Interviews

J. Allen Williams
Gesprächspartner: Sebastian 'Basti007' Grünwald
Sprache:
Vom: 07.12.2010

Über

Sein interaktiver Spielfilm wurde manchmal als das Duke Nukem Forever der Adventure-Szene bezeichnet. Nach über 10 Jahren Arbeit veröffentlicht es Jeff Allen Williams nun aber tatsächlich: DARKSTAR.



In unserem Interview gibt er einen ausführlichen Eindrück über die zahlreichen Rückschläge seiner Independent-Produktion, erklärt zum ersten Mal im Detail, warum DARKSTAR nicht den angekündigten RUSH-Soundtrack beinhaltet, weshalb das Spiel mitten in der Entwicklung die Engine wechseln musste und wie man die 44 GB große Produktion auf „nur“ 14 GB schrumpfen konnte.



Wir wünschen viel Spaß beim Lesen!





Adventure-Treff: Jeff, vielen Dank, dass Du dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Unglaublich, aber wahr: Dein Baby hat es tatsächlich auf die Welt geschafft. Wie fühlt es sich an, nach fast einem Jahrzehnt Produktionszeit endlich DARKSTAR zu veröffentlichen?

Jeffrey Allen Williams: Es ist gleich in mehrerlei Hinsicht surreal, aber wir ruhen uns nicht auf unseren Lorbeeren aus. Wir schalten gerade in den nächsten Gang: Von der Produktion und dem Testen geht es jetzt zur großen Herausforderung, DARKSTAR der Welt zu präsentieren. Und wir haben hier gerade die Basis dafür geschaffen.

A-T: DARKSTAR wird gleich über mehrere Kanäle vertrieben: Im Moment distribuiert ihr es über den Direktvertrieb auf der Seite darkstarstore.com, via Download-Plattformen, und in 2011 wird ein Publisher das Spiel in die Händlerregale stellen. Was war denn der Grund, es so zu machen? Und kannst Du deine Erfahrungen mit dieser Art der Distribution mit uns teilen?

Williams: Unsere Strategie mit der „schichtweisen“ Veröffentlichung funktioniert sehr gut. Anstatt gleich zu Beginn das Feuerwerk abzufackeln, bauen wir stetig unsere Fanbasis auf, Schicht für Schicht. Zuerst haben wir unseren kleinen Onlineshop veröffentlicht und über Amazon verkauft. Und in nur einem Monat hatten wir in fast jedem US-amerikanischen Staat und in ungefähr 20 Ländern Spiele verschickt. Als Nächstes haben wir über einen unserer Partner, Strategy First, das Spiel als Download veröffentlicht. Die ersten Testberichte kommen rein, und bis jetzt sind wir mit den Kritiken sehr zufrieden.

Wir haben ursprünglich geplant, das Spiel in einer großen Box über den Publisher Cosmi in den USA zu vermarkten, aber wir sind uns nicht mehr so sicher, ob die Firma die richtige für uns ist, da sie eher im Budget- und Schnäppchen-Bereich Produkte verkauft. Und DARKSTAR passt nicht wirklich gut in diese Nische. Jetzt sind wir ungefähr noch eine Woche davon entfernt, einen Vertrag mit einem sehr großen, europäischen Distributor einzutüten, der mit etwas zu uns kam, was unserer Meinung nach eine großartige Sache ist, um DARKSTAR der ganzen Welt zu präsentieren. Ich kann euch nächste Woche verraten, wer der Publisher sein wird, also seid gespannt!

Zwischensequenzen aus DARKSTAR

A-T: Wenn du DARKSTAR mit nur 3 Worten beschreiben müsstest – welche wären das?

Williams: Mal überlegen... “ein psychedelisches, hinterhältiges, zeitreisendes, Camp-Comedy-artiges, schreckliches, sofort-kult-klassisches Science-Fiction-Adventure.“ Oh, das sind so an die 15, oder? Nun, das ist immer noch besser als „Seelen aussaugendes Projekt“. Ich habe daran eine sehr, sehr lange Zeit gearbeitet. Hölle, allein ich und ihr haben darüber geschwätzt für mit Sicherheit... wie lange, sieben Jahre? Ich brauche Urlaub!

