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Test

von  Benjamin "Grappa11" Braun
10.08.2009
The Whispered World
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch
90%

Seitdem der Hamburger Publisher und Entwickler Daedalic vor gut zwei Jahren verkündete, The Whispered World in sein Portfolio aufgenommen zu haben und auch den kreativen Kopf hinter der geflüsterten Welt, Marco Hüllen, in seine Reihen aufnahm, war die Freude unter den Abenteurern groß. Wenige Monate zuvor hatte nämlich die Auflösung des ursprünglichen Anbieters bad brain entertainment zum Abbruch der Entwicklung des Adventure-Projekts geführt.

Am 28. August 2009 wird es nach mehreren Verschiebungen und mit neuem Vertriebspartner endlich losgehen. Marco Hüllen und Daedalic wollen mit The Whispered World die Messlatte für zukünftige Adventures ein gutes Stück höher legen. Wir haben das Abenteuer bereits gespielt und verraten euch, ob sie dieses hehre Ziel erreicht haben.

Der traurige Clown

Nach einem verstörenden Alptraum erwacht der kleine Zirkusclown Sadwick im Bett des Wohnwagens, den er sich mit seinem Bruder Ben teilt. Eigentlich soll er die Menschen zum Lachen bringen, sie unterhalten und aus der Schwermut des Alltags ein Stück herausholen. Doch wie soll man das anstellen, wenn man ständig das Gefühl hat, die ganze Last dieser Welt auf den Schultern zu tragen? Sadwick kennt dieses Gefühl nur zu gut. Er kommt sich machtlos, klein und verloren in jener Welt vor und fühlt sich von allem überfordert. Ben ist keine große Hilfe, diesem Zustand zu entfliehen, führt er seinem kleinen Bruder doch ständig vor Augen, wie nutzlos, unwichtig und unfähig er doch sei. Auch seinem senilen, aber lebensfrohen Opa, der ihn ständig mit Ben verwechselt, und trotz seines mangelnden Kochtalents tagtäglich für die Verköstigung seiner Enkel sorgt, gelingt es nicht, Sadwick etwas Mut zuzusprechen.

Sein einziger Bezugspunkt ist sein ungewöhnliches Haustier Spot. Die giftgrüne Raupe begleitet ihn auf Schritt und Tritt. So auch an jenem Tag als Sadwick in den Herbstwald aufbricht - ohne zu ahnen, dass dies die ersten Schritte in sein größtes Abenteuer sind…

Das zweitschönste 2D-Adventure, das ich je sah

In Zeiten äußerst ansehnlicher 2,5D-Abenteuer, egal ob mit vorgerenderten oder von Hand gezeichneten Hintergründen, ist die Entscheidung, voll und ganz auf eine zweidimensionale Darstellung zu setzen, durchaus ein mutiger Schritt. 3D-Künstler und -Animatoren gibt es selbst am vergleichsweise rückständigen Entwicklungsstandort Deutschland wie Sand am Meer, im 2D-Bereich sieht das etwas anders aus. Zudem ist das Entwerfen stimmungsvoller und detailreicher Hintergründe nicht bloß eine Frage von zeichnerischem Können.

Offenbar hat man bei Daedalic die richtigen Leute gefunden. Mit viel Liebe zum Detail sind die knapp 60 Szenen umgesetzt, durch die wir Sadwick und Spot hindurch bewegen. Dem Herbstwald, dem Schauplatz des ersten Kapitels, merkt man auf den ersten Blick an, weshalb er diesen Namen trägt. Später auf einer Insel überzeugen die Szenen mit ihren stimmungsvollen Eindrücken bei Nacht. Nur durch kleine Wolkenlücken hindurch gelangt das Mondlicht auf das Dorf, in dem an jeder Ecke entzündete Kerzen zusätzlich für eine märchenhafte Atmosphäre sorgen.

Viele Aktionen Sadwicks werden mit aufwändigen<br /><br />Spezialanimationen dargestellt. Hier schwingt er sich<br /><br />in Indy-Manier über einen kleinen Abgrund.

