In Lilly Looking Through begibt sich der Spieler in eine verträumte Fantasiewelt. Ein magischer Schal entführt unvermittelt Lillys kleinen Bruder beim Spielen. Sofort beginnt eine ungewöhnliche Rettungsaktion, bei der unter anderem eine geheimnisvolle Brille zum Einsatz kommt und in deren Verlauf es zahlreiche Rätsel zu lösen gilt.
Gesteuert wird Lilly Looking Through per Maus. Dabei geht das Spiel eher ungewöhnliche Wege: Nicht immer wird der Charakter gesteuert, häufig wird auch die Umgebung manipuliert. Als Spieler übernimmt man quasi die Rolle des Geschichtenerzählers, der seine Kinder sicher durch die Geschichte führt und ihnen bei schweren Rätseln hilft. Dafür wird auch nur eine Maustaste benötigt, ein Inventar gibt es nicht. Hotspots und eine Art Spielhilfe können per Klick auf eine entsprechende Schaltfläche eingeblendet werden. Die Steuerung ist dadurch sehr einfach gehalten und passt gut zum Spiel selbst.
Die Rätsel bewegen sich zunächst auf einem mittleren, später auf einem leicht gehobenen Niveau und dürften gerade Adventure-Spielern viel Freude bereiten. Ihr Erfinder Steve Hoogendyk war unter anderem auch an Myst III: Exile beteiligt. Und diese Prägung sieht man den Aufgaben im Spiel auch an. Es gilt, die Umgebung genau zu beobachten und zu verstehen, um dann durch logische Kombination weiterzukommen. Die Aufgaben wirken dabei durchdacht und bieten einen angenehmen Schwierigkeitsgrad, den die meisten Spieler wohl als sehr motivierend empfinden werden. Auch die Integration der Rätsel in die Umgebung ist gut gelungen. Herzstück des Spiels ist sicherlich Lillys Brille, mit der sie in eine andere Zeit sehen kann. Dort sind die Schauplätze deutlich weniger verfallen und farbenfroher. Durch die geschickte Kombination der beiden Versionen eines Ortes kommt man so zum Beispiel über eine Brücke, die in der anderen Zeit fehlt. Auch diese Aufgaben sind gelungen in das Spiel eingebunden und sorgen für Abwechslung. Für zwei Aufgaben braucht es darüber hinaus ein Mindestmaß an Geschicklichkeit, da im richtigen Moment mit der Maus geklickt werden muss. Hierfür hat man aber unendlich viele Versuche. Interessanterweise gelingt es dem Spiel, sowohl Erwachsenen als auch Kindern ein schönes Spielerlebnis zu bieten. Daher kommen Adventure-Erfahrene und Neulinge (letztere wohl mit etwas Hilfe) auf ihre Kosten.
Für alles, aber auch wirklich alles im Spiel gibt es eine eigene Animation. Lilly hüpft, sie klettert, sie grübelt, lacht, schaut erschrocken, balanciert verspielt, und, und, und. Und auch Teile der Umgebung wirken durch verschiedene Animationen belebt. Die Mühe und Liebe, welche die Entwickler in die grafische Präsentation gesteckt haben, ist beeindruckend. Da stört es auch kaum, dass die Hauptcharaktere im Vergleich zum Rest der wundervoll detailreichen und schön anzusehenden Szenerie fast zu wenig Details haben. Und auch nicht, dass keine Animation übersprungen werden kann. Lilly braucht Zeit, es ist ein ruhiges Spiel und dieses Tempo zwingt es dem Spieler auf. Und der kann dadurch ein entspanntes, schönes Spielgefühl jenseits aller Hektik genießen, wenn er sich darauf einlässt.