A-T: Ihr habt DARKSTAR auch eigenständig über soziale Netzwerke, wie Facebook, vermarktet. Wie wichtig ist denn der Einfluß von Nutzerkommentaren auf das finale Produkt des Spiels?

Williams: Entscheidend. Wir haben bereits seit 2001 über unsere Webseite, über Umfragen auf wichtigen Spiele- und Fanseiten und über unsere Facebook-Seite nach zukünftigen Fans Ausschau gehalten. Die Wikipedia- und IMDB-Seiten sind wie von allein gewachsen.



Ich war verblüfft über die Größe des Interesses, das es bereits ganz zu Beginn gab und das meist von Leuten, die das Ding über Jahre hinweg bei der Entwicklung verfolgt haben. Und ihr Enthusiasmus, als es soweit war, hat uns auf viele Ideen gebracht. Ich habe mir persönlich jede Einzelne angehört, und man kann mit Sicherheit sagen, dass die Fans geholfen haben, wichtige Entscheidungen über den Inhalt des Spiels zu treffen, wie wir es verkaufen und vermarkten und welche anderen Goodies wir anbieten sollten. Ich habe während dieser Reise so viele Fans in aller Welt kennen gelernt, und erinnere mich noch an Hunderte von Namen.

A-T: Wie sind die ersten Reaktionen der Community, seitdem das Spiel veröffentlicht ist?

Williams: Ich habe aus zahlreichen Gründen niemals erwartet, dass DARKSTAR ein ernstzunehmender, großer Hit werden würde. Es ist kein buttonhämmernder, schwertkämpfender, pistolenschießender, blutspritzender, gewalttriefender Ego-Shooter, und Adventurespiele sind halt generell das ""Engima mit dem Stigma"": Sie kriegen immer die (ungerechtfertigte) Kritik ab, „old-school“ zu sein. Also haben wir die Retrosichtweise von Anfang an angenommen, haben die Freak-Flagge hoch und mit Stolz gehisst und wie ein paar Nerds und Geeks etwas auf die Welt gebracht, das UNS gefällt.



Als wir dann unseren ersten Testbericht erhalten haben, der sagte, es sei das beste Spiel 2010, hat es mich umgehauen. Der zweite von J. Robinson Wheeler für BrassLantern war nicht mehr ganz so „glühend“, aber der Tester gab uns einen soliden Daumen nach oben und unsere bescheidene Independent-Produktion reihte sich damit unter verschiedene AAA-Spiele des Genres ein – und er sagte, wir würden den Ansprüchen gerecht und hat das Spiel seinen Lesern sogar sehr enthusiastisch empfohlen. Mir hat wirklich sehr gefallen, was er zu sagen hatte und dass er uns als Außenseiter gesehen hat – und wenn wir sonst schon nichts sind, dann sind wir auf alle Fälle wohl mindestens das.



Was das Feedback von Fans betrifft, war es ziemlich überwältigend. Hunderte von E-Mails erzählten uns, was ihr Lieblingsteil während des Spielens gewesen war. „Das Warten hat sich gelohnt.“ Sowas macht mich glücklich. Ich hatte einen Typen, der mir eine wutentbrannte „DARKSTAR ist scheiße“-E-Mail geschrieben hat, weil er nicht aus dem ersten Raum rauskam. Ich habe ihm persönlich die Tipps geschickt, die er brauchte und er hat mit einer sehr netten Entschuldigung geantwortet und gesagt, er dachte, die E-Mail würde ohnehin zu irgendeiner automatischen Antwortmaschine weitergeleitet.

A-T: DARKSTAR hat seit dem Anfang bis heute einige Veränderungen durchgemacht. Lass uns über ein paar davon reden. Zuerst: Ihr wart in der Lage, die vielen Stunden an Videosequenzen von DARKSTAR auf „nur“ 13 GB herunterzubrechen. Wie habt ihr das geschafft und gibt es irgendwelche visuellen oder auditiven Unterschiede im Vergleich zur ursprünglichen Version mit fast 44 GB?

