284]Auch wenn der Pabel-Moewig-Verlag bereits seit 1961 wöchentlich ein Heft mit Abenteuern des beliebten Astronauten herausbringt, traf man die Entscheidung, das in Zusammenarbeit mit Braingame entstehende Adventure mit einer gänzlich neuen Story zu versehen. Ganz wichtig ist den Entwicklern die Authentizität in Bezug auf das Perry-Rhodan-Universum: In Zusammenarbeit mit Robert Feldhoff, der als Mitautor der Perry Rhodan-Hefte auf 20 Jahre Erfahrung zurückblicken kann, soll jedes Detail dieser Welt akribisch eingehalten werden; eine gigantische Fan-Community beobachtet zudem mit Argusaugen die Entwicklung.
Alle wissen Bescheid, nur ich nicht!
Wir schreiben das Jahr 1346 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Auf Perry Rhodan, gemeinsam mit Reginald Bull Resident des Solaren Imperiums, prasseln gleich zu Beginn des Abenteuers zahlreiche Ereignisse ein: Die Solare Residenz, Hauptsitz der Macht, wird von Unbekannten unter Beschuss genommen und erzittert unter Bombenangriffen. Gleichzeitig scheint Mondra Diamond, mit der Perry einen Sohn hat, wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Zunächst lässt sich nur wenig über diese Dinge in Erfahrung bringen, denn Perry hat kaum Möglichkeiten, Sicherheitssperren, Computer- und Energieblockaden zu überwinden, die ihm scheinbar absichtlich in den Weg gelegt wurden. Wie es scheint, findet sich der Unsterbliche in einer Verschwörung intergalaktischen Ausmaßes wieder…
Zeitlos schön
Den grafischen Ersteindruck des Spiels in einem Wort oder einem Satz zusammenzufassen, fällt schwer; sollte man es doch versuchen, kann man nur sagen: Die Grafik ist absolut gelungen und atemberaubend. Einem vorzüglichen Rendering und großzügig ausgeleuchteten Texturen sei Dank, erstrahlt Perry Rhodan in einer wirklichen Pixelpracht. Bei der Live-Präsentation des Spiels wurden vom Entwickler seinerzeit besonders zwei grafische Finessen angepriesen, die die Grafik von Perry Rhodan zu einem sehr vielversprechenden Erlebnis machen:
Für die Engine des Spiels wurde eine 3D-Engine 'missbraucht', um ein Point-and-Click-Adventure zu formen, gleichzeitig wurden zahlreiche Animationen in die vorgerenderten Schauplätze des Spiels eingebaut, so dass keine genre-üblichen Standbilder zu sehen sein sollen. Die Objekte und Oberflächen wirken plastisch, sauber gerendert und werden durch stimmig gezeichnete Hintergründe ergänzt. Gleichzeitig lebt der detaillierte Hintergrund dank ständig umherschwebenden Gleitern, surrenden Geräten, wabernden Energieschirmen oder Personen, die ihrem Tagwerk nachgehen. Die Bewegungen der Figuren wirken flüssig und zur jeweiligen Tätigkeit passend. Ob Techniker, Bioniker oder Putzroboter: Keine Bewegung wirkt hölzern oder eingeschränkt. Der Bioniker setzt mehrmals seine Wärmebrille ab, um sich seine Arbeit zu beschauen während der Putzroboter seine Kreise zieht und den vorbeilaufenden Protagonisten zu einer Umrundung zwingt, indem er den Weg stoisch blockiert.
Alles wirkt stimmig eingefügt und gut beleuchtet. Die Grafikoptionen lassen die 3D-Herkunft der Engine recht gut erkennen; neben 16x Antialiasing sind auch Einstellungen wie Shadowmap oder pixelgenaue Schatten vorhanden. Die hier vorliegende Version präsentierte sich in voreingestellter 1280x1024 Pixel-Auflösung; hier sollten vor allem zusätzliche Breitbild-Formate implementiert werden, um die zahlreichen schönen Aussichten und Kameraeinstellungen im Spiel besonders zur Geltung kommen zu lassen.
Keine akustischen Interferenzen
Auch bei der akustischen Untermalung macht Perry Rhodan bisher einen guten Eindruck. Die Sprecher sind durchweg passend gewählt und machen ihre Arbeit professionell. Hier überzeugen besonders Sprechrhythmus und Betonung. Gerade Perry selbst ist durch die trockene, aber durchaus fordernde und manchmal ironisch angehauchte Stimme treffend besetzt; die Figur hat Charakter. Aber auch Figuren wie der Techniker Yuri, der mit russischem Akzent spricht oder der Sicherheitsoffizier, der mit hartem Ton in der Stimme Befehle wiedergibt, zeigen, dass auch dieser Aspekt des Spiels vom Entwickler ernst genommen wird. Musik war in der vorliegenden Version noch nicht zu hören, hier verspricht der Entwickler allerdings eine Untermalung, welche mit einem Orchester eingespielt werden soll.