Viele der Hintergründe beschränken sich nicht auf die 1024x768 Pixel, mit der das Bildsignal übermittelt wird. Bei etwa der Hälfte der Szenen handelt es sich um scrollende Hintergründe, die sich unterschiedlich stark über den 4:3-Bildausschnitt hinaus nach links und rechts bzw. oben und unten ausdehnen. Darüber hinaus kommt häufig das so genannte Parallax-Scrolling zum Einsatz - diese Szenen bestehen aus mehreren hintereinander aufgebauten Ebenen, welche sich in unterschiedlicher Geschwindigkeit verschieben, während die Spielfigur daran vorbeiläuft. Diese Technik vermittelt eine deutlich spürbare Tiefenwirkung, die jedoch auch in den Szenen ohne sie mithilfe der Zeichenkünste wunderbar gewährleistet wird.

Absolut großartig sind die Animationen der Spielfiguren, die sich hervorragend in die einzelnen Szenen einfügen und je nach Standort auch innerhalb eines Bildes in unterschiedlichen Lichtstimmungen erscheinen. Ganz besonders Sadwick bedient sich einer Fülle an unterschiedlichen Gesten und Gesichtsausdrücken, die sich aus unzähligen einzelnen Bewegungsphasen zusammensetzen. Egal ob traurig, ungläubig, verwirrt, erstaunt oder sauer, es gibt kaum einen Gemütszustand, den der Hauptcharakter nicht darstellen kann. In seltenen Szenen darf Sadwick sogar kichern, die Augen verdrehen oder angewidert dreinschauen, wenn der zwielichtige Ruben von den Vorlieben seines Haustieres berichtet. Dabei verändert sich aber nicht nur der Gesichtsausdruck Sadwicks, all seine Reaktionen werden zusätzlich anhand seiner Körpersprache deutlich. Auch die meisten Nebencharaktere bieten mehr als nur ein paar Standards. Obwohl der Hauptcharakter so vielseitig ist, setzten die Entwickler das große Repertoire insgesamt eher verhalten ein, womöglich, da die massive Aneinanderreihung von Gesichtsanimationen schnell aufdringlich wirken kann. Wo es passt, werden die Möglichkeiten aber auch stärker ausgenutzt.

Die Mundbewegungen der Nebencharaktere passen nicht immer zum Text. Handlanger Bando zum Beispiel weist bei manchen seiner Seufzer dieselbe Gesichtsanimation auf wie während er laut brüllt. Das fällt aber nur dann auf, wenn man ganz genau hinsieht.

Neben der vielfältigen Mimik und Gestik bieten Sadwick und Co. auch eine ganze Reihe Spezialanimationen, die verschiedenste Aktionen begleiten. Unser trauriger Clown bittet die putzige Raupe zum Beispiel, durch ein Loch im Rauchabzug ins Innere des Ofens im Wohnwagen zu steigen, um von dort aus die Klappe zu öffnen. Nachdem Spot sein Werk vollendet und den Ruß abgeschüttelt hat, wird er von seinem Herrchen äußerst liebevoll zu seiner Leistung beglückwünscht und ordentlich durchgeknuddelt. Es werden zwar nicht alle Aktionen so aufwändig dargestellt, wenn jedoch eine besondere Animation erfolgt, sieht sie auch richtig klasse aus.

Außer Sadwick und Spot gibt es nur wenige Spielfiguren, die sich durch die einzelnen Szenen bewegen. Ben steht vor dem Wohnwagen und jongliert mit ein paar roten Bällen, sein Opa wippt ein bisschen im Schaukelstuhl und Bandos Boss Ruben sitzt immer hinter seinem großen Schreibtisch. Erst in späteren Kapiteln sieht man manche der übrigen Charaktere umherlaufen. Dennoch sind auch die Nebencharaktere insgesamt vielfältig und ansprechend animiert.

Scrolling in Vollendung

Parallax-Scrolling bezeichnet das unterschiedlich schnelle Scrolling verschiedener Bildebenen und ist eigentlich ein alter Hut. So viele Ebenen wie bei The Whispered World bewegen sich aber selten voreinander weg, und so schön gezeichnete Szenen sieht man auch nicht alle Tage. Ein Augenschmaus!