Williams: Diese weitere Kompressions-Runde hat unser ganzes Spiel geändert. Der „Sieben-Dual-Disc-44-Gig-Koloss“ hat nicht gut funktioniert und wäre zu teuer in der Herstellung gewesen. Die erste Iteration hätte zwei Modi beinhaltet: Eine als komplette Installation, die andere als Teilinstallation, welche dann direkt von den Discs gelaufen wäre. Als ich die erste Testrunde dieser Version gefahren habe, hat man schnell gemerkt, dass das alles nicht brauchbar war. Die volle Installation benötigte fast fünf Stunden und musste auch noch beobachtet werden, weil man die Discs sieben Mal wechseln musste. Die Teilinstallation lief von den Discs nicht flüssig genug und bei einigen Stellen war das Spiel schrecklich hölzern und ich hatte mich bereits zu sehr an die flüssige Performanz der vollen Installation gewöhnt. Ich hatte mein gesamtes Filmmaterial sehr sorgfältig in 800x600 gerendert und die Idee, irgendeine weitere Kompression darauf anzuwenden fand ich widerlich. Ich habe nicht erwartet, was danach passierte.



Mein Technik-Guru Roger Jared ist der König der Kompression. Zu seinen täglichen Aufgaben zählt, hochauflösende Web-Seminare für eine große amerikanische Firma weltweit auszustrahlen. Wir hatten tausend und abertausende Clips zu komprimieren – und über die Jahre hatten alle etwas andere Einstellungen. Einige waren Stereo, andere hatten eine 5.1 Abmischung, wieder andere mit unterschiedlichen Frame-Raten. Es war ein Albtraum! Und wir mussten die Kompressionseinstellung so modifizieren, dass sie mit all diesen Einstellungen zurecht kam. Keine Standard-Einstellung würde funktionieren. Aber wir haben jede Datei aussortiert, jede der Reihe nach, über sechs Wochen, das komplette Filmmaterial mit über 13 Stunden Inhalt – ein Weltrekord für jedes Spiel, da bin ich mir sicher. Und am Ende sahen sie BESSER aus. Ich habe ja immer einen düsteren, kontrastreichen Look bevorzugt, wo Schwarz wirklich beständiges Schwarz war und die Farben lebhaft hervorspringen. Die Kompression hat das tatsächlich erreicht, indem sie den Gamma-Wert leicht anhob, ohne Artifakte oder Verzerrungen hervorzurufen. Und wir haben uns 31 Gigabyte gespart, dabei gleich noch das Projekt gerettet. Es war platzsparender, sah besser aus, war erstaunlich performanter und durch den Wegfall von fünf der sieben Discs war es möglich, einen niedrigeren Preis zu erreichen – etwas, das mir IMMER sehr wichtig war. Ich wollte von DARKSTAR immer mehr Kopien zu einem günstigeren Preis verkaufen und dem Kunden dennoch viel Inhalt bieten. Natürlich haben wir über die zehn Jahre nicht an Forschung und Entwicklung gespart, wir haben das alles mitgemacht obwohl wir zu 100% wussten, dass wir vermutlich Geld dabei verlieren würden. Ich habe das vom ersten Tag an akzeptiert, weil es mein Geld war, das verloren ging und ich wollte, dass DARKSTAR das Beste wird, was ich produzieren konnte

Spielsequenzen mit realen Darstellern in DARKSTAR

A-T: Du hast einmal eine mögliche Blu-Ray-Veröffentlichung von DARKSTAR erwähnt. Ist diese weiterhin geplant, möglicherweise mit höherer Auflösung oder besserer Qualität – oder sind die 13 Gigabyte jetzt „das wahre DARKSTAR“?

Williams: Blu-Ray ist eine wunderbare Lieferplattform und ich bin sehr daran interessiert, das in Zukunft weiter zu verfolgen. Für unsere „schichtweise“ Veröffentlichung von DARKSTAR mussten wir uns aber auf eine sehr universell-nutzbare Methode einigen, also waren konventionelle DVDs zunächst der einzuschlagende Weg. Sony DADC ist aber tatsächlich der Hersteller, der unser Spiel produziert, und so ist Blu-Ray weiterhin eine logische Option für die nahe Zukunft.

