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Test
03.10.2015
Nur wenige können von sich behaupten, ein Adventure geknetet zu haben. Die Jungs von Pencil Test Studios haben das nun sogar schon zweimal gemacht. Im jetzt erschienenen Armikrog, dem geistigen Nachfolger von The Neverhood Chronicles haben sie mit viel Liebe zum Detail Landschaften und Charaktere aus Knete erschaffen und anschließend in mühevoller Kleinarbeit animiert. Finanzielle Unterstützung kam aus einer Kickstarter-Kampagne – und das nicht zu knapp: Rund eine Million US-Dollar haben Fans investiert. Dafür bekommen sie nun einen mit vier bis sechs Stunden Spielzeit vergleichsweise kurzen Titel, den wir uns näher angesehen haben.
Science-Fiction 101
Der Raumfahrer Tommynaut und sein Hund Beak-Beak haben eine Mission: Eine Energiequelle für ihren Heimatplaneten auftreiben. Doch leider legen die zwei als erstes eine Bruchlandung auf einem fremden Planeten hin. Nachdem sie durch ein hungriges Monster in einen Turm namens Armikrog gejagt wurden, beginnen sie, diesen näher zu erkunden. Dabei stolpern sie über Spuren eines verheerenden Angriffs, den letzten Überlebenden desselben und einen bösen Widersacher, der am Ende natürlich besiegt werden muss.
Und damit ist die Geschichte hinter Armikrog auch schon fast vollständig zusammengefasst. Leider kommt bei dieser doch recht blassen Erzählung nicht allzu viel Spannung auf. Die Charaktere erhalten kaum Tiefe. Das liegt auch daran, dass es kaum Dialoge gibt. Selbst die beiden Helden sprechen fast nicht miteinander. Positiv zu erwähnen ist hingegen die Tatsache, dass ein großer Teil der Ereignisse in und um Armikrog quasi rückwärts erzählt wird. Denn die Einwohner sprechen in einer fremden Sprache, die zwar in Zwischensequenzen durch Symbole und Zeichnungen unterstützt wird. Der Gesamtzusammenhang erschließt sich jedoch erst, wenn gegen Ende eine Übersetzung möglich wird. Das ist ein nettes Element, das die schwache Geschichte jedoch nicht ganz herausreißen kann. Für den einen oder anderen Lacher sorgen hingegen mehrere Wortspiele und witzige Ereignisse in der Umgebung. Das Ende schließt die Handlung vollständig ab, lässt aber Raum für eine Fortsetzung.
Ich knet‘ mir die Welt…
Nach einem stimmungsvollen Intro inklusive zum Titel passendem Lied ist in einer actionreichen Sequenz zu sehen, wie toll animierte Knete aussehen kann. Leider sind solche großen Zwischensequenzen eher die Ausnahme. Hauptsächlich stapfen Beak-Beak und Tommynaut durch die Umgebung, die zwar auch animiert ist, aber längst nicht so viel Dynamik bietet. Dennoch sind die Schauplätze detailreich und mit Liebe gestaltet. Insgesamt ist die Grafik stimmig und hübsch.
Jetzt drück den Knopf…Nein, da!...Nein, nicht auf Beak-Beak wechseln!
Die Steuerung von Armikrog ist leider nicht besonders überzeugend gelungen. Das beginnt damit, dass es keinen eigenen Mauszeiger im Spiel gibt, es wird der Standard-Windows-Mauszeiger in Weiß verwendet. Das stört die Atmosphäre sichtlich. Zudem gibt es weder einen sich verändernden Zeiger noch eine Hotspot-Anzeige. Dass es dem Spieler möglich ist, per Klick zwischen Tommynaut und Beak-Beak zu wechseln, findet er im besten Falle nach kurzer Zeit selbst heraus, denn sonst ist ein Hänger garantiert. Dummerweise stehen die beiden sehr häufig recht eng beieinander und das zum Teil vor anderen Hotspots, was häufige Fehlklicks provoziert. Ein Inventar gibt es unterdessen nicht, eingesammelte Gegenstände werden automatisch mit passenden Objekten kombiniert, wenn diese angeklickt werden. Dass etwas fehlt, ist vorher also nicht unbedingt ersichtlich. Für weitere Verwirrung sorgt, dass manche Schalter nur von Beak-Beak, andere nur von Tommynaut betätigt werden können und sich diese Zuordnung im Spiel einmal ändert. Der letzte Kritikpunkt bezieht sich auf die Größe der Hotspots. Zielsicher ein bestimmtes Objekt zu treffen, ist nämlich hin und wieder gar nicht so einfach. Ein Klick auf einen Hebel führt beispielsweise nicht zum Betätigen desselben, vielmehr muss die Halterung getroffen werden, damit etwas passiert. Dadurch legt Armikrog dem Spieler unnötige Steine in den Weg.
