Interviews

Dave Gilbert
Gesprächspartner: Michael Stein
Sprache:
Vom: 19.07.2009
Adventure-Treff.de: „Hallo Dave, bitte stell dich kurz vor.“



Dave Gilbert: „Klar! Ich bin Dave Gilbert, 33 Jahre alt und lebe in New York City. Seit Oktober 2006 arbeite ich als Indie-Entwickler und habe bislang vier Spiele unter dem Banner von Wadjet Eye Games veröffentlicht.“



Adventure-Treff.de: „Du hast einige Freeware-Spiele entwickelt, bevor du Wadjet Eye gegründet hast. Was kam zuerst, die Idee zu The Shivah oder die Idee, mit deinen Spielen Geld zu verdienen?“



Dave Gilbert: „Definitiv die Idee zu The Shivah. Als ich es ursprünglich entwickelt habe, gab es keine Intention, Geld damit zu verdienen. Tatsächlich habe ich es zuerst als Freeware veröffentlicht. Zu der Zeit war ich arbeitslos, nachdem ich von einem einjährigen Job als Englischlehrer in Asien zurückgekehrt bin. Aber ich hatte etwas Geld gespart und war nicht gerade in Eile, mir sofort einen „richtigen“ Job zu besorgen. Also habe ich The Shivah entwickelt. Dabei habe ich so viel Spaß gehabt, dass ich mir nicht mehr vorstellen konnte, etwas anderes zu tun. Daraufhin habe ich mich dazu entschlossen, nachträglich Sprachausgabe und Musik in The Shivah zu implementieren und es zu verkaufen.“



Adventure-Treff.de: „Seit dem Wirtschaftscrash im letzten Jahr wurden einige große, kommerzielle Projekte mindestens zeitweise auf Eis gelegt. Welche positiven oder negativen Effekte könnte die Wirtschaftskrise deiner Meinung nach auf Indie-Entwickler haben?“



Dave Gilbert: „Es ist eine ziemlich beängstigende Zeit, um selbstständig zu sein. So viel kann ich sagen! Ich denke, dass die Finanzkrise dabei geholfen hat, dieses ganze Klonprinzip in der Branche bis zu einem gewissen Punkt zu beenden. Schon seit einer ziemlich langen Zeit haben viele Spiele einfach nur andere erfolgreiche Gameplaymodelle geklont um abzukassieren. Aber jetzt, wo die Käufer wesentlich mehr darauf Acht geben, was sie kaufen, hat es dieses System wesentlich schwerer. Adventures haben dieses Problem nicht. Es dreht sich nicht um das Gameplay, es geht alles um die Story. Also geht es Adventure-Entwicklern besser als den meisten Anderen.“



Adventure-Treff.de: „Wadjet Eye und Lively Ivy haben im letzten Jahr einen Publishing-Vertrag für Erin Robinsons bald erscheinendes Puzzle Bots abgeschlossen. Wo liegt für Wadjet Eye in Zukunft die Priorität? In der eigenen Entwicklung, oder der Arbeit als Publisher?“



Dave Gilbert: „Beides! Mein langfristiges Ziel ist ein Unternehmen mit drei Zweigen. Als erstes die internen Spiele wie Blackwell und The Shivah. Beim zweiten Zweig geht es um externe Titel, so wie eben Lively Ivys Puzzle Bots. Und als letztes: Spiele, die wir für andere Publisher entwickeln, so geschehen im Falle Playfirst und Emerald City Confidential. Langfristig würde ich es sehr gerne sehen, wenn alle paar Monate neue Titel auf unserer Seite erscheinen – anstatt ein bis zwei Titel pro Jahr.“



Adventure-Treff.de: „Stehst du im Kontakt mit anderen Indie-Entwicklern, deren Spiele du zu veröffentlichen planst?“



Dave Gilbert: „Mit niemandem, den ich an dieser Stelle nennen könnte. Es gibt ein paar andere Entwickler, mit denen ich im Gespräch bin, aber wir arbeiten bereits an drei verschiedenen Projekten (Blackwell Convergence, Puzzle Bots und ein weiteres Projekt für PlayFirst), sodass es schwierig wäre, sich um noch ein Projekt zu kümmern.“



Adventure-Treff.de: „Lass uns über dein letztes beendetes Projekt sprechen, Emerald City Confidential. Die Story basiert vage auf dem Zauberer von Oz. Wie bist du dazu gekommen, das Oz-Universum in einem Spiel zu verwenden?“



Dave Gilbert: „Ich habe die Oz-Bücher als Kind geliebt und in den letzten Jahren eine große Liebe für den Film noir entwickelt. Ich habe die Spur des Falken gesehen und hatte dabei die merkwürdige Vision, dass Peter Lorre The Scarecrow spielen würde. Der Rest hat sich von diesem Punkt an entwickelt.“



Adventure-Treff.de: „Wird es ein Sequel geben?“



Dave Gilbert: „Das ist möglich. Bis jetzt wurde noch nicht darüber gesprochen, aber wenn PlayFirst es möchte, werde ich mich sofort daran begeben.“