A-T: Ursprünglich hätte DARKSTAR Musik von der Rockband RUSH beinhalten sollen. Allerdings habt ihr die Rechte nicht zu einem vernünftigen Preis erhalten – und am Ende habt ihr euch entschieden, lieber eigene Musik aufzunehmen und in das Spiel einzubauen. Was kannst du uns über diese Zeitperiode erzählen, die DARKSTAR ja noch weiter verzögert hat? Ich kann mir vorstellen, es muss ziemlich frustrierend gewesen sein?

Williams: Hohl Dir 'nen Stuhl, Basti. Das ist eine Geschichte vom bösen Wesen in Hollywood. Und es ist das erste Mal, dass ich es in dieser Ausführlichkeit erzählen werde.



Zunächst einmal: Die Musik, die wir, Bill Bruce, Jimmy Pitts und ich, selbst produziert haben, ist im Spiel der RUSH Musik haushoch überlegen - also mal frei raus gesagt. Sie funktioniert einfach besser, da es ein speziell für das Filmmaterial produzierter Soundtrack ist. Als wir RUSH 2003 ansprachen, war das nie ein finanzieller, strategischer Schritt. Es war zu 100% ein Schritt aus Liebe zur Band und ihrer Musik, der mich dazu motiviert hat, über so etwas nachzudenken.



RUSH hat sofort und enthusiastisch zugesagt. Also haben wir nach den gemailten Einverständniserklärungen von der Band und vom Management damit begonnen, stundenweise Filmmaterial mit 24 RUSH Songs abzugleichen, darunter großartige Stücke wie “Tom Sawyer”, “Time Stand Still”, “Twilight Zone” und “Cygnus X-1”. Es hat am Ende so funktioniert, wie ich mir das erwünscht hatte und während wir die Soundeffekte hinzufügten haben wir immer wieder mal das Band-Label Anthem angestupst, dass sie uns endlich die Verträge zuschicken sollten. Nach nicht weniger als 100 E-Mails mit Entschuldigungen, warum das bislang nicht passiert sei und nach all den Versicherungen, dass die „Band die Benutzung erlaubt habe“, bekamen wir endlich eine Audienz bei den Universal Studios, fast sieben Jahre später, und nur wenige Monate vor unserem Release. Uns lief ab jetzt die Zeit davon – und das wussten sie.



Plötzlich verschwand RUSH dauerhaft aus den Gesprächen mit den Universal Studios. Dann stellt sich heraus, dass RUSH die Rechte an den Masterbändern ihrer Musik gar nicht besaß. Die Rechte sind zwischen Universal und Atlantic aufgeteilt. Also betritt ein Typ namens Nick Guarino ab 2010 die Bühne, um hier sein Amt auszuüben. Er machte uns ein Angebot über so-und-soviel Geld im Voraus pro Song und so-und-soviel Prozent von unserem Gewinn. Es war eine beachtliche Summe, aber wir haben sofort nach dem Angebot zugestimmt. Ich flog nach Los Angeles und zu dem Zeitpunkt, als uns Universal eigentlich den Vertrag zum Unterzeichnen aushändigen sollte, kontaktierten sie mich und sagten mir, sie hätten ihre Meinung geändert und möchten jetzt den zehnfachen Betrag von der Vorauszahlung der ursprünglich vorgeschlagen war, und danach noch das Dreifache an der Gewinnbeteiligung. Wir haben als Gegenvorschlag eingebracht, weniger Musik zu lizenzieren. Ihr nächster Vorschlag war die erneute Verdoppelung der Vorauszahlung. Um RUSH das zu zahlen, was sie wollten, hätte wir den Preis von DARKSTAR irrsinnig in die Höhe treiben müssen. Also bin ich gegangen.



Dieses sieben Jahre andauernde Rumgerenne und Verhandeln hat uns Tausende und Abertausende an Rechtsanwaltshonoraren gekostet. Über diese Zeit sind auch einige unserer Multi-Track-Mixes in Festplattencrashes abhanden gekommen, welche die Soundeffekte von der Musik getrennt abgespeichert hatten. Als wir also gezwungen waren, die RUSH Musik heraus zu nehmen, hatten wir keine Alternative als die kompletten 5.1 Surround-Sound-Effekte erneut zu produzieren. Der verachtenswerte Aspekt dabei ist, dass Universal all das wusste, und vielleicht gedacht hat, sie könnten das Projekt zerstören, wenn wir uns nicht ihrer Erpressung ergaben.



