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Test

von  endserenader
19.02.2012
Time Gentlemen, Please!
Getestet auf Windows, Sprache Englisch

Der Nachfolger von Ben There, Dan That! beschert uns ein Wiedersehen mit Ben Ward und Dan Marshall, den zwei englischen Titelhelden mit einem Faible für Adventure-Spiele, bissigen Humor und Magnum P.I.. Nach ihrer Entführung durch vermeintliche Außerirdische und ihrem Streifzug durch allerlei absurde Paralleldimensionen im ersten Abenteuer hat sich eigentlich alles zum Besten gewendet: Denn obwohl die beiden prinzipiell nur an einem gemütlichen Fernsehabend auf der heimischen Couch interessiert waren, ist ihnen am Ende ganz unverhofft die Weltherrschaft in den Schoß gefallen. Doch viel Zeit zum Auskosten ihrer neuen Machtposition bleibt den zwei Londonern nicht, bevor das nächste Abenteuer nach ihnen ruft…

In Time, Gentlemen, Please! verschlägt es die beiden diesmal auf eine Zeitreise in die 1940er Jahre, wo es mit gewohnter Gag-Dichte zur Sache geht. Haben ihre Eskapaden im Erstlingswerk noch überall Chaos und Verwüstung hinterlassen, fällt nun ausgerechnet ihnen die Rettung der Menschheit im Kampf gegen einen historischen Erz-Übeltäter zu. Ob das gut gehen kann?

Everybody wants to rule the world

Als Einleitung beleuchtet eine simple, aber charmante Slide-Show zunächst die Vorgeschichte des Adventures; sie verrät uns, warum Ben und Dan kürzlich zu bejubelten Weltherrschern aufgestiegen sind. Nach der Quasi-Apotheose stehen sie jedoch vor einem ärgerlichen Problem: Dank ihrer altbekannten Fahrlässigkeit haben die beiden versehentlich die Erdbevölkerung ausgerottet.

Da hilft nur eine Reise in die Vergangenheit, um alles wieder ungeschehen zu machen! Das nötige Equipment steht glücklicherweise schon bereit. Doch ihr nahezu wasserdichter Plan geht schief... Nach einer Verkettung misslicher Ereignisse geraten die zwei auf einem alternativen Zeitstrahl in das Jahr 1945 und legen sich mit Adolf Hitler an, der – vermittels ihrer ungewollten Beihilfe – nun ebenfalls auf dem besten Weg zur Weltherrschaft ist. Cor blimey!

Ben und Dan treffen auf ihren Gegenspieler.

Der klassische Dreiklang: Sex, Gewalt, Adventure-Games

Allem voran überzeugt das Spiel durch Ideenreichtum und humorvolle Texte. In alter Tradition geht es dabei oftmals unter die Gürtellinie: Vulgäre bzw. obszöne Anspielungen und extreme Gewalt finden ihre Entsprechung in der oftmals blumigen Sprache der Figuren. Der (pseudo)-historische Hintergrund leistet sein Übriges für die Ballung kontroverser Inhalte; doch andererseits bringt er uns dafür Sprachperlen wie ""I have ein meeting!"" oder auch ""I was never able to defeat den Schweinhunden Dan und Ben!""

Bei Time Gentlemen, Please! steht deshalb weder die Story im Vordergrund, noch die Figuren, sondern vielmehr die Gags. Im Zweifelsfall ist jede inhaltliche Wendung, jeder sich entwickelnde Spannungsbogen der nächsten Pointe (oder Anti-Pointe) untergeordnet. Die einzige wirklich relevante Beziehungsdynamik existiert zwischen den zwei Protagonisten; andere Figuren verbleiben recht eindimensional und größtenteils reduziert auf ihr humoristisches Potenzial. Dementsprechend mangelt es dem Spiel in seiner Gesamtheit an emotionaler (wie auch intellektueller) Tiefe, was für die Entwickler wohl aber durchaus ein akzeptables Bauernopfer war.

Mit zuverlässiger Regelmäßigkeit ereignen sich dafür allerdings Meta-Dialoge und mal mehr, mal weniger subtile Anspielungen auf Klassiker des Adventure-Genres. So wählt, als Parodie auf Indiana Jones and the Fate of Atlantis, der Spieler zwischen drei verschiedenen Handlungspfaden, die jedoch mit Ausnahme gelegentlicher Dialogabweichungen effektiv identisch sind. Auch an Day of the Tentacle (bzw. Zurück in die Zukunft) fühlt sich der popkulturell vorgeprägte Gamer unweigerlich erinnert, wenn er mit kausalen Zusammenhängen aus Vergangenheit und Zukunft herumexperimentiert... wodurch es letztendlich zu einem Finale kommt, an dem René Barjavel sein helles Vergnügen hätte.

