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Test

von  Michael Stein
09.07.2010
Black Sails - Das Geisterschiff
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch

Vom Regen in die Traufe

Wir schreiben das Jahr 1886. Anna, eine junge Journalistin, ist mit einem Schiff auf dem Weg von Amerika nach Europa, um dort einige Artikel zu schreiben. Bei einem Unwetter sinkt das Schiff und sie findet sich an ein Holzstück geklammert in offenem Gewässer wieder. Lex, ein weiterer Passagier, hat ebenfalls überlebt und nachdem sie eine Zeit lang durch den Ozean treiben, taucht plötzlich ein Segelschiff auf. Die beiden schaffen es, sich durch ein Fenster der Kapitänskajüte an Bord zu retten, doch die Mannschaft ist nicht zu finden. Kurz darauf verletzt sich Lex schwer und Annas erste Aufgabe besteht darin, Verbandsmaterial und Desinfektionsmittel zu finden, um den mürrischen und eigennützigen Lex zu versorgen. Das ist nicht ganz einfach, denn die Tür zur Kapitänskajüte ist verschlossen. Zuerst muss also ein Weg gefunden werden, um die weiteren Bereiche des Schiffes erkunden zu können.

Lex geht es nicht gut. Schnelle Hilfe ist jetzt wichtig.

Direkter Einstieg

Die Vorgeschichte wird in einer Sequenz aus nur spärlich animierten Zeichnungen präsentiert, in der Anna kurz die Geschehnisse erzählt, durch die sie und Lex an Bord des Schiffes kommen. Danach wird der Spieler unmittelbar ins Spielgeschehen geworfen. Kleine Hilfetexte erklären anfangs die Steuerung. Ein Logbuch protokolliert die anstehenden und erledigten Aufgaben. Das ganze Spiel erlaubt sich keine Längen, der Spieler weiß immer, was als Nächstes zu tun ist. Dadurch wird der Spielfluss aufrecht erhalten, andererseits ergibt sich daraus eine Spielzeit von nur vier bis fünf Stunden. Diese ist in fünf Abschnitte unterteilt, bei denen im ersten, dritten und fünften Kapitel Anna die spielbare Figur ist. Die anderen beiden Kapitel spielen zeitlich einige Jahre vorher und sind etwas kürzer, hier schlüpft der Spieler in die Rolle des kleinen Mädchens Fiona.

Einfache Bedienung

Die Bedienung von Black Sails dürfte auch für unerfahrene Spieler kein Hindernis darstellen. Auf den Einsatz der rechten Maustaste und der Tastatur wird verzichtet. Am oberen Bildrand ist das Inventar permanent eingeblendet, links daneben befindet sich ein Lupen-Symbol, auf das Gegenstände gezogen werden können, um sie näher zu betrachten. Wird das Inventar zu voll, erscheinen links und rechts davon Pfeile, mit denen die Inventargegenstände durchgescrollt werden können. Ein einfacher Klick auf einen Gegenstand nimmt ihn aus dem Inventar, wodurch er am Mauszeiger kleben bleibt, mit einem weiteren Klick kann er auf einen anderen Inventargegenstand oder auf ein Objekt in der Umgebung angewendet werden. In der linken unteren Ecke des Bildschirms befinden sich Schaltflächen für die Hotspot-Anzeige, das Optionsmenü und das Logbuch. Fährt man mit dem Mauszeiger über das Icon der Hotspot-Anzeige, werden alle anklickbaren Bereiche im aktuellen Sichtbereich angezeigt, wobei auch ersichtlich wird, welche Aktion damit ausgeführt werden kann. Das Spiel entscheidet selbst, wie bei einem Klick darauf verfahren wird. In der Regel schaut man Gegenstände an und erhält eine Beschreibung oder einen Kommentar, einige Objekte werden dadurch eingesteckt oder manipuliert. Gelaufen wird, indem man einfach auf einen freien Bereich in der Umgebung klickt. Hierbei wechselt die Kameraperspektive in der 3D-Umgebung automatisch, was stellenweise zu Orientierungsproblemen führen kann. Gerade in den dunklen Gängen im Bauch des Schiffes oder im recht großen Raum der Messe ist es nicht immer einfach, zum gewünschten Ort zu kommen und es dauert eine Weile, bis man weiß, welche Stellen man anklicken muss, um zielgerichtet zu navigieren. Auch bleibt die Spielfigur immer mal wieder an Einrichtungsgegenständen hängen oder läuft einfach von hinten durch eine Treppe. Ein Doppelklick lässt die Spielfigur zur gewünschten Position rennen.

Begrenzte Spielwelt in düsterer Umgebung

Das Schiff, auf dem man sich über das ganze Spiel hinweg bewegt, ist nicht besonders groß. Dafür versprüht die Grafik aber eine schaurig schöne, düstere Atmosphäre. Die Texturen sind ordentlich, die Objektkanten wirken glatt. Die Charaktermodelle fügen sich gut in die Umgebung ein und sehen auch selbst recht ordentlich aus. Beim Sprechen bewegen sich die Lippen der Figuren fast synchron zur Sprache, lediglich die Bewegungen der Körper und Gliedmaßen könnten abwechslungsreicher und besser ausgearbeitet sein. Die Laufanimationen machen einen guten Eindruck, wenn auch manche Animationsübergänge beim Anklicken von Objekten nicht ganz sauber gelöst sind. Insgesamt kann man behaupten, dass Black Sails grafisch zwar keine Sensation ist, aber dennoch gut aussieht. Optional lässt sich zweifaches oder vierfaches Antialiasing zuschalten.