Jeff, Jimmy and Bill nehmen den Soundtrack auf

Auch wenn es ein herber Rückschlag war, gingen wir einfach an die Arbeit. Wir haben 38 Songs selbst eingespielt, all unsere Sound-Effekte neu hergestellt und DARKSTAR noch einmal komplett neu gemastert. Eine sehr teure Lektion, die wir hier gelernt haben, aber ich bin froh, dass es passiert ist. Unsere Musik ist viel besser.

A-T: Die Zwischensequenzen in DARKSTAR waren bereits auf die RUSH Musik geschnitten, nicht wahr? Was musstet ihr machen, damit sowohl Bild als auch der neue Soundtrack noch zusammenpassen, nachdem der RUSH-Soundtrack bereits rausgeschnitten wurde? Musstet ihr alle Zwischensequenzen neu schneiden?

Williams: Gott sei Dank nicht. Es gibt ja zwei Wege, Soundtracks einzuspielen. Der eine ist die Miami-Vice-Methode, wo man das Material wie ein Musik-Video auf den Beat der Musik schneidet. Tatsächlich ist das die Art, wie wir DARKSTAR zunächst geschnitten haben – genau auf die RUSH Musik. Der zweite Weg ist tatsächlich aber viel gängiger beim Filme machen, nämlich den Soundtrack genau auf das schon geschnittene Filmmaterial zu orchestrieren.



Ich muss zugeben, ich war mir nicht sicher, ob diese Methode funktionieren würde und dachte daran, ich würde viel optimieren müssen, um die Crescendo und die musischen Akzente mit der Action so zu synchronisieren, wie es notwendig war, nämlich auf ein festes Versmaß, das bei der vorherigen Musik vorgegeben und jetzt rücksichtslos entfernt worden war. Und nachdem ich einen Musikvideohintergrund habe, war es eine vollständig andere Art des Schnitts für mich. Glücklicherweise ist RUSH eine sehr straffe Band – genau wie wir. Wie sich aber zeigte, war eigentlich alles, was wir tun mussten, das richtige Versmaß zu treffen. Die geschnittenen Szenen fielen damit zusammen wie ein heißes Messer durch warme Butter. Bill und Jimmy haben gemeinsam in ihren Studios die Hauptstücke aufgenommen und sie dann zu mir geschickt, um die Bassgitarre hinzuzufügen. Wir haben auch rund acht Songs von einer Platte beigesteuert, die wir vor fast zwei Jahrzehnten einmal produziert haben. Wir haben den kompletten Gesang und ein paar Instrumente herausgefiltert, um nur das Schlagzeug und die Gitarren drin zu lassen. Darauf haben wir aufgebaut und ein paar Instrumentalversionen dieser Tracks generiert. Das hat uns die benötigte Schwungkraft gegeben – nicht vergessen, wir hatten nur noch ein paar Monate bis zu unserer Veröffentlichung und benötigten dutzende Songs um die vielen Actionsequenzen zu vertonen. Dieser Trick war ein Geniestreich und hat unseren Produktionsplan gerettet.

A-T: In 2007 hast du einen Vertrag mit einer Firma namens Tribal Media abgeschlossen, um deine Inhalte von DARKSTAR auf eine neue Autorensoftware namens iShell zu bringen. Wie hat DARKSTAR von dieser Änderung profitiert? Wie waren deine Erfahrungen mit iShell und warum hat die ursprüngliche Lösung nicht so funktioniert, wie geplant?

Williams: In Wahrheit habe ich selbst ziemlich viel des Projekts mit Hilfe einer Software namens VRWorx in „Multi-Nodes“ programmiert. VRWorx arbeitet eng mit Quicktime zusammen. Mit dessen Hilfe würde ich all meine Filmsequenzen und QuicktimeVR-Panoramas, die ich produziert habe, zusammenfügen, alle Hotspots generieren und DARKSTAR komplett in kleinen Häppchen zusammenstellen. Aber Quicktime erlaubt einen Multi-Node nur in dieser bestimmten Größe, also hatte DARKSTAR am Ende 75 davon. Zusätzlich gab es in VRWorx keine Möglichkeit, irgendeine Logik oder anderen Software-Code zu implementieren, was aber notwendig war um all die Teile, die ich geschaffen hatte, ordentlich zusammenzufügen. Wir brauchten so etwas wie einen Regenschirm oder eine Hülle, welche die gesamte Welt umfassen sollte.