Keine Experimente
Die Steuerung erfolgt eher klassisch über Point-and-Click, der Mauszeiger zeigt durch entsprechende Symbole Interaktion, Sammelfunktion oder Levelausgang an. Eine Schnellfunktion über einen Doppelklick gibt es bisher noch nicht, Perry sprintet jedoch recht flott durch die Gänge. Um sich bei der Suche nach Interaktivem in der detaillierten Grafik nicht zu verlieren, ist ein Einblenden von Hotspots möglich. Hierbei wird der Bildschirm passend zum Setting bzw. zum Thema des Spiels von oben nach unten gescannt; wichtige Dinge blinken dann kurz auf. Eingesammelte Objekte werden am unteren Bildschirmrand in der Inventarleiste angezeigt und müssen zur Benutzung mit gedrückter Maustaste ins Bild „gezogen“ werden. Die Speicher- oder Ladefunktion konnte in dieser Version des Spiels noch nicht benutzt werden.
Ich denk' dran, also lös' ich
Bei den Aufgaben und Hindernissen, die es zu bewältigen gilt, konnte bereits in Bezug auf die Fülle und Varianz der Rätsel ein guter Eindruck gewonnen werden. Neben dem bekannten Aufsammeln und Einsetzen von Gegenständen an der richtigen Stelle kommt es vor allem auf Informationen oder Gedanken an, die gesammelt werden müssen: Ein defektes Versorgungsterminal kann erst benutzt werden, sobald ein Wartungstechniker auf diesen Mangel hingewiesen wird. Im Gespräch mit diesem Techniker hat Perry zu diesem Zwecke neben diversen Gegenständen auch ein Icon eines defekten Terminals, welches er im Dialog wie einen Gegenstand auf seinen Gegenüber anwenden kann. Erst dann geht das Gespräch in die gewünschte Richtung. Fehlt dieser Fingerzeig, weil Perry noch nichts darüber herausgefunden hat, gibt es auch nichts darüber zu reden.
Das Untersuchen oder das Weiterentwickeln von Gegenständen im Inventar ist ebenfalls nötig, damit der Protagonist Schlüsselinformationen für Gespräche oder Hinweise auf eine Lösung erhält. Hierzu sind zum Teil mehrere Wege der Erarbeitung möglich: Um einen Raumschiff-Modellflügel zu identifizieren, kann man neben der Wissenspositronik im Hauptquartier auch einfach einen Techniker im Hangar danach fragen. Was an Rätselaufgaben bisher zu sehen war, erschien soweit fair gestaltet und auf logischem Wege lösbar.
Schöne neue Welt
Die Atmosphäre des Spiels ist durch das Fehlen von Musik noch etwas geschmälert, offenbart aber bereits ihre Stärken in Sachen Science-Fiction: Neben den Begrifflichkeiten des Perryversums stimmen Optik und Technik bereits gut auf die Welt der Heftserie ein; zudem ist es die exzellente Grafik, die auf faszinierende Weise gleichzeitig lebendig und futuristisch-kühl wirkt. Ähnlich wie in The Moment of Silence ist zu Beginn das Gefühl von Isolation inmitten einer perfekt ausbalancierten technisierten Welt sehr stark, gleichzeitig gilt es, sich zurechtzufinden und diese Welt vor der Zerstörung zu bewahren. Also: Science-Fiction mit all seinen Facetten. Diese allgegenwärtige Dramatik der Heftserie ist auch im Adventure recht gut erkennbar und lässt die Gesamtstimmung wie eine Mischung aus Blade Runner und Metropolis wirken. Gleichzeitig lässt das Spiel das Herz jedes Perry-Rhodan-Fans höher schlagen, wenn es um die perfekt eingearbeitete Idiomatik geht: Hier wimmelt es von Begriffen wie Stardust, Individualschirm oder Blues-Raumer, was sicherlich den nicht eingeweihten Abenteurern erst mal Angst macht. Die eingearbeiteten Elemente wirkten jedoch bisher nicht übertrieben oder zu häufig platziert; gleichzeitig werden Hinweisfenster oder erklärende Einblendungen zu einigen speziellen Dingen des Perryversums geliefert.
Blick in die Zukunft
Es sieht vielversprechend aus, was Verlag und Programmierer da versuchen: Wenn der erste Eindruck nicht täuscht und die Ausarbeitung in die gleiche Richtung geht, steht zum Jahresbeginn ein wirklich sehenswertes Spiel in den Läden. Maßgeblich für den Erfolg des Abenteuers wird jedoch nicht nur die wunderschöne Grafik oder der versprochene orchestrale Soundtrack sein, sondern vor allem die exakt ausbalancierte Zugänglichkeit für Perry-Rhodan-Fans und solche, die es nicht sind. Diese Balance entscheidet, ob Perry Rhodan mehr wird als ein grafisch überzeugendes Adventure mit speziell vorinformierter Zielgruppe. Das Zeug dazu hat es definitiv.
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