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Test

von  Sebastian 'basti007' Grünwald
09.08.2003
Conspiracies
Getestet auf Windows, Sprache Englisch

Conspiracies ist das erste Spiel eines kleinen, unabhängigen Studios in Griechenland names Anima Post Production Studio. Ursprünglich hatte Anima nur kleine MultiMedia Produkte recht unbedeutenden Kalibers entwickelt, wie eine CD-ROM über die Euroeinführung und ähnliches. Conspiracies ist das erste große Spiel der Griechen, die sich selbst eigentlich nur als Adventure-Fans bezeichnen und nicht als große Programmierer. Ihre Lieblingsspiele-Gattung war bislang das 3D Detektiv-Adventure und ihre Lieblings-Spielereihe die "Tex Murphy" Saga. 1998, nach dem Cliffhanger-Ende des letzten erschienen Tex Murphy Spiel "Overseer", und nachdem durch die Übernahme von Access Interactive klar wurde, das kein weiteres Tex Murphy Spiel mehr produziert werden würde, begannen die Leute von Anima PPD deswegen einfach mit ihrem eigenen Projekt, dass sie 5 Jahre lang beschäftigen würde. Im Prinzip war das ganze also ein Fanprojekt, dass so stark gewachsen ist, dass es (auch aus finanziellen Gründen) nun kommerziell vermarktet wird. Kann das Spiel trotzdem aktuellen Maßstäben stand halten?

Installation

Das Spiel kommt in der englischen Fassung auf DVD daher. Die Installation mit dem regulären Installshield Wizard ist kein Problem. Es lohnt sich aus Bequemlichkeitsgründen, das Spiel komplett auf die Festplatte zu installieren, was die Geschwindigkeit ungemein steigert.

Um was geht's?

Der Spieler spielt den Privatschnüffler Nick Delios, einen heruntergekommenen Privatschnüffler im Griechenland der Zukunft. Die Zeit ist geprägt von Depression, Umweltverschmutzung und politischen Verbrechen. Nachdem Nick seine letzten Kredite verspielt hatte und aus dem Casino geworfen wurde, macht ihm ein ehemaliger Polizistenfreund einen Deal, der ihm auf einen Schlag seine kompletten Schulden erlassen würde. Andererseits würde er wegen Scheckfälschung im Gefängnis landen. Gezwungenermasen stimmt Nick dem Deal zu, ohne überhaupt zu wissen, in welche Verschwörung er sich damit stürzen wird.

Zum Spiel

Das Spiel ist wie bereits erwähnt an die Tex Murphy Saga angelehnt. Das heisst: Man spielt gleichzeitig mit Maus und Tastatur durch eine 3D Umgebung. Mit Hilfe der Cursortasten bewegt man sich, mit der Maus wird die Umgebung per Point'n Click abgetastet. Für Leute, die eher einfache Interfaces bevorzugen ist das zugegeben am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig. Schließlich war das auch einer der Gründe für die recht schlechten Verkaufszahlen der Tex Murphy Spiele. Wer aber den Dreh mal raus hat wird merken, wie bequem es ist, mit den damit eröffneten Möglichkeiten die Welt zu untersuchen. Das "Feeling" eines Privatdetektivs kommt so erst richtig zur Geltung, weil man Tatorte damit wirklich frei absuchen kann. Allerdings hat man die extreme Freiheit des Tex Murphy Vorbilds etwas eingeschränkt. So bewegt man sich weiterhin der Tastatur, die Maus dient dabei lediglich zum Schwenken des "Kopfes", in der Mitte befindet sich ein fest arritierter Cursor. Manche Spieler kennen dieses Prinzip schon aus Myst III oder Zelenhgorm. Es macht die Steuerung somit schon um einiges leichter als bei Tex, so dass auch Anfänger damit gut zurechtkommen sollten und die Bewegungsfreiheit leidet darunter kaum, im Gegenteil. Diese 3D Methode macht beim Erforschen von Gegenden viel Spaß und man kommt im Gegensatz zum recht umfangreichen Interface der Tex Spiele sehr schnell voran. Diese Mischung aus 3D und Adventure ist wohl auch einer der größten Unterschiede zu herkömmlichen 2D Point'n Click Adventures, wo man mit der Maus eben einfach nur Hotspots absucht. Apropos Hotspots, leider werden wichtige Gegenstände nicht als Hotspots markiert. Eine Begebenheit, die mir seit den alten Sierra Spielen in den 90er Jahren (z.B. in Gabriel Knight 1) nicht mehr untergekommen ist. Es ist nicht all zu dramatisch, weil die wichtigen Gegenstände eigentlich alle deutlich zu finden sind - aber man muss halt zwangsläufig etwas mehr suchen. Mit der linken Maustaste benutzt man einen Gegenstand (wie nehmen, öffnen etc), mit der rechten betrachtet ihn sich der Spieler näher. Mit der Leertaste öffnet sich das Inventar und mit F4 kann man speichern. Insgesamt also ein recht benutzerfreundliches Interface.