Wir begannen damit, DARKSTAR 2005 mit Hilfe einer gängigen Autorensoftware zusammen zu setzen und ich stellte einen Typen namens David Ferrell ein, ein ehemaliger Taldren-Mitarbeiter, der mehrere Star-Trek-Spiele gemacht hatte. Er sollte die verschiedenen Multi-Nodes in ein funktionierendes Spiel zusammenstöpseln. Wir waren zu ungefähr 20% fertig, als eine Änderung bei Apple riesige Veränderungen bei Quicktime mit sich brachte. Eine Veränderung, die letztendlich die komplette Software, die wir nutzten, ausschaltete und alles, was wir bis dahin für die Veröffentlichung vorbereitet hatten, abtötete.



Ein guter Freund und Technik-Guru bei Parallax, Brad Hedrick, und ich haben wortwörtlich die Welt nach einer geeigneten Lösung durchsucht, die mit meinen bereits produzierten Teilen zusammenarbeiten würde. Am Ende haben sich fünf denkbare Lösungen heraus kristallisiert, und nach und nach haben wir jede einzelne eliminiert bis nur noch iShell übrig blieb, als diejenige, die vielleicht funktionieren könnte. Zunächst wollte ich mir eine Lizenz kaufen und selbst weiter programmieren, merkte aber schnell, dass meine Fähigkeiten eher die eines Regisseurs und Produzenten sind, und nicht die eines C++-Programmierers. Außerdem war ich ja immer noch am Animieren, Schneiden und tat auch alles andere allein, also habe ich Tribal im Januar 2007 beauftragt und arbeite seitdem mit ihnen zusammen. Das Schöne daran ist, dass es für iShell jetzt neuen Programmcode gibt, der die Funktionsfähigkeit des Tools erweitert, um den Anforderungen des Spiels zu genügen. Ich muss vor allen Dingen Simon und Dahlia Clark aus Kanada Anerkennung zollen. Sie haben auf Auftragsbasis für drei Jahre an dem Projekt gearbeitet. Genauso wie der Besitzer von Tribal Media, Matt Veenstra. Er hat das Gerüst und die Basis geschaffen, auf der wir jetzt alle aufbauen können.

A-T: Du hast auch mal von der Möglichkeit gesprochen, DARKSTAR mit Hilfe einiger Publisher auf die Konsolen zu bringen. Gibt es dazu weiterhin irgendwelche Pläne?

Williams: Ursprünglich wollten wir auf Konsolen portieren und wir haben für jede einzelne davon gepitcht. Aber nachdem man die Weltwirtschaft über Jahre in die Toilette spülen konnte und auch angesehene Publisher nichts von Dritt-Entwicklern kaufen würden, haben wir uns für besagte Schicht-Veröffentlichung entschieden, wo wir uns unsere Sporen nach und nach verdienen. Und glaube mir, sie haben uns beobachtet. Fast jede AAA-Firma sagte, unser Spiel wäre eines der Besten im Pitch, sie hätten nur nicht das Geld, es ordentlich zu vermarkten.



Also haben wir uns zunächst den Respekt in der Gaming-Community mit dem, was wir erschaffen haben, erarbeitet und sie in die Welt eines Adventures entführt. Als nächstes hoffen wir, dass die Presse DARKSTAR für das würdigt, was es ist, und erkennt, was für eine unmögliche Aufgabe es war, so etwas selbst zu produzieren. Und welche „Mach-keine-Gefangenen“- und „Sage-es-niemals-tot“-Einstellung wir über ein Jahrzehnt an Produktionszeit aufrecht erhalten haben und welches Herzblut und Qualität in jedem Pixel nachgewiesen werden kann. Mit so etwas in Petto wussten wir, dass ein angesehener Publisher für hochqualitative PC-Spiele uns finden würde – und er hat es. Wir werden noch vor Weihnachten ankündigen, mit wem wir eine Partnerschaft eingehen. Ich darf noch nicht drauf losschießen, so lange die Tinte nicht trocken ist – etwas, das wir auf die harte Tour lernen mussten! Wir schließen uns gerade mit ihnen zusammen, um eine weltweite Zielgruppe zu erreichen – und es wird passieren... es passiert bereits.



