Turmoil Games aus Finnland versprechen mit ihrem ersten Adventure Alpha Polaris einen Grusel-Thriller im ewigen Eis. Publisher Just A Game hat hierfür die deutsche Synchronisation übernommen und das Spiel Ende Juni in die deutschen Regale gebracht. Wir haben uns das Erstlingswerk der Finnen genauer angesehen und berichten, ob sich der Ausflug in die Eiswüste Grönlands lohnt.
Der Norweger Rune Knudsen hat in der arktischen Ölforschungsstation Alpha Polaris inmitten des ewigen Eises Quartier bezogen, um das Verhalten von Eisbären zu studieren, während seine drei Mitbewohner eher kommerzielle Interessen verfolgen. Im Auftrag einer Ölbohrgesellschaft besteht ihre Aufgabe darin, Ölfelder aufzuspüren und zu analysieren. Eines Tages findet Al Schaumann, der Älteste der Crew, eine Eisspalte, die ein großes Ölfeld beherbergt. Als er Proben davon nimmt, stößt er auch auf Überreste von Haut und Knochen, die seltsame Symbole aus längst vergessenen Zeiten preisgeben und bringt sie mit zur Station. In der folgenden Nacht beginnen die ersten Albträume bei den Bewohnern. Mit der Zeit spitzt sich die Lage immer weiter zu, was zu Misstrauen in der Gemeinschaft führt, bis es zu ernsten Zwischenfällen kommt.
Die Bedienung von Alpha Polaris ist schnell erklärt. Das Third-Person-Adventure verwendet eine einfache Point-and-Click-Mechanik; Linksklick dient zum Laufen, Rechtsklick zum Betrachten. Über ein Rucksack-Symbol am unteren linken Bildrand lässt sich das Inventar horizontal ein- oder ausklappen. Ein Doppelklick auf einen Ausgang kürzt die Laufwege ab, Dialoge können mit einem einfachen Mausklick übersprungen werden. Wer die Geheimakte-Adventures gespielt hat, dem wird die Steuerung von Alpha Polaris direkt geläufig sein, denn genau diese Spiele liefern die Vorlage, wie Projektleiter Teemu Vilén bereits in unserem Interview angekündigt hat.
Grafisch präsentiert sich Alpha Polaris mit detailliert gezeichneten 2D-Hintergründen, die optisch einen ansprechenden Eindruck hinterlassen. Während der Dialoge werden Ansichten der Charaktere im Comic-Look über die Szene geblendet. Diese sind spärlich animiert und wenig abwechslungsreich. Außerdem irritieren sie ein wenig, da die Gesichter der Charaktere immer der Kamera zugewandt sind, während die entsprechende Spielfigur im Hintergrund auch mal mit dem Rücken zum Spieler steht. Es dauert eine Weile, bis man sich an diesen Umstand gewöhnt hat. Die Laufbewegungen der Figuren im Spiel selbst sind gut dargestellt, gezielte Animationen beim Aufheben von Gegenständen oder Ausführen bestimmter Aktionen sucht man jedoch vergeblich. Außerdem variiert das Aussehen der Figuren je nach Ansicht. So ähnelt zum Beispiel das Gesicht von Protagonist Rune in der Spielgrafik weder seinem Konterfei in der überlagerten Dialog-Ansicht noch dem in den Zwischensequenzen. Aufgelockert wird der Titel durch gelegentliche gerenderte Zwischensequenzen, welche hübsch anzusehen, aber leicht unscharf sind. Unterm Strich ist die Grafik nicht schlecht, man merkt ihr jedoch das fehlende Budget in allen Bereichen an.
Akustisch kann Alpha Polaris nur teilweise überzeugen. Die Hintergrundmusik vermag Spannung aufzubauen, obwohl sie nicht besonders abwechslungsreich ist. Da sie sich aber überwiegend dezent im Hintergrund hält, fällt sie nicht unangenehm auf. Leider kann die deutsche Sprachausgabe selbiges nicht von sich behaupten. Zwar sind die Sprecher in Bezug auf die Stimmlage gut ausgesucht und passen auch zu den Charakteren, sie vermögen es aber kaum, die Stimmungen der Stationsbewohner, vor allem in angespannten Situationen, zu transportieren. Grund hierfür dürfte sein, dass die Sprecher anscheinend weder die Geschichte des Spiels kannten noch die kompletten Dialoge im Überblick hatten. Letzteres macht sich besonders negativ bemerkbar, denn viele der Dialogzeilen sind im Hinblick auf den Zusammenhang im Gespräch falsch betont. Dabei handelt es sich nicht um Einzelfälle, dieses Manko zieht sich durch das ganze Spiel und hat erheblichen Einfluss auf die Atmosphäre. Die Soundeffekte hingegen passen zu den Aktionen, auch wenn sie etwas spärlich gesät sind.