Die zwei suchen Hilfe bei Professor Alan Hartnell -<br /><br />der in einem Haus voller Uhren wohnt.

Alles beim Alten?

Dem Look des Vorgängers – minimalistisch, aber dennoch gefällig und konsequent – bleiben Size Five Games treu. Nennenswerte Höhepunkte weist der 2D-Comic-Stil, einschließlich der gelegentlichen Zwischensequenzen in Spielgrafik, nicht auf; da erscheint es umso ärgerlicher, dass (laut Spielerfigur) die bei Weitem ausgefeilteste Special-Effect-Szene leider außerhalb des angezeigten Bildschirmbereichs stattfindet.

Ein spartanisch arrangierter Soundtrack untermalt das Spiel, wobei die gelegentliche Mehrfachverwendung einiger Stücke als Hintergrundmusik für unterschiedliche Schauplätze bzw. Situationen ein wenig enttäuscht. Darüber hinaus wurde erneut auf eine Sprachausgabe verzichtet.

Am Interface haben sich keine wesentlichen Änderungen ergeben, es funktioniert als Point & Click mit den klassischen Aktionsverben und problemlos identifizierbaren Hotspots. Der Spielfluss wiederum profitiert besonders von einem neuen Feature: die mitgeführte Stadtkarte. Dieser nützliche Inventargegenstand ermöglicht den sofortigen Wechsel von einem Setting zum anderen, was den ereignislosen Fußmarsch dazwischen erspart.

Gameplay in vier Dimensionen

In Time Gentlemen, Please! hat die wechselseitige Verflechtung einzelner Schauplätze und Figuren zugenommen. Die mannigfaltigen Puzzles reichen vom Sprachunterricht für einen Papagei bis zum strategischen Eingriff in den Lauf der Weltgeschichte. Sogar Dan – ehemals noch ein auf Lichtschalter und Arcade-Automaten beschränkter Kompagnon für Ben – erweist sich ganz überraschend als ein Mann vieler Talente. Zeitweise tritt er aus dem Schatten seines dominanten Begleiters und kann vom Spieler gesteuert werden bzw. mit Ben gezielt interagieren.

Gespannt sein dürft ihr zudem auf eine Zeitmaschine der etwas anderen Art, ein Spiel im Spiel und einen Ausflug in die Robotik, allesamt verbunden mit ein paar besonders innovativen Kniffeleien. Für die anspruchsvolleren Rätsel gibt es dabei oft verbale oder visuelle Hinweise zur Lösung.

Durch die höhere Anzahl unterschiedlicher Schauplätze, Figuren und Rätsel ist auch die Spieldauer angestiegen. Weil die Handlung extrem linear verläuft, eröffnet ein wiederholtes Bestehen des Abenteuers nach dem ersten Durchlauf jedoch keine starke Variation der Spielerfahrung.

Das Abenteuer führt die Protagonisten<br /><br />temporär auch in die Steinzeit.

Fazit

Genau wie sein Vorgänger lebt auch Time Gentlemen, Please! vom ausgefallenen Humor seiner Macher und von ihrer Leidenschaft für das Absurde. Als Kriterium für die Kaufentscheidung erscheint es demnach empfehlenswert, zunächst einmal das kostenfreie Ben There, Dan That anzuspielen: Wer dabei auf den Geschmack kommt und neugierig auf die qualitativ hochwertigere Fortsetzung wird, kann sich auf ein Spiel freuen, das mit einer ungefähren Spieldauer von 3 bis 4 Stunden so tabulos wie unterhaltsam ist.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Time Gentlemen, Please! spielt sicherlich in einer anderen Liga als die Top-Adventures der Gegenwart, und die Figuren sind inhaltlich mindestens genau so überzeichnet wie optisch; aber wenn man sich auf diesen kompromisslosen Humor einlassen kann, steht dem kurzweiligen Spielvergnügen nichts im Weg.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Humor
  • Vielzahl einfallsreicher Puzzles
  • Eigener Stil
  • Keine geschmackliche Schmerzgrenze
  • Sehr minimalistische Umsetzung