Vorschau

von  Benjamin "Grappa11" Braun
03.07.2007
Sunrise
Nach den Erfolgen von Ankh, Geheimakte Tunguska oder The Moment of Silence, scheint es in Mode gekommen zu sein, als deutscher Entwickler Adventures zu produzieren. Auch das Erfurter Entwicklerstudio TML-Studios, das vorher nur Kennern von Simulationssoftware ein Begriff gewesen sein dürfte, hat sich einem Adventure-Projekt verschrieben, welches im Januar offiziell angekündigt wurde. Ein mutigerSchritt, zumal bereits früh beschlossen wurde, sich nicht auf ein grundsätzlich klassisches Adventure-Konzept beschränken zu wollen. Das siebenköpfige Kernteam der Spieleschmiede nähert sich mit großen Schritten dem Ziel, Sunrise der Öffentlichkeit zu präsentieren und stand uns dabei in einem kurzen Interview Rede und Antwort.

Entertainment hat oberste Priorität

Über die Hintergrundstory ist noch nicht viel bekannt. Die drei Freunde Rydec, Brian und Max sind allesamt Ende zwanzig, leben in New York und träumen von einem besseren Leben. Ein lange vorbereitetes Experiment soll ihnen einen Nobelpreis einbringen. Dieses geht natürlich schief und aus „The Big Apple“ wird eine riesige Geisterstadt. Einzig eine unbekannte Schönheit finden die drei Jungs vor dem Loft, in dem das Experiment stattfand, ohnmächtig vor. Aufgabe und Ziel des Spielers ist es, herauszufinden, was genau schief gelaufen ist, den Effekt wieder rückgängig zu machen und nebenbei in Erfahrung zu bringen, um wen es sich bei der hübschen Frau handelt.
Im Trailer bekommt der potentielle Spieler bereits einen Vorgeschmack, dass der Humor, der Unterhaltungsfaktor allgemein, in ‚Sunrise‘ sehr zentral ist. Die oftmals flapsigen Kommentare von Rydec und seinen Freunden, dürften wohl bei jedem das Zwerchfell hin und wieder zum Beben bringen. Auch die zahlreichen Zwischensequenzen dienen der Unterhaltung, sollen dabei aber auch meist eine Art Belohnung des Spielers darstellen und dem Spiel den Charakter eines interaktiven Films verleihen. Diese sind grundsätzlich in Spielgrafik gehalten.

Kein klassisches Adventure

Sunrise ist in vielerlei Hinsicht kein klassisches Adventure. Zwar funktioniert die Steuerung auch hier per Point'n'Click, dafür fehlt allerdings beispielsweise die Inventarleiste völlig. Rydec kann zwar Items aufnehmen, die er in seinem PDA auch einsehen kann, jedoch ist deren Einsatz nicht nach dem typischen Adventure-Prinzip möglich. „Benutze Gegenstand A mit Objekt B“ gibt es so in Sunrise nicht. Vielmehr denkt die Spielfigur mit und gibt Hinweise, welche Art Gegenstand noch fehlt um die Aktion ausführen zu können. Hat man sich diesen Gegenstand besorgt, bedient Rydec sich beim Klicken des Hotspots selbstständig an allem Notwendigen aus seinem Inventar. Bei manchen Aktionen hilft auch bereits eine Art Multitool (Schraubenzieher, Messer usw.) weiter, welches Rydec von Beginn an bei sich trägt.
Die Aufträge, die der Spieler erledigen muss, sollen dabei stets logisch und realistisch sein. Muss also z.B. ein Objekt verschoben werden, das für Rydec zu schwer ist, kann er einen seiner Freunde um dessen Hilfe bitten. Richtig harte Kopfnüsse soll es zwar ohnehin nicht geben, für alle Rätselmuffel bzw. für alle, welche die Geschichte lieber erleben wollen, ohne darin groß zu agieren, ist im PDA eine Hilfsfunktion eingebaut. Die Lösung eines Problems bzw. ein entsprechender Spielfortschritt soll aber an vielen Stellen auf ganz unterschiedlichen Wegen möglich sein. Es kann z.B. auch schon einen Unterschied machen, welchen seiner Freunde Rydec um eine Hilfestellung bittet. Direkt steuern kann der Spieler in Sunrise aber nur Hauptfigur Rydec.

