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Test

von  Michael Stein
12.12.2011
Relics: Dark Hours
Getestet auf Windows, Sprache Englisch

FMV-Adventures sind in den letzten Jahren rar geworden. Hohe Produktionskosten und mäßige Aussichten auf Erfolg schrecken sowohl Publisher als auch Entwickler ab, finanzielle Mittel für Spiele mit real gefilmten Schauspielern bereit zu stellen. Dennoch bedienen sich unabhängige Spielemacher immer wieder dieser einst so hoffnungsvollen Technologie. Der neueste Vertreter dieser Gattung ist Relics - Dark Hours des amerikanischen Entwicklers Subdued Games. Wir haben uns den Titel für Euch angesehen.

Tragische Tode im Hause Hunter

In den letzten Jahren hat Matthew Hunter seinen Großvater und seine Eltern verloren. Sie alle alle starben viel zu früh - unter äußerst seltsamen Umständen. Sein Großvater war im Besitz einer Sammlung mysteriöser Relikte und als Matthew den Brief eines Freundes seines Vaters erhält, verdichtet sich der Verdacht, dass eines dieser Relikte, welches inzwischen verkauft wurde, für das Unglück in der Familie verantwortlich sein könnte. So sieht er sich gezwungen, dieses zu finden und wieder zurück in die Sammlung zu bringen, um den Fluch zu brechen. Aus verschiedenen Zeitungsartikeln erfährt Matthew, dass in der Kleinstadt Pleasanton/Nebraska auf unerklärliche Weise Menschen verschwinden, was im Zusammenhang mit einem der verkauften Relikte stehen könnte. So schleicht er sich abends unter dem Vorwand, die neue Reinigungskraft zu sein, in das Gebäude der Ridgecrest Highschool ein.

Ich sehe echte Menschen

Relics - Dark Hours besteht im Grunde aus Fotografien, die in einer echten Highschool in den USA aufgenommen wurden. Als Vorlage dienten Gänge, Klassenräume, wissenschaftliche Schulungsräume, ein Kunstraum und diverse Büros. Diese wurden dann so zusammengesetzt, dass ein Komplex mit drei Stockwerken entsteht, die nach und nach freigespielt werden können. Der Spieler kann sich zwischen vorgegebenen Punkten bewegen und über Hotspots nach links, rechts oder um 180 Grad drehen. Weitere Hotspots dienen der Fortbewegung, wobei Pfeile die mögliche Richtung anzeigen. Trifft Matt auf andere Charaktere, werden diese in Form von Videosequenzen eingespielt, die im Bluescreen-Verfahren aufgenommen und über die existierenden Hintergründe gelegt wurden. Der Übergang von Standbild- in den Video-Modus geschieht hierbei ohne merkliche Ladezeiten und störungsfrei, sodass der Eindruck entsteht, die Figuren würden einfach in das existierende Bild laufen. Die Schauspieler wurden gut ausgewählt und passen perfekt in ihre Rollen. Auch ist ihre schauspielerische Leistung glaubwürdig und trägt damit gut zur Atmosphäre bei. Insgesamt kommen im Spiel fünf Darsteller zum Einsatz.

Wer ist so spät noch unterwegs?

Die Suche nach dem geheimnisvollen Relikt ist die primäre Aufgabe im Spiel. Auf dem Weg dahin stellen sich dem Spieler einige Aufgaben. So müssen die anwesenden Personen befragt, Türen geöffnet und Informationen gesammelt werden. Unter den Charakteren befindet sich auch der Geist von Matts verstorbenem Vater, welcher ihm gelegentlich die Richtung weist. Auch der Geist der Kunstlehrerin Rachel, die unter mysteriösen Umständen in der Schule ums Leben gekommen ist, zeigt Matt hin und wieder den richtigen Weg. Die meiste Zeit verbringt der Spieler jedoch damit, die nächste Aufgabe zu finden. Das wird durch die sehr unübersichtliche und teils verwirrende Anordnung der Räumlichkeiten und die schlechte Anordnung der Bewegungs-Hotspot stark erschwert. Steht Matt beispielsweise an einer Gang-Kreuzung, kann er die Abzweigungen links und rechts nicht mehr sehen. Der Spieler weiß in diesem Moment nicht, ob er in diese Richtungen abbiegen kann. Dreht er sich dann in eine Richtung, kann es passieren, dass er direkt mit der Nase vor einer Wand steht. Dazu kommt, dass die Fortbewegungs-Hotspots, über die nach vorne, vorne links oder vorne rechts gelaufen werden kann, bei der Bewegung durch Gänge auf einem relativ kleinen Bereich in der Mitte des Bildschirms positioniert sind. In einigen Räumen sind sie hingegen dort zu finden, wo es das Mobiliar gerade zulässt. Suchen muss man jedoch immer, selbst wenn man die Räume schon einige Male durchquert hat. Auch beim Öffnen von Türen steht man so dicht davor, dass man die ganze Tür absuchen muss, bis man den Hotspot gefunden hat, über den diese sich öffnen lässt. All diese Umstände führten im Test dazu, dass Szenen mehrmals besucht werden mussten, weil beim ersten mal die passenden Stellen übersehen wurde.