Soundtrack und Sounddesign sind mit einem Wort fantastisch. Sehr gut passende und herrlich umgesetzte Musikstücke untermalen die Geschehnisse am Bildschirm perfekt. Und die perfekt ausgesuchten und produzierten Geräusche tragen viel zur Atmosphäre des Spiels bei. Mechanismen rattern, der Wind faucht aus den Lautsprechern und mystische Farben-Apparate senden vibrierende Gong-Töne aus. Wie auch bei der Grafik wurde hier mit viel Verstand und Hingabe gearbeitet.
Leider ist es bei Lilly nicht möglich, selbst zu speichern. Das Spiel sichert automatisch, sobald ein neues Kapitel erreicht wird. Spielt man dieses nur zur Hälfte und beendet das Programm, muss man wieder von vorne anfangen. Das ist ein wenig ärgerlich, zumal die Animationen zu Beginn des Kapitels – wie alle anderen auch – nicht übersprungen werden können. Auch das Auslösen der Hotspot-Anzeige durch eine Taste wäre eine bequeme Ergänzung gewesen, die man bei neuen Spielen eigentlich als Standard erwarten kann.
Lilly Looking Through ist kein besonders langes Spiel. Je nach Spielgeschwindigkeit ist man wohl nach wenigen Stunden beim Abspann angelangt. Und der kommt ein wenig überraschend: Die Geschichte baut sich langsam auf und endet dann sehr plötzlich. Zwar ist die philosophische Grundidee hinter dem Spiel sehr schön: Die beiden Kinder bewegen sich unter den Augen eines zurückhaltenden, helfenden Erwachsenen sicher durch ihre Fantasiewelt. Und weil diese unendlich groß ist, gibt es kein richtiges Ende, sondern nur das nächste Abenteuer. Etwas unbefriedigend ist der Abschluss dann aber doch, da er zu viele Fragen offen lässt.
Lilly Looking Through ist ein tolles Spiel, dem man die Liebe zum Adventure und zu Rätseln in jeder Sekunde ansieht. Für Erwachsene kann es die Erinnerung an eine sorglose Zeit sein, als die ganze Welt ein großes Abenteuer war, in dem einem jedoch nichts zustoßen konnte. Allerdings gibt es bei Lilly dabei durchaus fordernde Rätsel zu lösen. Für Kinder ist das Spiel eine Möglichkeit, fernab der vor allem hektischen Filme und Spiele in Ruhe eine Leidenschaft für das Entdecken und Rätseln zu entwickeln. Auf der Plus-Seite stehen wundervolle Umgebungen, eine tolle Untermalung mit Musik und Geräuschen, gute Denkaufgaben und eine einfache Steuerung. Negativ wirken sich die schlechte Speicherfunktion und das Gefühl aus, dass mit dem abrupten Ende alles zu schnell vorbei ist.
Alles in allem ist Lilly aber ein klarer Kauftipp und eine schöne Bestätigung für alle, die das Kickstarter-Projekt unterstützt haben.
Man merkt, dass Jessica Hoogendyk ihre Brötchen mit Animationen verdient hat, ich kenne keinen Adventurehelden, welcher mit mehr und liebevolleren Animationen ausgestattet ist als die kleine Lilly aus Lilly Looking Trough. Die Idee mit der Brille hat mir auch sehr gut gefallen, da sie einige nette Rätsel ermöglicht, die sich vom Genre-Allerlei abheben. Leider gingen den Designern gegen Ende etwas die Ideen für die Rätsel aus. Überhaupt ist das Ende mein größter Kritikpunkt: Es kommt plötzlich, viel zu früh und erklärt nichts. Das ist irgendwie etwas unbefriedigend. Trotzdem habe ich Lilly auf ihrer Reise gerne begleitet und würde mich sehr über eine längere Fortsetzung freuen.Axel Kothe
Lillys Reise war voll mit herrlichen Animationen, tollen Rätseln und wunderschönen Landschaften. Ich habe sie gerne gemacht, auch wenn das Ende sehr abrupt kam.
Adventure-Treff-Verein
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