Riesiger Umfang mit Wiederspielwert

Die Entwickler versprechen etwa 150 unterschiedliche Hintergründe, viele nicht lineare und optionale Inhalte. Je nach Vorgehen des Spielers kann es vorkommen, dass nicht alle Locations betreten werden, genauso wie manche Dialogoptionen nur bei bestimmten Handlungen auftreten können. Im Gegensatz zu den meisten anderen Adventures, sollen die Spieler in Sunrise nicht bereits alles nach dem ersten Durchgang kennen bzw. gesehen oder gehört haben. Ein zumindest höherer Ansporn, die Geschichte mehr als einmal erleben zu wollen, könnte also durchaus vorhanden sein, wenn das Konzept der Entwickler aufgeht.

Sprachausgabe und Sound

Wie schon länger bekannt ist, konnten mit Andreas Fröhlich und Torsten Michaelis, die den meisten als die Standardsprecher von John Cusack und Wesley Snipes im Gehör sein dürften, professionelle Sprecher verpflichtet werden. Auch die beiden anderen Sprachtalente, Dirk Müller und nicht zuletzt Ulrike Stürzbecher (Kate Winslet, Patricia Arquette), haben bereits umfangreiche Erfahrung in ihrem Handwerk.
Mit insgesamt ca. 12 Stunden Sprachausgabe bei nur vier Charakteren die zu Wort kommen ist der Umfang als gewaltig zu bezeichnen (zum Vergleich: Gothic 3 hat ca. 18, The Moment of Silence etwa 8 Stunden). Humor spielt dabei eine sehr wichtige Rolle. Rydec hat immer einen lockeren Spruch auf den Lippen, soll dabei aber grundsätzlich nicht unter die Gürtellinie schießen. Vor allem diese zahlreichen Kommentare dürften einen nicht unerheblichen Teil ausmachen. Dabei wurde besonderer Wert darauf gelegt, ein möglichst breites Publikum zu bedienen. Egal ob männlich oder weiblich, jung oder alt, jeder Spieler soll sich unterhalten fühlen.
Für die musikalische Untermalung entschieden sich die Entwickler um Thomas Langelotz für Songs verschiedener Bands, die eher etwas wilder mit ihren Instrumenten zugange sind. Auf eigene Kompositionen wurde gänzlich verzichtet. Darüber, den richtigen Geschmack getroffen zu haben, ist man sich aber sicher. So wird es möglich sein, die - teilweise extra für Sunrise komponierten Songs – an einer bestimmte Stellen im Spiel beliebig oft anzuhören. Die Musik dürfte vom Stil genau das Richtige sein, um die teils rasante Inszenierung zu unterstützen, die nicht nur im Trailer, sondern auch im Spiel selbst sehr präsent sein soll.

Optisch auf der Höhe der Zeit

Sunrise bietet nicht etwa eine traditionelle Comicgrafik, sondern verlässt sich auf eine modernere Optik ähnlich wie in Geheimakte Tunguska. Schon im Trailer konnten wir uns von den bereits sehr ansehnlichen Licht- und Schattenspielen und hübschen Wettereffekten überzeugen. Obwohl die Entwickler seit Januar weiter an der Grafik geschraubt haben, versprechen sie schon jetzt, dass sich bis zum Release noch einiges tun wird. Die etwa 150 Hintergründe sind mit zahlreichen Animationen versehen und sollen, trotz der Kulisse eines New Yorks ohne Bewohner, sehr lebendig wirken.

Weihnachtsmann bringt ‚Sunrise‘

Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft soll ‚Sunrise‘ im deutschen Handel erscheinen. Eine teilweise spielbare Version existiert bereits, insgesamt ist das Spiel zu ca. 85% fertig gestellt. Eigene Spieleindrücke konnten wir jedoch leider noch nicht gewinnen. Ob die Entwickler alle Versprechen halten können und ihr Adventure „Entertainment pur“ ist, muss sich erst noch herausstellen. Das Konzept, ohne Inventarleiste auszukommen, durchweg realistische, logische und lebensnahe Rätselkost zu bieten und dabei unterschiedliche Lösungswege einzubauen, klingt nicht nur interessant und schlüssig, es macht auch Hoffnung, dass dieses Spiel wirklich aus der Masse herausstechen könnte.

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Sieht gut aus