Grafik

Innerhalb des Spiels sind zudem Videosequenzen von Realschauspielern eingearbeitet, die vor der gerenderten Landschaft agieren. Die Qualität ist leider nicht mehr so überzeugend, was wohl auch daran liegt, dass die Enginge sowie die Drehaufnahmen auch schon ein paar Jahre auf den Buckel haben. Mit Artefakten und leichter Unschärfe und manchmal recht schlechter Beleuchtung muß der Fan leider leben. Die Qualtität ist von daher auch bei weitem nicht so gelungen wie in einigen Videosequenzen in Zelenhgorm, jedoch meist besser als in Pandora Akte. Allerdings benötigt Conspiracies in der CD-ROM Fassung auch nur 2 CDs, was darauf schließen lässt, dass man die Videosequenzen wohl recht stark komprimiert hat - trotzdem würden aktuellere Codecs wie Bink oder DivX bei ähnlichem Platzverbrauch bessere Ergebnisse abliefern. Immerhin hat das kleine Team von Anima PPD es geschafft, auch Kameraschwenks in die 3D Umgebung einzubauen, was immerhin bei vielen FMV Adventures der frühen Stunde kaum der Fall war.

Die Grafik des Spiels ist ebenfalls schon etwas älteren Standards und läuft etwa auf dem Level zwischen Pandora Akte und Overseer. Die gerenderten Videosequenzen können zwar allesamt überzeugen, aber die Realtime Sequenzen sind etwas steril, benötigen zudem trotzdem einen recht starken Prozessor. Unter einem Celeron 600 MHz mit 32 MB Grafikkarte sollte man gar nicht erst anfangen. Regelt man die Auflösung auf schnelleren Rechner etwas höher und aktiviert gutes Anti-Aliasing, werden die Bilder durchgehend besser. Auch gibt es innerhalb der 3D Schauplätze grafisch ziemliche unterschiede. Während einige Locations wirklich sehr einfach gestaltet sind, gibt es bei anderen ein reichhaltigeres Spektrum von blinkenden Lichtern bis hin zu rauschende Strassenbahnen. Die Schauspieler selbst sind leider meist nur Standbildartig in die 3D Umgebung eingelassen. Ein 3D Freak wird bei dem Outfit wohl nur ein Stirnrunzeln bekommen - selbst 3D Adventures wie The Watchmaker oder Shadow of Memories liefern hier noch bessere Grafiken ab. All zu hohe Anforderung sollte man deshalb daran nicht stellen. Wer mit Grafiken wie in den großen Vorbildern wie "Die Pandora Akte" zufrieden ist, wird jedoch nicht enttäuscht.

Musik

Die Musik ist zweckmässig, aber nicht perfekt. Meist sind es nur dezente Syntheziserklänge im Hintergrund, die aber die Atmosphäre meist sehr gut untermalen. Ebenfalls Tex Murphy Niveau, würde ich sagen. Spannungsgeladene Momente werden in der Regel mit sehr gelungener Suspensemusik untermalt. Der Rest ist meist recht jazzige Hintergrundmusik, die nicht all zu stark nervt.

Lokalisation

Die englische Synchronisation hat Anima PPD selbst vorgenommen. Leider merkt man, dass nicht mehr all zu viel Geld vorhanden war. Zwar hat man Gott sei Dank meistens wirklich englische Sprecher engagiert, aber die Tonqualität ist manchmal etwas rauschig und blechern, die Lippen sind nicht immer exakt synchronisiert, aber meistens passend und bei weitem nicht so schlimm, wie in anderen Beispielen. Das griechische Original ist hier bedeutend besser. Man kann nur hoffen, dass man für ein mögliches deutsches Publishing eine professionelle Synchronschmiede engagiert. Immerhin gibt es aber 3D Sound. Trotzdem stört die Synchronisation bei weitem weniger als bei vielen anderen Spielen aus dem Adventuresektor, so dass man hier noch ein Auge zudrücken kann, auch wenn es wirklich bedeutend besser ginge, man betrachte sich nur das Referenzprodukt Pandora Akte mit einem fabelhaften Norbert Langer als Tex's Stimme.