Die Hintergrundanimationen ergänzen zusammen mit dem Parallax-Scrolling die Szenen, um für eine glaubwürdig lebendige Spielwelt zu sorgen. Meistens handelt es sich dabei um mehrere kleinere oder mittelgroße Bildteile, wie etwa ein paar Fliegen, die in der Küche umherschwirren oder Rauch, der aus einem Kamin aufsteigt. In einer kleinen Höhle gibt es einige große Pilze, die sich passend zu ihren Furz-ähnlichen Lauten im Takt bewegen, in Opas Wohnwagen brodelt der große Kessel, in dem er wieder mal eine seiner ungenießbaren Mahlzeiten zubereitet und an einer späteren Stelle beleben mehrere große Wasserfälle die Szenerie. Wer sich die Umgebung näher ansieht, wird unzählige solcher Details entdecken.

Besonders schön gelungen sind die vielen Kerzen mit ihren flackernden Lichtkegeln und die sonstigen Lichtquellen im Spiel. Gerade in der zweiten Spielpassage sind solche stimmungsvollen Elemente häufig anzutreffen. In einem späteren Kapitel strahlt die Sonne durch die Fenster und bricht sich am Dunst in der Luft. Toll.

Abgerundet wird die optisch Präsentation des Spiels durch ein paar hübsch animierte Zwischensequenzen, die die märchenhafte Geschichte ansprechend in die jeweils nächsten Abschnitte überleiten.

Und es dreht sich doch.

Sound

Im Soundbereich kann TWW nicht zuletzt mit seinem atmosphärischen Soundtrack begeistern. Die teils mit Live-Instrumenten eingespielten Stücke bieten vor allem Klavier-, Fagott- und Querflöten-Klänge, die die traurige, manchmal leicht düstere und bedrohliche Grundnote des Spiels wundervoll unterstreichen. Der Umfang des Soundtracks ist zwar nicht sonderlich hoch, die Qualität allerdings spricht für sich. Die Stücke liegen zudem in verschiedenen Tonlagen bzw. mit unterschiedlichen klanglichen Schwerpunkten vor, wodurch mit steigendem Spielfortschritt und je nach Spielsituation eine stets passende musikalische Untermalung vorhanden ist. Diese ist nicht sonderlich zentral oder gar aufdringlich - einzelne Abschnitte kommen gänzlich ohne Musik aus – verstehen es aber bestens, sich aus dem Hintergrund heraus subtil im Bewusstsein des Spielers zu verankern.

Zentraler, aber nicht ganz so hochklassig, ist die Sprachausgabe des Spiels. Abgesehen von Joachim Kerzel, der vor dem eigentlichen Spielstart während des Würfelrätsels zu hören ist, findet man auf der Sprecherliste ausschließlich Namen, die selbst Synchronsprecherexperten kaum bekannt sein dürften. Daedalic hat bei der Besetzung aber insgesamt ein gutes Händchen bewiesen. Fast jeder Sprecher ist absolut passend besetzt, vor allem aber haben wir nicht einen Satz gehört, der falsch betont wäre. Nicht ganz optimal ist die einzige Frauenstimme im Spiel, was man bei derem winzigen Auftritt aber verschmerzen kann. Wer sich im Vorfeld an der Stimme von Sadwick gestoßen hat, wird im Spiel selbst schnell feststellen, dass auch Gunnar Frietsch alles andere als ein Fehlgriff ist und sehr gut den Charakter des melancholischen Clowns ausfüllt.

Besonders schön ist, dass Sadwick viele Objekte, je nach gewählter Aktion, unterschiedlich kommentiert. Das ist besonders im ersten Kapitel sehr gelungen umgesetzt, weshalb es sich gerade dort lohnt, sämtliche Hotspots zu betrachten, zu benutzen und anzusprechen, selbst wenn man die jeweilige Aktion nicht als sinnvoll empfindet. In den späteren Kapiteln lohnt sich dies ebenfalls, allerdings trifft man hier weit häufiger dieselben Kommentare zu verschiedenen Aktionen an und wird auch häufiger auf solche treffen, die Sadwick an anderer Stelle im Spiel bereits gebracht hat.

