Mitte 2015 erschien die erste Episode von Knee Deep, einem Spiel, das von den Entwicklern selbst als ""Swamp Noir Adventure"" bezeichnet wird. Seit einigen Tagen ist der dritte und letzte Akt verfügbar. Wir haben uns den als Bühnenstück konzipierten Noir-Krimi näher angesehen.
Cypress Knee ist ein kleines Kaff mitten in den Sümpfen von Florida. Als eines Tages ein alternder Schauspieler tot an einem Turm hängt, geht man zuerst von Selbstmord aus. Das ruft die junge Sensationsbloggerin Romana Teague in das Städtchen, gleichzeitig geht auch der lokale Zeitungsreporter Jack Bellet auf Spurensuche. Als die Hintergründe um den Tod des Schauspielers immer mysteriöser werden, beauftragt das Filmstudio noch den heruntergekommenen ehemaligen Polizisten K.C. Gaddis, der nun als Privatdetektiv seine Brötchen verdient. Der Spieler übernimmt gleich alle drei Rollen in wechselnden Szenen des als Bühnenstück aufgezogenen Spiels.
Die Spielmechanik von Knee Deep ist ungewöhnlich. Zu Beginn sieht man nur einen Vorhang vor einer Bühne. Man bekommt ein paar belanglose Entscheidungen zur Auswahl gestellt, wie etwa sein Telefon stumm zu schalten oder sein Popcorn zu essen, ist also eigentlich nicht Protagonist, sondern Zuschauer einer Bühnenpräsentation. Nach ein paar einleitenden Worten eines Erzählers öffnet sich der Vorhang und der Blick fällt auf einen Turm, an dem ein Mann aufgehängt ist. Das Spiel wechselt dann die Szene, doch anstelle eines Schnittes, wie man ihn aus Filmen kennt, wird die Szene einfach abgedunkelt und die Kamera fährt an eine andere Stelle, wo das Licht wieder eingeschaltet wird. Oder aber die Bühne rotiert einfach um den Zuschauer herum und die Handlung geht in einem anderen Bühnenabschnitt weiter. Doch auch diese Ansicht ist nicht immer statisch. Die Kamera zoomt zum Beispiel auch an Gebäude heran, wo dann einfach eine Wand weggeklappt wird oder im Boden versinkt, um den Blick auf das Innere freizugeben. Die Figuren im Spiel können nicht gesteuert werden. Sobald eine Szene abgeschlossen ist, geht der Charakter einfach zu einer anderen Stelle oder das Bühnenbild wechselt und ein anderer Charakter übernimmt.
Worauf der Spieler Einfluss hat, sind die Dialoge, welche auch tatsächlich Einfluss auf das Verhalten anderer Spielfiguren, teilweise sogar auf die Handlung haben. Da alle drei Protagonisten regelmäßig Bericht erstatten müssen (im Blog, bei der Zeitung oder beim Auftraggeber), dringen auch Informationen an die Öffentlichkeit, die von anderen Personen im Spiel gesehen werden und auf die der jeweilige Charakter dann wieder angesprochen wird. Das Berichten funktioniert, indem eine Liste der gesammelten Informationen angeboten wird. Davon darf eine einzelne ausgewählt werden und der Spieler darf bestimmen, ob er die Meldung moderat, sachlich oder reißerisch veröffentlicht. Die entsprechenden Texte werden vor dem Abschicken angezeigt.
Die Rätsel in Knee Deep sind spärlich gesät und grundsätzlich nicht besonders schwierig. Hier muss ein Fingerabdruck zusammengesetzt werden, dort gibt es ein Codeschloss zu knacken, aber eigentlich erschließt es sich dem Spieler nur schwer, warum es diese Rätsel überhaupt ins Spiel geschafft haben. Da Knee Deep im Grunde vollständig auf die Erzählung der Geschichte setzt, sind diese Aufgaben nicht wirklich wichtig. Andererseits hätte man ansonsten außer den Dialogen und dem Berichten keine weiteren Interaktionsmöglichkeiten. Das alles hört sich langweilig an und tatsächlich fragt man sich in den ersten Minuten, worin der Sinn des Spiels liegt. Schnell wird aber klar, dass hier eine spannende und intensive Noir-Story erzählt wird, in der jeder seine Leiche im Keller hat und in der man niemandem trauen kann.
Das Spiel beginnt abends und endet am nächsten Morgen, spielt also weitestgehend nachts. Dementsprechend düster ist die ansprechend in einer 3D-Landschaft umgesetzte Grafik, die zusätzlich durch die gut umgesetzte Ausleuchtung gewinnt. Diese wird wiederum von einem sehr guten Southern-Rock-Soundtrack untermalt. Hinzu kommen gut ausgearbeitete Charaktere, die bis in die kleinste Rolle immer wieder mit Details aus ihrer Vergangenheit belebt werden. So erfährt man recht schnell, dass sowohl Privatdetektiv K.C. Gaddis als auch die Bloggerin Romana Teague ursprünglich selbst aus Cypress Knee stammen. Und gerade Gaddis hat in der kleinen Stadt nicht nur Freunde. Insgesamt schafft es das Spiel, eine richtig gute Atmosphäre aufzubauen und eine größtenteils gut inszenierte Geschichte spannend zu präsentieren. Korrupte Politiker, eine okkulte Religionsgemeinschaft, die Schatten der Vergangenheit - Knee Deep bringt mit, was eine gute Mystery-Geschichte braucht. Einziger Wermutstropfen ist die teilweise nicht ganz so überzeugende englische Sprachausgabe. Zwar sind einige Rollen gut besetzt, bei anderen gibt es aber grobe Ausfälle. Zum Glück betrifft dies nur Nebencharaktere.
Für eingefleischte Adventurefans dürfte Knee Deep sehr gewöhnungsbedürftig sein, vor allem weil die Geschichte streng linear und selbstablaufend ist. Dazu kommen kaum nennenswerte Rätsel. Erzählerisch ist dies aber ein durchaus interessanter Titel, der in seiner Gestaltung bisher einzigartig ist. Wer auf experimentelle Spiele oder auf gut erzählte Geschichten steht, sollte einen Blick riskieren. Die Spielzeit liegt für alle drei Akte bei insgesamt etwa fünf Stunden.
Zuerst wusste ich nicht wirklich, was ich von dem Spiel halten soll. Die Story hat mich aber schnell ihn ihren Bann ziehen können, sodass ich das ganze Spiel am Stück an einem Sonntagnachmittag durchgespielt habe. Mir persönlich wurde die Geschichte kurz vor Schluss leider etwas zu unglaubwürdig, aber dennoch fühlte ich mich am Ende gut unterhalten und war froh, dem Spiel eine Chance gegeben zu haben.
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