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- The Book of Unwritten Tales 2
Test
28.03.2015
Im April 2009 landete King Art mit The Book of Unwritten Tales einen echten Adventure-Hit. Die Mischung aus durchdachten, klassischen Rätseln, einer extrem witzigen Geschichte und zahllosen Anspielungen auf Rollenspiele, die Popkultur und andere Adventures ging perfekt auf. Nach einem kleineren, aber ebenso gelungenen Prequel in Form der Vieh-Chroniken zwei Jahre später wurde es wieder still, auch wenn Fans häufig nach einer großen Fortsetzung fragten. Sechs Jahre nach dem ersten Teil legt King Art nun nach - und wie!
Das Böse trägt Pink
In Aventasien greift eine merkwürdige Seuche um sich: Alles wird pink, quietschbunt und regenbogeneinhornig. Und natürlich werden die Helden aus dem ersten Teil, der Zauberer-Gnom Wilbur, der Discount-Held und Gauner Nate, die Elfenprinzessin Ivo samt ihrem Vogel Tschiep und das Vieh mitten in diese ""Bedrohung"" hineingezogen. Doch bevor unsere Helden sich dieser großen Aufgabe widmen können, betrachtet das Spiel zunächst Schritt für Schritt die einzelnen Charaktere und was seit dem ersten Spiel aus ihnen geworden ist. Wilbur arbeitet nun als Zauberlehrer in Seefels und sieht sich dabei nicht nur schwierigen Schülern, sondern auch bösartigen Intrigen der Politik ausgesetzt. Als er beschuldigt wird, den Erzmagier ermordet zu haben, spitzt sich die Lage deutlich zu. Davon erfährt auch Ivo, die im Elfenpalast eingesperrt ist, und will natürlich sofort zu Hilfe eilen. Dumm nur, dass ihre Mutter sie eingesperrt hat, schließlich soll endlich mal vernünftig geheiratet werden. Noch blöder, dass sie mit einer ganz besonderen Art von Fluch zu kämpfen hat, der gegenüber der Mutter extrem schwer zu erklären ist. Nate und das Vieh schließlich sind gemeinsam auf Tour. Natürlich einer Diebes-Tour. Allerdings läuft die nicht ganz so wie geplant, da sich Nate erstaunlich trinkfreudig zeigt. Schließlich gelingen dem Gauner-Helden Diebstahl und Flucht, doch auch auf ihn wartet eine böse Überraschung...
Immer nicht der Reihe nach
Ein hübsches Element in der Erzählweise ist, dass die Ereignisse zunächst nicht nur nach Charakteren getrennt, sondern auch nicht in chronologischer Reihenfolge erzählt werden. Nach einem actiongeladenen Start mit Nate, dessen missliche Lage eigentlich erst später im Spiel eintritt, beginnt ein Tutorial, in dem einem kleinen Roboter dabei geholfen werden muss, den Vorspann in den Gang zu bekommen - Anspielungen inklusive. Danach widmen wir uns Ivo und im Anschluss Wilbur - bevor wieder Nate zum Zug kommt - diesmal jedoch vor dem Ereignis zu Beginn des Spiels. Das mag kompliziert klingen, ist es aber nicht. Vielmehr verleiht es der Geschichte eine zusätzliche Dynamik. Bei der beachtlichen Länge von etwa 20 Stunden Spielzeit ist es ebenfalls schön, dass die Hintergrundgeschichte auch bis zum Schluss wunderbar trägt. Das Ende kommt jedoch ein wenig plötzlich und fällt überraschend dunkel aus. Ein dritter Teil scheint da ziemlich wahrscheinlich. Nichtsdestotrotz überzeugt das Spiel durch seine durchweg gelungene Charakterzeichnung und -entwicklung. Selbst Nebencharaktere werden gekonnt vorgestellt und eingeordnet. Erzähltechnisch ist The Book of Unwritten Tales 2 daher sicherlich ein Vorbild für das Genre. Den ersten Teil der Reihe muss man übrigens nicht unbedingt gespielt haben - aber es wird deutlich witziger, wenn man ihn noch ungefähr im Kopf hat.
Pointiert und voller Anspielungen
Was schon im ersten Teil großartig war, findet sich auch im zweiten wieder. Die zahllosen Anspielungen auf andere Videospiele (wie zum Beispiel Minecraft oder Skyrim) sind ebenso enthalten wie witzige Dialoge mit zum Teil herrlich trockenem Humor und das direkte Ansprechen des Spielers. Dabei wirken die Gags nie platt oder ausgelutscht und sind liebevoll ins Spiel integriert. Einige sind offensichtlich, andere fallen nur aufmerksamen Spielern auf. So gestaltet sich das Spiel auch während der Rätsel äußerst unterhaltsam.