Rätseltechnisch kann Alpha Polaris zumindest von sich behaupten, dem Spieler keine unlogischen oder innerhalb der gegebenen Situationen unpassenden Aktionen als Aufgabe vorzusetzen. Jede vom Spieler auszuführende Aufgabe passt in den Plot, sodass die Rätsel als vollständig integriert angesehen werden können. Was den Schwierigkeitsgrad angeht, ist Alpha Polaris eher für Anfänger geeignet. Dennoch kann an einigen Stellen Frust aufkommen, wenn bestimmte Trigger noch nicht ausgelöst sind, weil einzelne Dialog-Optionen nicht abgearbeitet oder Gegenstände nicht eingesammelt oder manipuliert wurden. Da die Räume innerhalb und um die Station begrenzt sind und ein großer Teil davon bereits von Anfang an begehbar ist, müssen allzu oft die gleichen Räume immer wieder abgelaufen und nach Hinweisen durchsucht werden. Dazu kommen Rätsel, bei denen Lösungswörter beim Übersetzen von Symbolen über die Tastatur eingegeben werden müssen. Wer hier nicht richtig sein integriertes Notizbuch liest oder einen Begriff falsch interpretiert, kann schnell an einen Punkt geraten, an dem Frust entsteht. Ansonsten bietet Alpha Polaris größtenteils Inventar- und Dialogrätsel sowie wenige Technik-Rätsel wie das Anwerfen eines Generators mit Starterklappe. Die Lösung vieler dieser Aufgaben ist offensichtlich, die Schwierigkeit besteht aber auch hier darin, durch Finden der richtigen Auslöser überhaupt in die Situation zu kommen, diese Rätsel lösen zu dürfen.
Die wichtigste Frage bei einem Grusel-Spiel ist natürlich, ob die Story den versprochenen Grusel-Flair an den Spieler weitergeben kann. In diesem Fall lautet die Antwort: jein. Grundsätzlich ist die Geschichte gut durchdacht und könnte auch eine brauchbare Grundlage für ein spannendes Spiel liefern. Alpha Polaris verfehlt dieses Ziel zwar nicht um Längen, denn einige Momentaufnahmen, besonders in der zweiten Spielhälfte, erzeugen durchaus ein schauriges Gefühl. Auch fällt positiv auf, dass die Charaktere ausreichend vorgestellt werden und stellenweise Einblicke in ihre Vergangenheit gewähren, was ihrer Glaubwürdigkeit zugute kommt. Insgesamt funktioniert der Psycho-Horror-Mix aber eher nicht, woran eine Mischung aus zu langen Ladezeiten, zu fadem Spannungsbogen und der extrem am Ziel vorbeischießenden Sprachausgabe die Schuld trägt.
Alpha Polaris hätte ein tolles Spiel werden können. In erster Linie hätte eine bessere Dialog-Regie viel von dem retten können, was Turmoil Games ihrem Debüt mit auf den Weg geben wollten. Leider ist am Ende genau das Gegenteil passiert; die Synchronisation schadet dem Spiel mehr, als dass sie es verbessert. Dazu kommen leichte technische Mängel und Design-Schnitzer. Letztlich bleibt ein Spiel, das zwar gut gedacht, aber leider nicht ganz so gut gemacht ist. Die Spielzeit dürfte bei 5-7 Stunden liegen.
Schade, schade, schade. So viel verschenktes Potential wie bei Alpha Polaris habe ich lange nicht gesehen. Dabei trifft die Entwickler nicht einmal der Löwenanteil der Schuld, denn mit einer richtig gut gemachten Lokalisierung hätte das Spiel trotz seiner technischen Mängel durchaus noch gerettet werden können. So wurde leider eher noch nachgetreten als ausgebessert. Der Versuch war gut, aber das Ergebnis kann nicht vollständig überzeugen.
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