Spiel mir das Lied vom... Spiel mir das Lied vom... Spiel mir das...

Akustisch kann Relics - Dark Hours nur teilweise überzeugen. Die sich ständig wiederholenden vier Akkorde, die mit einem mysteriösen Zischen unterlegt sind, ziehen sich fast durch das ganze Spiel. Ein bisschen mehr musikalische Raffinesse hätte der Atmosphäre sicher gut gestanden. Hinzu kommen einige wenige Soundeffekte, die sich gut in das Gesamtbild einfügen, an einigen Stellen fehlen sie allerdings auch ganz. So bleibt das Spiel zum Beispiel stumm, wenn Matt versucht, eine verschlossene Tür zu öffnen. Zwar gibt dieser einen seiner sich allzu oft wiederholenden Kommentare ab, ein Geräusch ist aber nicht zu hören. Überhaupt spricht Matt sehr schnell und hastig, sodass er für nicht perfekt englisch sprechende Spieler nur sehr schwer zu verstehen ist. Daraus resultiert auch, dass die Untertitel nur äußert kurz eingeblendet werden, wodurch die Zeit oft nicht reicht, sie vollständig zu lesen. Die sprachliche Leistung der Schauspieler hingegen ist um Längen besser. Sie sind gut zu verstehen und betonen ihren Text genau richtig.

Fazit

Relics - Dark Hours hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits ist die Integration der Videosequenzen in die Foto-Hintergründe sehr gut gelungen, was dem Spiel in technischer Hinsicht Pluspunkte verleiht. Dem entgegen steht jedoch die schlecht umgesetzte Navigation, die permanent zu Orientierungslosigkeit und Verwirrung führt. Letztere trägt dazu bei, dass die Spielzeit sich signifikant verlängert, ohne dabei echten spielerischen Inhalt zu bieten. Und hier zeigt sich ein weiterer Schwachpunkt, denn selbst wenn man diesen Umstand mit einrechnet, ist das Spiel nach etwa drei Stunden beendet. Wirkliche Denkaufgaben begegnen dem Spieler in dieser Zeit eher selten. Die Story hingegen ist gut durchdacht und auch das Finale kann sich sehen lassen. So stellt sich die Frage, wem man Relics - Dark Hours empfehlen kann: FMV-Fans sollten sich diesen Titel auf jeden Fall ansehen, denn schließlich ist die Auswahl neu erschienener Titel in diesem Sektor mehr als mager. Fans traditioneller storybasierter First-Person-Adventures könnten an diesem Titel ebenfalls Gefallen finden, sollten sich jedoch im Vorfeld die Demo-Version bei BigFish Games ansehen.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Nach dem Ende dieses Spiels bin ich geteilter Meinung. Ich finde es gut, dass es immer noch Entwickler gibt, die sich dem Thema FMV annehmen, ungeachtet des zu erwartenden kommerziellen Misserfolgs. Warum jedoch die schon so oft in First-Person-Adventures angesprochenen Fehler in der Navigation immer und immer wieder gemacht werden, wird mir wohl auf ewig verborgen bleiben. Ist es denn so schwer, den eigenen Standpunkt ein Stück nach hinten zu versetzen, sodass wenigstens die Kanten der Gänge links und rechts noch sichtbar sind? Ist es wirklich nötig, beim Vorwärtslaufen auch heimlich die Blickrichtung zu ändern und können die Hotspots, die zur Fortbewegung nötig sind, nicht so groß sein, dass man sie auch findet, ohne explizit nach ihnen zu suchen? Abgesehen von diesen Mankos ist Relics - Dark Hours kein unbedingt schlechtes Spiel, allerdings auch kein wirklich gutes. Zu zäh ist das Gameplay, zu einfach sind die Rätsel, da kann auch die recht interessante Story nicht mehr viel retten.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Gute Video-Implementierung
  • Interessante Story
  • Schlechte Wegfindung
  • Unlogische Steuerung
  • Langweilige Vertonung
  • Viel zu leichte Rätsel