Ebenfalls gelungen sind die Soundeffekte im Spiel. Die einzelnen Aktionen werden mit passenden Geräuschen unterstützt und auch die Schritt- bzw. Schlurflaute von Sadwick und Spot hören sich gut an und verändern sich merklich, je nachdem wo die beiden sich befinden. In den jeweiligen Szenen werden stimmungsvolle Geräusche eingespielt; knisterndes Feuer, plätscherndes Wasser, ein blubbernder Kochtopf, das Knarren von Türen oder Ähnliches. Bei deren Einsatz bleibt man aber eher minimalistisch.

Woher wusste ich nur,<br /><br />dass es in der Höhle Pilze geben würde?

Humorvolle Melancholie

Witzige Comic-Adventures gibt es nicht wenige, insbesondere von deutschen Entwicklern wurden wir mit solchen Spielen in den vergangenen Jahren regelrecht überschüttet. Echt und nicht aufgesetzt wirkender Humor ist sicherlich alles andere als leicht umzusetzen. Das ist aber nichts im Vergleich zu einem Abenteuer, das gleichsam schwermütig und unterhaltsam sein soll.

The Whispered World schafft diesen Spagat mit Bestnote, was in erster Linie den gut geschriebenen Dialogen und Kommentaren aus der Feder von Jan Müller-Michaelis aber auch den gut aufgelegten und nahezu perfekt eingewiesenen Sprechern zu verdanken ist.

Die zahlreichen Kommentare Sadwicks zu Objekten in der Umgebung und seine Dialogzeilen im Gespräch mit anderen Charakteren sind durchsetzt von Traurigkeit und Schwarzmalerei und lassen immer wieder durchblicken, wie gering das Selbstbewusstsein des kleinen Clowns ist, der sich eigentlich nur eines zutraut: alles nur noch schlimmer zu machen. Es gelingt, genau daraus Kapital zu schlagen, indem man im Ansatz Schadenfreude über den Mitleid erregenden, aber sympathischen Wurm erzeugt, etwa wenn Sadwick mit seiner weinerlichen und verzweifelt klingenden Stimme die Bedienungsanleitung für den Kanonentrick vorliest. Besonders in späteren Kapiteln treten aber ganz andere Wesenszüge stärker in den Vordergrund, die er sich vielleicht selbst gar nicht zugetraut hätte. Besonders unterhaltsam wird das Spiel nämlich, wenn Sadwick seine sarkastische Ader zum Vorschein bringt oder ärgerlich reagiert. Dabei wird der Spieler durchaus bewusst zum Schmunzeln angehalten, brüllend komischen Humor, der nicht unbedingt zum Spiel passen würde, vermeidet man die meiste Zeit über.

Ganz auf den leicht "geistesgestörten" Humor von Jan Müller-Michaelis, wie man ihn aus Edna bricht aus kennt, muss man aber nicht verzichten. Wer sämtliche Aktionen ausprobiert wird an einzelnen Stellen auch Kommentare entdecken, die genauso gut von Harvey stammen könnten. Der Dialog mit zwei Steinwesen geht humortechnisch ebenfalls eher in diese Richtung. Damit übertreibt Daedalic zu keinem Zeitpunkt.

Sehr geschickt werden auch weitere Details über Sadwick im Spiel untergebracht, die den Spieler plötzlich wieder stärker Anteil am Schicksal des kleinen Clowns nehmen lassen. Wer zu Beginn des zweiten Spielabschnitts mit den Kerzen interagiert, würde Sadwick wohl am liebsten in den Arm nehmen und trösten.

Ebenfalls sehr gelungen ist der spürbare Wandel in Sadwicks Gemüt, der von Kapitel zu Kapitel an seiner Aufgabe wächst, ohne es selbst zu bemerken. Ist er zu Beginn des Spiels noch sehr zurückhaltend damit, Kontra zu geben, gibt er später häufiger Widerworte, beschwert sich oder macht sich gar über einen feigen Koch lustig, der sich vor der drohenden Exekution in einem sehr speziellen Versteck verkrochen hat.

Über die Nebenfiguren und Landschaften in TWW möchte man manchmal gerne etwas mehr erfahren, das ändert aber nichts daran, dass die Spielwelt und sämtliche Charaktere, allen voran Sadwick, absolut glaubwürdig umgesetzt sind und zusammen mit der einzigartigen Story für eine Spieltiefe sorgen, wie man sie in einem Comic-Adventure selten antrifft.

Licht aus, Spot an.

