Stell dich doch bitte mal unseren Lesern vor. Name, Alter, Wohnort, Hobbys und all die anderen privaten Geheimnisse.
BM: Ich bin Barrett Meeker aus Santa Monica, Kalifornien, 33 Jahre alt, und ich entwickle gerade mein erstes eigenes Indie-Game. Ich bin mit Legosteinen und Lucas-Arts-Adventures aufgewachsen und habe 1995 mit der Erstellung von 3D-Computergrafiken angefangen. Eines meiner Lieblingshobbys, für das ich hoffentlich irgendwann mal wieder mehr Zeit habe, ist Motorradrennen fahren.
AT: An welchen Spiel- und Filmproduktionen hast Du als Computergrafiker persönlich mitgearbeitet?
BM: Zu den bekannteren gehören Dante's Inferno (Super-Bowl-Fernsehwerbung und Cinematics), Batman Arkham City (Cinematics) und Halo Wars (Cinematics). Ich schätze mal, ich habe bis jetzt so über 20 Spiele mitgestaltet.
AT: Inwieweit hilft es bei der Produktion eines Adventures, Computergrafiker zu sein?
BM: Fast alle meine bisherigen Arbeiten waren vorgerenderte Grafiken. Insofern war der Wechsel zu Echtzeit-3D für Homesick eine große Umstellung für mich. Ich versuche, die Detailliertheit und Genauigkeit, die ich beim Erstellen von Cinematics anlegen muss, auf eine Welt zu übertragen, in der man nach eigenem Gusto herumlaufen kann. Bei dieser Art von Adventure hilft mir mein Background, die Spielwelt glaubhaft rüberzubringen und ein bisschen interessanter zu gestalten. Hardware und Programme werden immer besser, und mit meinem Cinematics-Background kann ich hier eine Menge Techniken, die ich da verwende, anwenden und sie für das Spiel einsetzen.
AT: Eure Kickstarter-Kampagne hat euch drei Mal so viel Geld eingebracht wie angefragt. Was ist euch durch den Kopf gegangen, als klar wurde, dass eure Ideen bei den Fans so gut ankamen?
BM: Ich dachte mir so: „Wow, das passiert jetzt wirklich!“ Das hat mir Zuversicht gegeben, dass der Stil des Spiels die Leute tatsächlich anspricht, dass irgendwas an dem Projekt die Leute berührt. Das ist schon großartig, man findet quasi heraus, dass Tausende andere Menschen da draußen das gleiche Spiel wollen wie Du. Ich habe mich auf einmal eins mit der Welt da draußen gefühlt.
AT: 8.000 US-Dollar für ein Adventure, das wirkt recht bescheiden. Meinst Du, Du hättest Homesick für diesen geringen Betrag fertigstellen können?
BM: Ja, ich glaube, das hätte geklappt. Aber es wäre nicht das Gleiche gewesen.
AT: Was war das für eine Erfahrung, eine eigene Firma zu gründen?
BM: Am beängstigsten war, und das ist es immer noch, weil ich kein geregeltes Einkommen mehr habe. Das Beängstigendste ist wohl, dass ich ein oder zwei Jahre an diesem Projekte arbeite bzw. Arbeiten werde, und abgesehen von der Kickstarter-Kampagne gibt es keinerlei Hinweise darauf, ob ich mit dem Projekt je Geld verdienen werde. Das ist schon was anderes als zu Zeiten des Angestelltendaseins, wo ich vielleicht mit einem spezifischen Projekt unglücklich war, aber trotzdem nicht das Gefühl hatte, meine Zeit komplett zu verschwenden, weil ich ja meine Gehaltsabrechnung bekommen habe. Da konnte ich immer noch etwas beiseite legen, Hobbys haben, verreisen und so weiter. Als ich noch angestellt war, hat meine Freundin Morgan mich dazu gebracht, mich ernsthaft um meine Finanzen zu kümmern und ein bisschen was zu sparen. Ich bin meine Finanzen mindestens einmal die Woche durchgegangen, und Geld zu sparen hat sich schon toll angefühlt für mich. Wie ein Schritt auf einem Weg, zu einem Haus oder einem Urlaub oder was auch immer. Na ja, mein Weg war dann, eine Firma zu gründen. Das war ein Traum von mir, von dem ich nicht wusste, ob er jemals Realität wird – und jetzt bin ich dermaßen froh, dass ich diesen Schritt unternommen habe, alleine schon wegen der ganzen Erfahrungen, die ich seitdem gemacht habe!