Zu deiner Frage mit den Konsolen: Wir müssen eine bestimmte Menge an Verkäufen und Reichweite auf dem PC-Markt erreichen, damit ein Publisher genug Vertrauen hat, genug Kopien auch auf Konsolen verkaufen zu können, um die Kosten einer Portierung zu rechtfertigen. Wir haben bereits ein Angebot für eine Portierung platziert und es ist sehr niedrig angesetzt, also habe ich großes Vertrauen, dass wir eine Chance kriegen. Aber bis jetzt fokussieren wir uns vollständig darauf, das beste PC-Spiel zu produzieren, das wir produzieren können und über die harte Tour eine Fangemeinde aufzubauen... und zwar mit einem großartigen Spiel und nicht mit Werbe-Dollars und Hype. Die Spieler werden den Unterschied bei DARKSTAR ausmachen, und wir versprechen jedem Einzelnen, ihm gegenüber treu zu bleiben.

A-T: Euer Hauptdarsteller ist Clive Robertson, den man aus Rollen in „Sunset Beach“ oder „StarHunter“ kennt. Wie war es, mit ihm vor dem Green Screen zu arbeiten? Wie schwierig ist es, Schauspielern zu erklären, wie interaktives Storytelling im fertigen Produkt funktionieren wird?

Williams: Manchmal kann das echt schwer sein. Es hängt vom Schauspieler ab. Clive ist es gewohnt, mit anderen Schauspielern und Requisiten zu interagieren, also war DARKSTAR für ihn ein völlig neuer, manchmal frustrierender Ausflug in die Schauspielerei. Ich habe tatsächlich ein Video von einem Wutausbruch, während er versucht sich in dieser limonen-grünen Welt des Nichts mit einer Kamera in seinem Gesicht zurecht zu finden. Aber als wahrer Mime hat er sich wieder gefangen und eine herausragende Leistung abgelegt. Er war am ersten Drehtag ein wenig krank und ich dachte mir, ich könnte das zu seinem Vorteil mißbrauchen und habe ihn in direkt in diesen Typen gesteckt, der nach 312 Jahren mit einem massiven Kater und ohne dem Vergnügen des vorherigen Betrunkenseins aufgeweckt wird.





Die DARKSTAR Crew bei der Arbeit

Als Regisseur, ist es meine Pflicht, ein mentales Bild der Szene so gut ich kann auszumalen, und wenn wir einen so komplexen Plot wie DARKSTAR dann auch noch durcheinander aufnehmen, wird das eine wirkliche Herausforderung. Ich habe während der Produktion oft vergessen, dass ich tatsächlich das einzige Individuum war, das wusste, wie all das später zusammenpassen würde – in Wahrheit haben sogar einige Freunde bezweifelt, „ob“ da jemals was zusammenpassen würde! (Verräter!) Ich kam mit sehr ausgearbeiteten Storyboards zu den Drehtagen und hatte manchmal komplette Szenen mit allem außer den Schauspielern bereits animiert, um ihnen zu erklären, was wir erreichen wollten. Und natürlich hatten wir ein Skript. Für DARKSTAR war das ein voll entwickeltes Drehbuch.



Je althergebrachter und erfahrener ein Schauspieler ist, desto mehr hat er scheinbar das Problem, sich an einer Chroma-Key Bühne zurecht zu finden. Joel Hodgson, auch wenn er hin und wieder irgendwo auftritt, sieht sich ja selbst nicht als Schauspieler. Trotzdem hat er sich in der Welt aus Grün wie ein Fisch im Wasser gefühlt. Nachdem ich seine Szenen aufgenommen hatte, fand ich auch heraus, warum. Für ihn war alles, was passierte, auf einer „was-muss-ich-wissen“-Basis. Er musste nichts wissen. „Was muss ich sagen? Wie willst du, dass ich es sage?“ Das war es im Prinzip. Ich erinnere mich, wie er am Ende eines Takes sagte: „Weißt du, ich habe erst bei der Hälfte realisiert, dass ich eigentlich keine Ahnung habe, von was ich rede, also habe ich es einfach laufen lassen. So scheiße bin ich.“ Das ist für mich der Schlüssel für gutes Schauspielern. Wie voller Scheiße kannst du sein, wie schamlos kannst du damit sein und wie gut kannst du diese Kuhscheiße verbergen? Ich, ich bin da nicht so gut drin. Bei mir weiß jeder, dass ich voller Scheiße bin.