Die meisten Adventures wollen auch spielerisch mit Abwechslung, Vielfalt und Einfallsreichtum im Rätseldesign punkten und gleichzeitig möglichst viel Komfort bieten. Dabei wird jedoch häufig weitestgehend auf anspruchsvolle Knobeleien verzichten. Bei The Whispered World ist das etwas anders.

Sämtliche Aktionen in der geflüsterten Welt lassen sich mit der linken Maustaste ausführen. Hält man diese Maustaste kurz gedrückt erscheint ein kleines Menü, über das man Zugriff auf drei Aktionssymbole (betrachten, benutzen, reden) hat. Mit einem Rechtsklick öffnet man das Inventar. Die immer häufiger anzutreffende Hotspotfunktion, die man per Leertaste aktiviert, hat ihren Weg ebenfalls in das Comic-Adventure gefunden. Da sich die relevanten Objekte eher selten deutlich vom Hintergrund abheben, ist der Einbau dieser Spielhilfe allerdings mehr als sinnvoll.

Die Rätsel selbst beschränken sich aber bei weitem nicht auf das Voranklicken, bei dem man höchstens ein paar Inventarobjekte miteinander oder mit der Umgebung kombinieren muss, sondern bieten auch Fortgeschrittenen und Profis immer wieder etwas anspruchsvollere Aufgaben.

Während das erste Kapitel noch aus überwiegend leichteren Rätseln besteht, die mithilfe zahlreicher Hinweise in Dialogen und Kommentaren schnell gelöst sind, steigt der Schwierigkeitsgrad im weiteren Verlauf des Abenteuers spürbar an. Die Rätsel werden komplexer und umfangreicher, außerdem mehren sich Abschnitte mit längeren, stärker ineinandergreifenden Rätselketten, die auch erfahrenere Spieler nicht im Vorbeilaufen lösen werden. Denn auch direkte Hinweise auf die Lösung gibt es später spürbar weniger, besonders im dritten Kapitel, das im Vergleich mit den drei anderen spielerisch etwas abfällt. Dort ist ein genaueres Beobachten der Umgebung und hin und wieder auch Ausprobieren gefragt. Im Laufe des Abenteuers trifft man darüber hinaus auf Labyrinth-, Schalter- und Logikrätsel. Zu nennen sind auch die verschiedenen Puzzle-Rätsel, die vielleicht nicht jedermanns Sache sind. In einer Szene müssen wir zum Beispiel ein Logik-Puzzle mit Schachfiguren lösen, an einer anderen Stellle muss ein Mosaik neu zusammengesetzt werden.

Nachts sind alle Raupen grün.

Das Rätseldesign, das häufiger von Genreklassikern wie Indiana Jones and the Fate of Atlantis inspiriert zu sein scheint, ist jedenfalls erfreulich vielseitig und beschränkt sich bei weitem nicht auf Standardrätsel oder das „Abarbeiten“ von Dialogen. Unter anderem müssen auch Dialogrätsel gelöst werden. Dabei handelt es sich nicht um verschachtelte Dialogabfolgen, die erst bei einer bestimmten Reihenfolge die entscheidende Sprechzeile freischalten, sondern um solche, bei denen man in einer festgelegten Abfolge eines Fragenkatalogs immer die richtige Antwort wählen muss. TWW bietet damit als eines der wenigen Adventures der letzten Jahre Dialogrätsel, die diesen Namen auch verdienen.

Sadwicks Begleiter Spot ist ein wichtiger Teil des Rätseldesigns. Im Laufe des Spiels kann er sich in vier spezielle Formen verwandeln, die der Spieler sich nach und nach in den ersten drei der vier Kapitel erarbeiten muss. Unter anderem gibt es einen Feuerspot, mit dessen Hilfe man zum Beispiel eine Kerze entzünden kann. Im ersten Kapitel handelt es sich meist um kleinere Aktionen, später wird die Verwendung von Spot, auf dessen Fähigkeiten man über ein gesondertes Menü am rechten Bildschirmrand zugreifen kann, häufiger notwendig.

Zu Beginn von Kapitel 4 gibt es sogar einen kleinen Abschnitt, in dem Spot auf sich alleine gestellt ist und mithilfe seiner besonderen Fähigkeiten ein großes Tor öffnen muss. Das ist genial gemacht und gehört sicherlich zu den spielerischen Highlights des Spiels.