AT: Gratulation zur Aufnahme auf Steam! Wie war der Greenlight-Prozess für Dich?
BM: Danke! Das war großartig, und es war total verrückt, wie viele Leute unser Spiel da gesehen und geliked haben. In den paar Monaten, die wir auf Greenlight waren, hatten wir am Ende über 120.000 Hits, und über die Hälfte davon haben für uns gestimmt. Ich weiß immer noch nicht, was uns den ganzen Traffic beschert hat, schließlich schien das ganze ja bloß eine Greenlight-interne Sache zu sein. Vielleicht war's die Grafik, die die Leute überzeugt hat.
AT: Auf Steam können die Nutzer mittlerweile ihre Spielesammlungen teilen – das wurde häufig als für Indie-Entwickler negative Entwicklung gedeutet. Wie denkst Du über dieses Thema?
BM: Ehrlich gesagt kenne ich mich mit dem Thema Sammlungstausch nicht so aus und habe es auch selbst noch nicht probiert. Aus einer betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise würde sich Steam wohl kaum die eigenen Umsätze ruinieren wollen, insofern ist die ganze Angelegenheit vielleicht nicht so dramatisch. Ich könnte mir aber vorstellen, dass das Angebot Spielen wie Homesick eher schadet – Spielen, die “story driven” sind und die man allgemein eher bloß einmal spielt, im Gegensatz zu z. B. Mehrspieler-Spielen.
AT: Hast Du oft Heimweh?
BM: Nicht wirklich. Wenn ich jetzt umziehen würde, würde ich die Gegend, in der ich jetzt wohne, vermutlich vermissen. Dann hätte ich wohl Heimweh. Aber aktuell arbeite ich zu Hause und habe keine Umzugspläne für die nächste Zeit, insofern – nein, kein regelmäßiges Heimweh.
AT: Wie bist Du auf die Idee für Homesick gekommen? Was war die Initialzündung, was war die Inspiration?
BM: Ich habe mir eine Menge Gedanken darüber gemacht, wie sich das Spiel anfühlen sollte. Da ich ja einen beruflichen 3D-Grafik-Hintergrund habe, war mir sofort klar, dass ich ein Spiel produzieren wollte, in dem die Umgebung eine wichtige Rolle einnimmt und die Emotionen des Spielers beeinflusst. Und mir war klar, dass ich für den größten Teil des Spiels eine freundliche Umgebung haben wollte, aber auch einen Kontrast dazu, der die Friedlichkeit der “Hauptumgebung” unterstreichen sollte. Ich habe Dear Esther gespielt, und das hat mir so richtig die Augen geöffnet, wie Umgebungsgestaltung und Atmosphäre ein ganz eigenes Spiel erschaffen können. Also prinzipiell habe ich mich an diesem Rahmen orientiert, aber ich wollte dem Spieler innerhalb seiner Umgebung auch etwas zu tun geben, insbesondere wenn diese Aufgaben die Story vorantreiben. Und dann war ich mir noch der Tatsache bewusst, dass ich das ganze klein halten musste, so dass ich das Spiel als Einzelperson innerhalb eines vernünftigen Zeitrahmens erstellen konnte. Das waren die Voraussetzungen. Die nächste Überlegung war, was für Geschichten man im Rahmen dieser Voraussetzungen erzählen könnte. Darüber habe ich eine Menge gegrübelt, bis ich auf etwas kam, das meinen Vorstellungen genau entsprach. Eine Story voller Relevanz, die mich persönlich berührt, aber immer noch in den vorgegebenen Rahmen passt.