Gruselige Sounduntermalung

Die Musik in Black Sails ist nicht besonders abwechslungsreich. Es gibt nur wenige Musikstücke, die sich nach maximal zwei Minuten wiederholen. Generell vermag die Hintergrundmusik dabei zwei Gefühlszustände zu vermitteln; entweder spannend und geheimnisvoll oder dramatisch und gefährlich. Die mangelnde Vielfalt stört hier nicht besonders, da die Stücke die Atmosphäre gut transportieren. Besser sieht es bei den Soundeffekten aus, die zahlreich vorhanden sind und so ziemlich jede Aktion und Szene akustisch stimmungsvoll untermalen. Die Sprachausgabe ist bis auf den einen oder anderen Nebendarsteller ordentlich eingesprochen. Besonders die Vertonung der kleinen Fiona weiß zu gefallen.

Auf den Einsatz komplexer Maschinenrätsel wird bewusst verzichtet,<br /><br />wenn sie vorkommen, dann sind die Rätsel eher einfach

Spannung versprechen ist nicht schwer, sie zu bieten dagegen sehr

Ein verlassenes Schiff, zwei Schiffbrüchige, ungeklärte Umstände an Bord und zwei Charaktere, die sich nicht leiden können, das bietet guten Stoff für eine spannende Geschichte. Um es vorwegzunehmen, viel macht Black Sails nicht falsch. Durch die kompakte Präsentation und die Fähigkeit des Spiels, den Spielfluss permanent am Laufen zu halten, ergibt sich ein tolles Spielgefühl. Untermauert wird dies durch geschickt eingestreute, teilweise unerwartete und gut eingebettete Zwischensequenzen, die sich nicht wiederholen und dadurch nicht abnutzen. Dadurch entsteht hin und wieder erhöhter Puls und auch die Enge im unteren Bereich des Schiffes vermag ein Gefühl der Klaustrophobie zu vermitteln. Zusätzlich klären die Filmsequenzen nicht immer die Fragen, die die Geschichte aufwirft; teilweise werfen sie auch neue auf und treiben den Fortgang der Story in eine andere Richtung. Weiterhin entwickelt diese sich im Laufe des Spiels durch die Problemstellungen, die ein maroder, besatzungslos vor sich hin treibender Kahn so mit sich bringt. Einbrechende Treppen, reißende Taue und nicht funktionierende Einrichtungsgegenstände bescheren eine ordentliche Portion an Aufgaben, die gelöst werden wollen. Die Rätsel wirken dabei an keiner Stelle konstruiert oder aufgesetzt, alles ist logisch nachvollziehbar. In der Regel müssen Gegenstände manipuliert oder kombiniert werden, wobei auch gerne mal auf die konstruktionsbedingten Gegebenheiten des Schiffs zurückgegriffen wird. Manche der Rätsel sind durchaus pfiffig, allerdings dürften Adventure-Experten etwas unterfordert sein, denn der Schwierigkeitsgrad liegt eher auf Anfänger-Niveau. Auf den Einsatz komplexer Maschinenrätsel und endloser Dialoge wurde verzichtet, ebenso auf leidige Schieberätsel. Insgesamt ist die Atmosphäre eine der großen Stärken von Black Sails. Ein kleiner Wermutstropfen bleibt aber doch, denn welche der beiden Endsequenzen man zu sehen bekommt, entscheidet sich erst im Schlussdialog, wodurch dieser Punkt als Grund für ein erneutes Spielen eher nicht greift. Die Schluss-Sequenzen selbst sind auch eher kurz ausgefallen, sodass am Ende noch einige Fragen offen bleiben.

Fazit

Black Sails ist zwar nicht besonders lang, dafür aber sehr kompakt. Damit macht es etwas richtig, was viele andere Adventures falsch machen. Es verzichtet auf alle Elemente, die bei anderen Spielen oft eingesetzt werden, um die Spielzeit künstlich zu strecken. Grafisch spielt es zwar nicht ganz in der obersten Liga mit und auch der Soundtrack ist etwas mager ausgefallen, beides erfüllt aber seinen Zweck und trägt ausreichend zur guten und teilweise richtig knisternden Atmosphäre bei. Zwar merkt man Black Sails an, dass das Budget wohl recht begrenzt war, was Deck13 aber letztendlich daraus gemacht hat, kann sich sehen lassen.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Black Sails hat mir gut gefallen. Es ist zwar etwas kürzer als der Durchschnitt, dafür bleibt nach dem Ende aber noch genug Raum für eigene Interpretation und nichts im Spiel machte den Eindruck, als würde es nicht dorthin gehören. Vor allem hat mir aber gefallen, dass offenbar bewusst darauf geachtet wurde, den Spieler nicht zu langweilen. Beim Abspann hatte ich ein ähnliches Gefühl, das sich auch nach dem Schauen eines gut inszenierten Spielfilms einstellt, nämlich für wenige Stunden gut unterhalten worden zu sein.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • guter Spielfluss
  • spannende Atmosphäre
  • Verzicht auf unnötige Rätsel
  • Geschickt platzierte Zwischensequenzen
  • unsaubere Animationen bei den Figuren
  • etwas zu abruptes Ende