A-T: Neben DARKSTAR betreibst du auch dein eigenes Studio, Parallax Studio. Ich bin neugierig: War jetzt DARKSTAR mehr eine Art Hobbyprojekt für dich und dein Team, das ihr neben der Arbeit vollzogen habt, oder war DARKSTAR von Anfang an ein Vollzeit-Job?

Williams: Hobbys sind etwas, das man am Wochenende macht. Oder vielleicht macht man es jeden Monat oder für kurze Zeitperioden zwischen deinen richtigen Gigs. Ich glaube, den Ausdruck, den du suchst, ist „aus der Liebe zur Sache“ - und ja, in der Tat, das war es. Ich hätte die fast halbe Million Dollar und zehn Jahre meines Lebens auch nehmen und in irgendeine Immobilie stecken können, wenn ich reich hätte werden wollen.



Ich wusste von Anfang an, dass es ein großes Projekt werden würde. Aber ich dachte, vielleicht drei Jahre bei 20 bis 30 Stunden Arbeit die Woche. Kostenpunkt vielleicht 50 Riesen. Und vielleicht wäre meine erste Vision davon tatsächlich dahin gekommen. Aber es wuchs und wuchs und ich löschte das Wort „nein“ aus meinem eigenen Wortschatz bis etwa 2009, als ich endlich sagte: „Genug!“ Genau wie Papst Julius der II., der Michelangelo anschrie, das verdammte Ding endlich fertig zu stellen, habe ich realisiert, dass ich zu DARKSTAR Sachen weiter und weiter hinzufügen würde, bis ich eines natürlichen Todes sterbe, falls ich mir keine Exit-Strategie überlege. Am Ende habe ich ungefähr 50 bis 70 Stunden an dem Spiel gearbeitet, habe 7 Tage die Woche geschuftet, und das für fast 10 Jahre ohne Bezahlung, ohne Finanzierung und mit nur wenigen Pausen. Ich bin durch zwei Ehen geschlittert und habe dabei zugesehen, wie meine Kinder groß wurden, als wäre es nur ein kurzer Moment. Ich hoffe, das klingt jetzt nicht wie mein Abgesang, aber Gott lässt einem normalerweise nicht zu viele Jahrzehnt-Projekte während der Amtszeit hier auf Erden machen.

A-T: Jetzt, wo DARKSTAR sich endlich dem Ende neigt, was ist das Nächste, was du machen willst? DARKSTAR 2?

Williams: Ich hab mich noch nicht entschieden, ob wir ein vollständiges Sequel machen werden, aber ich kann dir jetzt schon sagen, dass ich es nicht alleine machen werde. Wie gesagt, ich habe nicht mehr so viele Jahrzehnte für Projekte übrig, also bin ich beim nächsten vielleicht Produzent und Regisseur. Aber keine Sorge. Ich bin ein Kontrollfreak. Es wird also entweder richtig gemacht. Oder gar nicht.



Kurz gesagt: Mein neuer Publishing-Partner und ich arbeiten an einer internationalen Platinum-Version von DARKSTAR, die in mehreren Sprachen untertitelt sein wird und viele neue Inhalte hat. Es wird viel Spaß machen, das zu produzieren. Ich habe so das Gefühl, dass diese Leute eine Art „Captain's Box aus der Hölle“ machen wollen. Und ich bin da voll dabei.

A-T: Vielen Dank, Jeff, und viel Glück mit dem laufenden Release von DARKSTAR!

Williams: Danke Dir, Sebastian. Du bist ein guter Freund des Projekts seit vielen Jahren. Danke, dass ihr darüber berichtet.





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