Alles Neue macht die Grafikengine
Wie schon bei The Raven setzt King Art erneut auf eine vollständige 3D-Engine. Und die sieht wirklich gut aus. Mit sanften Kamerafahrten, verschiedenen Ansichten und zahllosen Animationen wirken Charaktere und Schauplätze lebendig. Generell gelingt bei der Grafik eine perfekte Verbindung eines comichaften Aussehens mit einem realistischeren Ansatz, die einfach rund wirkt. Da stören auch leichte Fehler nicht, etwa wenn Nates Hose zu Beginn in seine Jacke hineinflattert. Kurzum: The Book of Unwritten Tales 2 sieht einfach gut aus.
Fröhliches Kombinieren
Bis auf einige wenige Ausnahmen in Form von Minispielen setzt der Titel auf klassische Adventure-Rätsel. Es wird fleißig gesucht und kombiniert. Dabei lohnt es sich stets, Gegenstände noch einmal zu betrachten, um keinen der teilweise witzigen Kommentare zu verpassen. Durch die erwähnten Minispiele sind die Aufgaben abwechslungsreicher. So muss zum Beispiel das Vieh für das Mischen eines Cocktails die Bewegungen eines Bar-Affen nachahmen. Der Schwierigkeitsgrad liegt dabei fast durchweg angenehm hoch. Hin und wieder ist eine ordentliche Portion Hirnschmalz notwendig, um die Rätsel zu lösen. Das gilt auch für die durch die Kickstarter-Kampagne hinzugefügten Nebenaufgaben.
Klassisches Klicken
Die Steuerung fällt zum Großteil komfortabel aus, indem sinnvolle Aktionen sofort mit einem Klick ausgeführt werden. Ein wenig ungewohnt ist anfangs der Umgang mit dem Inventar, einem Rucksack am unteren Bildschirmrand, der dauerhaft geöffnet oder geschlossen werden kann. Doch mit der Zeit funktioniert das auch recht gut und durch die kleine Fläche, die das Inventar belegt, wird der Spieler nicht aus dem direkten Spielgeschehen gerissen.
Premium-Vertonung
Egal ob Sprecher, Geräusche oder Musik: Bei The Book of Unwritten Tales 2 passt alles. Die bekannten Synchronsprecher leisten hervorragende Arbeit, was nicht zuletzt an der guten Regie liegt. Der stets passende und wunderbare Soundtrack verleiht dem Spiel die nötige Tiefe und die Geräusche fügen sich perfekt ein, ohne aufzufallen. Man merkt deutlich: Hier sitzen Profis, die wissen, worauf es ankommt.
Fazit
Es sind tatsächlich wenige Kritikpunkte, mit denen sich das Spiel auseinandersetzen muss. Das etwas abrupte, recht offene Ende ist zwar mutig, aber auch ein wenig unbefriedigend, zumal viele Fragen offen bleiben. Hinzu kommen technische Kleinigkeiten wie leichte grafische Fehler und fehlende kleine Teile der Sprachausgabe. Das war es dann aber auch schon. Mit dem Nachfolger hat King Art ein fantastisches Adventure vorgelegt. Es ist witzig, es sieht gut aus, es hört sich großartig an und es bietet langen Spielspaß. Damit liegt die Latte für 2015 schon einmal gut hoch, auch wenn das letzte Quentchen zur Perfektion noch fehlt. Und natürlich werden die Forderungen nach einem dritten (beziehungsweise vierten) Teil nun nicht leiser...
Kommentar des Verfassers
Kommentare
Es war eine lange, wunderschöne Zeit in Aventasien. Obwohl ich alleine vor dem Rechner saß, habe ich häufig laut aufgelacht. Ein tolles Spiel, dass mir deutlich gezeigt hat, was mir im vergangenen Jahr im Genre gefehlt hat: ein zielsicher inszeniertes, witziges Adventure. Hut ab, King Art!
Redaktions-Wertung
Gesamt
- Schöne Grafik
- Knackige Rätselkost
- Fantastische Vertonung
- Extrem witzig
- Zahlreiche Anspielungen
- Gut erzählt
- Offenes Ende
- Kleinere Technikfehler