Besonderen Einfallsreichtum beweist Daedalic auch im dritten Kapitel. Dort hat man sich offenbar vom Parallax-Scrolling zu einem kleinen Rätsel inspirieren lassen. Ebenfalls klasse ist das Planetenrätsel. Spätestens hier ist man gut beraten, Papier und Bleistift zur Hand zu haben. Von dort aus ist es auch nicht mehr weit zum gelungenen Finale, das die meisten nach ca. 15-16 Spielstunden sehen dürften.

Sadwicks Begleiter Spot erweist sich immer<br /><br />wieder als äußerst hilfreich.

Fazit

The Whispered World ist das geworden, was viele schon seit Monaten erwarten: Ein absolutes Klasse-Adventure. Das gilt für die optische und akustische Präsentation, Story sowie Charakterdesign und ebenfalls für weite Teile der spielerischen Komponente. TWW schafft es, den Spieler gleichsam Anteil am Schicksal des traurigen Clowns Sadwick nehmen zu lassen und immer wieder gemeinsam mit ihm aus dem Trübsal zu entkommen, wenn die Spielfiguren den Mund aufmachen oder wenn man Sadwicks niedlichen Begleiter Spot dabei beobachtet, wie er alles scheinbar vollkommen unbeschwert nimmt wie es kommt.

Die fantastische, glaubwürdige Märchenwelt und die Charaktere, die sie bevölkern, überzeugen mit viel Liebe zum Detail und regen zum Träumen, Nachdenken und genau im richtigen Maße auch zum Schmunzeln an. Kurz gesagt: The Whispered World ist unterhaltsam und mitreißend und begeistert auch über das Verlassen des Spiels hinaus.

Zum Genre-Meilenstein hat es vielleicht nicht ganz gereicht und für Adventure-Frischlinge ist es ab und zu vielleicht einen Tick zu schwer. Das ändert aber nichts daran, dass The Whispered World zu den besten Adventures der letzten zehn Jahre gehört und sich auch in diesem Jahr nicht hinter der starken Konkurrenz verstecken muss.

thumb
Die Würfel sind gefallen. Die Erstauflage von The Whispered World wird zusätzlich zum Spiel verschiedene Beigaben enthalten: Neben ein paar Goodies wird das Spiel zudem mit einem besonderen Kopierschutz ausgestattet sein, der an die Drehscheiben von Monkey Island 1 und 2 erinnert. Beim Spielstart fordert die Stimme von Joachim Kerzel (Sprecher von Anthony Hopkins u.a.) den Spieler auf, einen Code einzugeben. Dazu benötigt man drei 12-seitige Würfel, die man anhand des abgebildeten Symbols in eine bestimmte Stellung bringen muss, damit man das fehlende Symbol korrekt ablesen kann. Zuletzt hatte Deck13 eine ähnliche Idee in Ankh 2 umgesetzt. Ganz auf ein technisches Kopierschutz-Verfahren hat man für das Würfelsystem jedoch nicht verzichtet. TWW ist zusätzlich mit dem Tagès-Kopierschutz ausgestattet, welcher allerdings lediglich die Original-DVD im Laufwerk abfragt. Einen Key-Code oder gar eine Online-Aktivierung gibt es - wenigstens in der Erstauflage - nicht.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Ich habe mich in der geflüsterten Welt sehr wohl gefühlt. Optisch hat mich The Whispered World überzeugt, spielerisch über weite Strecken abwechslungsreich und fair gefordert, mit seinen humorvollen und gut geschriebenen Dialogen unterhalten und es geschafft, mich tiefer in Sadwicks Märchen-Abenteuer zu ziehen, als ich es erwartet hätte.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • wunderschöne 2D-Comicgrafik
  • melancholisch und humorvoll zugleich
  • abwechslungsreiches, teils anspruchsvolles Rätseldesign
  • passende und gut aufgelegte Sprecher
  • hohe Spielzeit
  • einzelne etwas undurchsichtige Rätsel
  • recycelte Kommentare zu Hotspots
  • vergleichsweise hohe Hardwareanforderungen