz Taktfrequenz, 512 MB RAM, 3,5 GB Festplattenspeicher, eine mit der ATI 9600 vergleichbare Grafikkarte und Windows XP mit dem Service Pack 2 erforderlich. Für „optimale Qualität“ empfiehlt HMH 3 GHz, 2 GB RAM und eine GForce 6800.



A-T: „Wie seid ihr vom Gameplay und Rätseldesign her positioniert? Ganz klassisch oder versucht ihr euch auch an innovativen Elementen?“

T.M.: „Was das betrifft wollten wir keinerlei Experimente wagen und dem Spieler genau das liefern, was er auch erwartet: Ein waschechtes Point-&-Click-Adventure. Das Genre definiert das Gameplay schon recht stark. Jedoch ist es durchaus möglich, dem Spieler mithilfe von einfachen Tricks und kleinerer Innovationen Neues zu zeigen, ohne dabei die Regeln des Genres zu brechen.“

E.L.: „Auch wenn wir bei der Inszenierung des Spiels 3D-Technologie einsetzen, ist es für uns beim Rätseldesign und Gameplay immer das oberste Ziel gewesen, durch und durch klassisch und traditionell zu bleiben. Actioneinlagen, zeitbasierte Rätsel oder Direct Control des Charakters standen nie zur Debatte. Steuerung und Inventarhandling funktionieren in Treasure Island genau so, wie es Spieler von einem 2D-Adventure gewohnt sind und wurden lediglich um sinnvolle Neuerungen wie zum Beispiel das 3D-Inventar erweitert.

Beim Rästeldesign war es uns sehr wichtig, keine aufgesetzten Maschinen oder Logikrätsel Marke 'Zauberwürfel zusammenbauen, um durch Tür gehen zu können' einzubauen, die mit dem Verlauf der Story nichts zu tun haben und lediglich dazu dienen, die reine Spielzeit zu verlängern. Unser Schwerpunkt liegt hier klar auf klassischen Kombinations- und Inventarknobeleien, sowie Dialog-Rätseln.“

A-T: „Wie schätzt du als Insider zur Zeit den Adventuremarkt ein. Sieht es gut aus für das Genre? So gut vielleicht, dass wir noch mehr Adventures von euch erwarten können?“

T.M.: „Zu der Marktsituation kann ich schwer was sagen, da sich so etwas oftmals sehr sprunghaft verhält. Bei den Adventures bin ich persönlich sehr froh darüber, dass ein vor einigen Jahren totgesagtes Genre den Weg zurück auf die Bildschirme gefunden hat. Letztes Jahr sind eine ganze Reihe von Adventures veröffentlicht worden, was auch hoffentlich weiterhin anhält.

Ich wäre begeistert, mit der neugewonnenen Erfahrung durch Treasure Island und voranschreitenden Technologien, ein weiteres Adventure entwickeln zu dürfen. Ideen sind ja genug vorhanden.

Dem Feedback echter Genrefans sei hier noch einmal besonderer Dank ausgesprochen, da es oft auf die wesentlichen Dinge aufmerksam gemacht hat und so Manches ungeschminkt angesprochen hat.“

E.L.: „Das Adventure-Genre erlebt in der Tat seit einiger Zeit einen ungeahnten Höhenflug, sodass heutzutage deutlich mehr Adventures am Markt vertreten sind als noch vor einigen Jahren. Eigentlich eine sehr positive Entwicklung, die aber gerade in der letzten Zeit dazu geführt hat, dass sehr viele Titel in diesem Genre erscheinen, die aber leider nur unterdurchschnittliche Qualität bieten.

Das Marktvolumen an sich ist jedoch nicht deutlich gestiegen, d.h. Adventures verkaufen sich im direkten Vergleich insgesamt immer noch auf einem weitaus niedrigeren Niveau als z.B. Shooter oder Rennspiele. Aufgrund der momenaten Adventure-Schwemme durchschnittlicher Titel ist es somit für hochwertige Produktionen nicht mehr ganz so einfach, die Verkaufszahlen zu erreichen, die man nun mal benötigt um die hohen Entwicklungskosten für ein hochklassiges Adventures wieder einzufahren.

Dennoch sind wir davon überzeugt, dass sich Qualität immer durchsetzen wird und somit weiter in hochwertige Adventure-Entwicklungen investieren. Ich denke ich kann hier schon mal verraten, dass es definitiv eine weitere Zusammenarbeit mit Radon geben wird. Ihr dürft gespannt sein... :)“

A-T: „Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit genommen habt, und viel Erfolg weiterhin.“

T.M.: „Besten Dank für euer Interesse und ich hoffe wir konnten euch für „Treasure Island“ begeistern.“