AT: Was für Tools benutzt Du für die Arbeit an Homesick? Irgendwelche Programme, die unsere Leser vielleicht kennen könnten?
BM: Als Game Engine nutze ich UDK, eine Art Indie-Version der Unreal-3-Engine, die von einer riesigen Zahl an Spielen genutzt wird. Für dreidimensionale Objekte nutze ich Zbrush, ein 3D-Modellierprogramm. Das hat eher etwas von Bildhauerei als von klassischer 3D-Modellierung.
AT: Wenn Du die Arbeit an Homesick ohne Budget-Limitierungen im Hintergrund gestartet hättest, was hättest Du im Nachhinein anders gemacht? Wäre das Spiel einfach nur “größer und besser” geworden, oder wäre Homesick dadurch zu einem komplett anderen Spiel geworden?
BM: Vermutlich würde es etwas größer als das jetzige Spiel. Wäre ich mit einem unlimitierten Budget gestartet, hätte ich wahrscheinlich jemanden eingestellt. Ein größeres Spiel würde ich alleine nicht erstellen wollen, und die Arbeit im Team hätte sichergestellt, dass ich an einem einzelnen Projekt nicht mehr als ein paar Jahre arbeiten müsste. Grob geschätzt wäre es vielleicht zweimal so groß und hätte dreimal so viele Puzzles. Vielleicht würde ich aber den Großteil davon als optionalen Content einbauen, weil mir wichtig ist, dass die Leute das Spiel beenden und die komplette Story mitbekommen. Ich will die Leute nicht langweilen.
AT: Was für Pläne hast Du für die Zeit nach Homesick? Wärst Du lieber wieder in der Softwareindustrie angestellt, würdest Du lieber selbständig bleiben, oder steht Dir der Sinn nach etwas völlig anderem?
BM: Ich möchte wirklich gerne selbständig bleiben und ein weiteres Spiel produzieren. Manchmal denke ich schon über Angestelltenjobs nach, die ich gerne hätte, und tagträume von einem Büro, das ich morgens betrete, und von Kollegen, und davon, Teil einer soliden Firma zu sein, bei der ich bloß für einen Teil eines Spiels zuständig bin. Aber zum jetzigen Zeitpunkt möchte ich lieber weiter versuchen, meine eigenen Spiele zu produzieren. Ich habe den Eindruck, dass ich durch die Produktion von Homesick eine Menge Sachen gelernt habe, die ich unbedingt für das nächste Spiel anwenden möchte. Da kann ich jetzt nicht aufgeben. Idealerweise bleibe ich selbständig, für zukünftige Spiele könnte ich aber Hilfe anheuern und eine stabile Arbeitsumgebung für ein Team schaffen – quasi meine eigene Firma.
AT: Wenn Du ein neues Spiel in Angriff nehmen würdest, was für eine Art Spiel wäre das? Welches Genre, welches Setting?
BM: Vermutlich ein Adventure mit Fokus auf Virtual Reality, in einer anderen Welt als Homesick, letzteres hauptsächlich, damit ich Spaß bei der grafischen Ausgestaltung des neuen Settings hätte.
AT: Werden wir jemals mehr von der Welt sehen, in der Homesick spielt? Ein weiteres Spiel, einen Director's Cut, eine Special Edition mit Hintergrundinformationen?
BM: Eines Tages würde ich da gerne was machen. Der Grafikstil und die Spielwelt geben das her. Es wird ein Prequel geben.
AT: Gibt es schon ein definitives Releasedatum für Homesick?
BM: Nichts definitives, aber wir peilen den November fest an.
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