Zwischen Minispiel und Wiederholung
Während besonders die erste Stunde von Armikrog mit überraschend schweren Aufgaben ausgestattet ist, lässt der Schwierigkeitsgrad zunehmend nach. Das liegt vor allem daran, dass ein Großteil der Rätsel sich schlichtweg in leichter Variation wiederholt. Immer wieder gilt es, den Strom anzuschalten, Türen durch Schiebepuzzles aufzubekommen und ein Musikmobile in der richtigen Reihenfolge abzuspielen. Überhaupt ist die hohe Dichte an nicht überspringbaren Minispielen ein große Herausforderung für die Geduld des Spielers. Besonders das Musikmobile, das stets vollständig abgespielt werden muss, um die Lösung zu erhalten, kostet unnötig viel Zeit. Doch auch bei den Schieberätseln entsteht schnell der Eindruck, dass die Macher hier nur auf Zeit gespielt haben. Weil eine Erklärung der besonderen Fähigkeiten der Charaktere und die Anzeige von Hotspots fehlt, werden zudem Umgebungsrätsel schwerer, als sie sein müssten. Generell kämpft das Spiel noch mit einem weiteren Problem: Die Rätsel wirken zum Teil recht aufgesetzt und fügen sich nur widerwillig in die Geschichte und die Umgebung ein. Ein Beispiel: Ein Schiebespielchen ist sicherlich kein guter Schließmechanismus für eine Tür.
Durchwachsener Sound
Während die Musik an sich recht gut gelungen ist, scheint sie ab und zu nicht so recht zur Umgebung zu passen. Auch gibt es längere stille Passagen im Spiel. Mit dem jazzigen, abgedrehten Soundtrack von The Neverhood kann sich die Musik in Armikrog nicht messen. Die Geräusche sind insgesamt gut gesetzt, jedoch geschehen mehrfach Dinge auch vollkommen lautlos. Hier sind die Entwickler wohl nicht ganz fertig geworden. Die nur auf Englisch verfügbare Sprachausgabe ist hingegen sehr gut gelungen. Hier hätte man sich sogar noch etwas mehr gewünscht, denn es wird, wie schon erwähnt, insgesamt recht wenig gesagt.
Fazit
An Armikrog wurden hohe Erwartungen gestellt. Die kann das Spiel leider nicht erfüllen. Es ist ein unterhaltsames, sehr hübsch anzusehendes, aber nicht sonderlich spannendes Adventure mit sich zu häufig wiederholenden Rätseln und einer unausgereiften Steuerung geworden. Ein bisschen wirkt es so, als sei den Entwicklern recht früh die Zeit davongelaufen, weil sie sich zu lange mit der ersten Stunde des Spiels beschäftigt haben. Letztlich ist Armikrog ein netter, kurzer, aber hübscher Titel, bei dem der Spieler eine nicht besonders starke Geschichte und eine nicht wirklich bequeme Steuerung in Kauf nehmen muss. Hoffen wir, dass es die am Ende des Spiels angedeutete Fortsetzung geben wird – und dass diese besser wird.
Kommentar des Verfassers
Kommentare
Ich wollte Armikrog lieben, besonders nach dem tollen Intro und den vielen witzigen Anspielungen. Doch schon nach kurzer Zeit haben mich die Minispiele und die sich wiederholenden Rätsel ziemlich genervt. Schade, hier ist viel Potential verloren gegangen. Dabei hätte man nach zwei Verschiebungen hoffen können, ein runderes Produkt zu bekommen. Offen gestanden bin ich ein wenig darüber erschrocken, wo es bei dem Titel überall hakt. Trotzdem: Eine nette Erfahrung war Armikrog auf jeden Fall.
Redaktions-Wertung
Gesamt
- Schöne, stimmige Grafik
- Nett animierte Zwischensequenzen
- Witzige Elemente
- Fehlender Mauszeiger
- Schlecht gesetzte Hotspots
- Rätsel wiederholen sich stark
- Nervige Minispiele
- Probleme bei der Steuerung
- Schwach ausgeprägte Geschichte