Adventure-Treff.de: „Wie sieht es mit Übersetzungen aus? Irgendwelche Pläne, deine Spiele in andere Sprachen zu übersetzen?“



Dave Gilbert: „Emerald City Confidential wird definitiv in andere Sprachen übersetzt werden. Meine anderen Spiele habe ich nicht mit dem Gedanken an mögliche Übersetzungen im Hinterkopf entwickelt. Eine Menge Text ist in die Grafikbausteine eingebrannt und Übersetzungen würden bedeuten, viele der Grafiken neu erstellen zu müssen. Dieser Mangel an Voraussicht ist etwas, was ich SEHR bereue, aber ich kann diesen Fehler nicht so einfach und problemlos korrigieren. Ich verfüge einfach nicht über die Ressourcen, es selbst zu tun. Irgendwann hoffe ich ein Übersetzungsteam anzuheuern, das diese Aufgabe für mich übernimmt, aber momentan bin ich nicht in der Lage, dies zu bewerkstelligen.“



Adventure-Treff.de: „Der dritte Teil der Blackwell-Serie, Convergence, soll in Kürze erscheinen. Kannst du uns einen kurzen Einblick in die Story verschaffen?“



Dave Gilbert: „Sicher. Der dritte Teil spielt wieder in der Gegenwart und Rosa Blackwell wird – wie auch im ersten Teil – die Hauptrolle spielen. Convergence startet damit, dass Rosa und Joey das Leben eines verstorbenen Schauspielers untersuchen, der als Geist den Central Park heimsucht. Dabei entwickelt sich der Fall schnell in eine Richtung, die sie nicht erwartet hätten. Die „Gräfin“ aus Blackwell Unbound wird erneut eine Rolle spielen und Convergence wird viele Fragen beantworten, die sich die Spieler im Bezug auf sie gestellt haben, gleichzeitig aber auch viele neue Fragen rund um ihre Person aufwerfen.“



Adventure-Treff.de: „Gibt es irgendwelche technischen Veränderungen? Welche neuen Features von Adventure-Game-Studio 3 verwendest Du in Convergence?“



Dave Gilbert: „Leider konnte ich aus technischen Gründen nicht auf die neuste Version upgraden. Alle meine Spiele verwenden niedrig aufgelöste Grafiken, gleichzeitig aber hoch aufgelöste Schriftzüge. Die neue AGS-Version ändert all das. Für ein Upgrade müsste ich Low-Resolution-Schriften verwenden, was mir nicht gefällt.“



Adventure-Treff.de: „Wird die Blackwell-Reihe weiter fortgesetzt, oder ist dies der letzte Teil?“



Dave Gilbert: „Es sind fünf Teile geplant, aber es könnten mehr werden. So oder so, Convergence ist definitiv nicht das Ende der Serie.“



Adventure-Treff.de: „In deinen Spielen sind viele spirituelle Einflüsse zu finden. Blackwell handelt von Geistern, The Shivah von einem Rabbi und der Name deines Unternehmens steht in Zusammenhang mit ägyptischer Mythologie. Würdest du dich selbst als spirituell bezeichnen?“



Dave Gilbert: „Hmm, nicht unbedingt "spirituell". Ich bin jüdisch, allerdings eher traditionsgebunden als religiös. Wie bereits erwähnt, war ich gerade erst aus Asien zurückgekehrt, als ich The Shivah entwickelte. Zu dieser Zeit fühlte ich mich das erste Mal in meinem Leben mit meiner jüdischen Herkunft allein. Das war für mich ungewohnt, da es in New York eine große jüdische Gemeinschaft gibt. The Shivah war für mich eine Möglichkeit, diesen Teil meiner Persönlichkeit wiederzufinden.



Bezüglich der Geister; Ich habe Spukgeschichten schon immer aufgrund der emotionalen Bedeutung, die sie haben können, geliebt. Sie thematisieren meistens Verlust, zweite Chancen, oder die Schwierigkeit mit etwas abzuschließen. Außerdem sind sie so bittersüß.



Zum Logo von Wadjet Eye kam ich durch meine Begeisterung für ägyptische Mythologie während meiner Kindheit. Ich fand das Auge der ägyptischen Schlangengöttin Wadjet immer besonders cool. Ich wusste, falls ich jemals ein Logo für Irgendetwas benötigen sollte, dann würde ich dieses Auge wählen. Da mir zudem kein gescheiter Name für das Unternehmen einfiel, landete ich letztendlich bei "Wadjet Eye", da ich es ja sowieso schon als Logo benutzte.“



Adventure-Treff.de: „Wie sieht es mit deinen Plänen für die Zukunft aus?“



Dave Gilbert: „Mein Hauptplan ist der, weiterhin Spiele zu erschaffen. Ich arbeite an einem weiteren Spiel für PlayFirst, über das ich leider nicht reden kann. Davon abgesehen wird es in Zukunft mehr Blackwell geben und auch etwas völlig Neues.“



Adventure-Treff.de: „Vielen Dank für deine Zeit und viel Glück mit deinen nächsten Veröffentlichungen.“



Dave Gilbert: „Sehr gerne!“