Schauspieler & Dialog

Die Qualität der Schauspieler ist nicht immer perfekt, aber im großen und ganzen akzeptabel und im FMV Adventure-Sektor ausreichend. Zwar sind hie und da noch einige Laiendarsteller zu entdecken, aber der Großteil macht sich halbwegs ordentlich und wird hauptsächlich durch die mittelmäßige Lokalisation verschmäht. Ganz so übertrieben betont gesprochen wie in Zelenhgorm wird diesmal nicht und die Dialoge im multiple choice Stil sind alle sehr gelungen - teilweise wird wirklich schon der Humor von Tex Murphy erreicht. Für ein Spiel, dass von einer unabhängigen Gruppe von Leuten entwickelt wurde, die sonst eigentlich keine Ahnung im Screenplaybereich haben dürften, ist das eine herausragende Leistung!

Spielspaß

Das wichtigste an einem Spiel ist der Spielspaß. Und hier kann das griechische Adventure voll punkten: Die Story ist sehr spannend und gekonnt in Szene gesetzt, wenn auch nicht ganz so genial wie in Pandora Akte. Man wird sehr tief in das Spiel hineingezogen und bleibt immer bei der Stange. Die Konversationen mit den einzelnen Akteuren sind allesamt sehr unterhaltsam, was man ja auch nicht von jedem Adventure behaupten kann. Man merkt zudem, dass die Leute beim Entwickeln des Spiels viel Spaß hatten - allein schon die Band Blues Wire im Spiel, sozusagen eine Hommage an Tito & Tarantula aus From Dusk Till Dawn, könnte bei Freunden des Genres schnell Kultfaktor erlangen... Die Puzzles sind sehr abwechslungsreich und gehen von leicht bis superknackig, von einfachen Konversationen bis hin zu mechanischen Rätseln. Das Spiel ist ziemlich lang, so dass es hier seinen schwedischen Mitkonkurrenten "Zelenhgorm" zumindest im Preis/Leistungsverhältnis ausstechen kann. So ist es eines der wenigen Adventures, bei dem mir nie langweilig wurde, und dessen DVD ich jeden Tag immer wieder gerne ins Laufwerk geschoben habe. Keine Frage: Obwohl das Spiel ein unabhängiges Adventure einer kleinen Softwareschmiede ist hat es eigentlich alles, was ein gutes Adventure braucht: Eine gelunge Story, sehr gute Puzzle, langen Spielspaß, unterhaltsame Dialoge mit viel Humor, viele Videosequenzen und kreativ gestaltete Locations. Hätte man nur im grafischen Sektor noch etwas mehr getan, würde das Spiel rundum vollkommen überzeugen. Für ein unabhängiges Projekt ist Conspiracies jedoch auf alle Fälle ein gelungenes Spiel, für das das kleine griechische Softwarestudio echt Respekt verdient.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Spiele wie Tony Tough im 2D Sektor haben ja bewiesen, dass neueste Technik nicht alles sein muss und ein Adventure mit viel Spielspaß, guten Puzzles und einer spannenden Story genauso überzeugen kann. Spieler, denen ein hoher technischer Standard wichtig ist, sollten um Conspiracies lieber einen Bogen machen. Wer aber auf Film-Adventures a la Tex Murphy steht, auf die kommenden Tex Murphy Online Episodes nicht warten kann und sich an einem Spiel nicht stört, dessen Grafik- und Soundstandards noch ein paar Jahre hinterherhinken, dafür aber viel Wert auf eine lange und spannende Story, vielen Rätseln, interessanten Charaktären, sarkastischem Humor, guten Dialogen und Videosequenzen legt, kann bei Conspiracies zugreifen, auch wenn das Original durch die technischen Mängel in Grafik und Lokalisation leider nicht ganz erreicht wird!

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • gute Atmosphäre
  • gute Story
  • gute Spieltiefe
  • gute Rätsel
  • humorvolle Dialoge
  • schlechte Grafik
  • unscharfe Videos
  • schlechte Tonqualität
  • mittelmäßige Lokalisation (engl.)
  • (noch) zu hoher Preis für die Europa Fassung