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Test

von  Michael Stein
31.05.2016
Demetrios - The BIG Cynical Adventure
Getestet auf
  • Windows
  • PlayStation 4
, Sprache Deutsch

Hinweis: Der in diesem Testbericht angesprochene Fäkal-Humor wurde durch einen Patch im September 2016 abschaltbar gemacht.

Zwischen 1999 und 2001 erstellte der Franzose Fabrice Breton ein vollständiges First-Person-Adventure, das jedoch nie veröffentlicht wurde. Vor zwei Jahren hing er seinen Job an den Nagel, um in Vollzeit an einem Remake zu arbeiten. Das Ergebnis heißt Demetrios - The BIG Cynical Adventure und ist seit heute erhältlich. Wir schauen uns an, was das Spiel zu bieten hat.

The Biggest Loser

Bjorn Thoren ist der typische Antiheld. In seinem Antiquitätenladen verkauft er jede Menge Schrott, denn die wertvollen Stücke lagern im ersten Stock, den er nicht mehr betreten kann, seit sich ein Klavier in der Treppe verklemmt hat. Seine Wohnung sieht aus wie der letzte Saustall und auch sonst bekommt er nichts auf die Reihe. Als er nach einer Sauftour seinen Rausch ausschläft, weckt ihn ein seltsames Geräusch und prompt bekommt er eins übergebraten. Am nächsten Morgen muss er feststellen, dass sein Geld und seine Kreditkarte verschwunden sind. Allerdings fehlt auch eine Steintafel mit einem Blitzsymbol, welches an einer Statue in seinem Schlafzimmer befestigt war. Und ehe er weiß wie ihm geschieht, ist er plötzlich zusammen mit seiner kontaktfreudigen Nachbarin Sandra und deren achtjährigen und rotzfrechen Tochter Caroline in ein unglaubliches Abenteuer verstrickt. Natürlich geht auch dabei so ziemlich alles schief, was nur schiefgehen kann.

Die Dialoge erinnern an Visual Novels

Humorvoller Genre-Mix

Das mit der Game Maker Engine erstellte Spiel kann im Grunde als First-Person-Adventure mit Dialogen im Stil von Visual Novels angesehen werden. Sprachausgabe ist nicht vorhanden, dafür gibt es jede Menge Texte zu lesen. Obwohl der Titel aus Frankreich stammt, wurde er zuerst in englischer Sprache geschrieben und dann ins Französische und andere Sprachen übersetzt. Die deutsche Textübersetzung ist sehr gut gelungen und transportiert den Humor des Spiels ausgezeichnet. Dieser ist das zentrale Element des Spiels. Als Spieler kann man oft nur noch den Kopf schütteln, wenn sich die Protagonisten durch die eigene Dummheit und Tollpatschigkeit in die unmöglichsten Situationen manövrieren. Ob der naive und leicht minderbemittelte Bjorn, das ähnlich unbedarfte Landei Sandra oder die völlig respektlose Caroline - die drei stehen sich in Sachen Fettnäpfchensuche in nichts nach. Wer allerdings mit teils derbem Humor nichts anfangen kann, sei vorgewarnt. Ab und zu kann es durchaus unappetitlich werden.

Komfort pur

Technisch kommt Demetrios sehr solide daher. Das Spiel geht gut von der Hand und bietet alle möglichen Komfortfunktionen. In der unteren linken Ecke befindet sich eine Schaltfläche, mit der das Inventar am unteren Bildrand eingeblendet werden kann. Alternativ kann dieses aber auch mit der rechten Maustaste geöffnet und geschlossen werden. Oben links öffnet eine weitere Schaltfläche die Statusleiste am oberen Bildrand. Dort befinden sich die Schaltfläche für das Hauptmenü, zum Laden und Speichern sowie eine Textzeile, die das aktuelle Hauptziel anzeigt und über die auch die Hotspotanzeige aktiviert werden kann, sowie speziell angepasste Schaltflächen, die eine Übersicht über die Bestandteile aktuell zu erledigender Rätselketten gibt. Zudem zeigt die Leiste die Anzahl der Kekse an, die bereits gefunden wurden oder noch im Bild versteckt sind. Diese Kekse sind überall im Spiel versteckt und fungieren als Hilfesystem. Sobald einer dieser offenbar ungenießbaren Kekse gegessen wird, gibt es einen aktuellen Tipp. Alle Hilfesysteme können zudem im Hauptmenü ein- und ausgeschaltet werden. Dort ist es auch möglich, die Soundkomponenten getrennt zu regeln oder sogar die Protagonisten umzubenennen. Ins Spiel integrierte Achievements, die auch in der DRM-freien Version zur Verfügung stehen und Spielpunkte, die zur Freischaltung von Musikstücken und anderen Boni benutzt werden können, runden das Paket ab.

Am oberen Bildrand gibt es die Statusleiste<br /><br />mit der Keksschaltfläche und dem nächsten Hauptziel

Viel zu entdecken

In den hübschen, handgezeichneten Hintergründen finden sich zahlreiche Hotspots, die oft gleich mit mehreren Kommentaren versehen sind. Das gleiche gilt auch für die Inventargegenstände. Egal welcher Gegenstand mit welchem anderen Gegenstand kombiniert wird, es kommt immer mindestens ein passender Kommentar, oft sogar ein anderer beim zweiten Versuch. Man merkt, wie viel Liebe zum Detail hier eingeflossen ist. Auch die verschiedenen Gesichtsausdrücke der Portrait-Grafiken sind gelungen und passen ausgezeichnet zu den jeweiligen Dialogen. Allerdings fällt genau hier die fehlende Sprachausgabe negativ ins Gewicht, denn da der Spieler ständig mit dem Lesen der Texte beschäftigt ist, gehen diese leider oft unter.

Klassische Abenteuerkost? Nicht ganz.

Die Story erinnert grundsätzlich ein wenig an klassische Abenteuergeschichten im Stil von Indiana Jones oder Baphomets Fluch. Böse Buben, magische Artefakte, eine Reise durch ferne Länder und alte Legenden gibt es auch bei Demetrios. Hier allerdings nimmt sich die Geschichte weniger ernst beziehungsweise gerne selbst auf die Schippe. Dadurch grenzt sich das Spiel wohltuend von anderen Genre-Vertretern ab. Mit einer Spielzeit von acht bis zehn Stunden, die sich über sechs Kapitel erstrecken, hat das Spiel eine für ein Ein-Mann-Team durchaus beachtliche Länge. Rätselseitig gibt es neben den üblichen Inventarkombinationsaufgaben auch kleinere Minispiele, die technisch gut umgesetzt sind und durchaus für willkommene Abwechslung sorgen. Aber auch die Auswahl der richtigen Dialogzeile kann einen weiter- oder umbringen. Gestorben wird übrigens schnell und oft, das Spiel springt danach allerdings direkt wieder an die Ausgangsstelle der Gefahrensituation zurück. Bei einigen dieser Szenen ist es allerdings etwas schwer, den richtigen Dreh herauszufinden, was ab und zu ein wenig Frust erzeugen kann. Auch hier macht es aber durchaus Spaß, die vielen Todesarten einfach auszuprobieren, denn jede davon resultiert in einer individuellen und teilweise witzigen Todesszene, sodass selbst das Sterben noch einen Running Gag mit sich bringt. Die unterschiedlichen Todesszenen sind dann auch wieder als Bonus-Content verfügbar.

Einer der zahlreichen Tode

Fazit

Demetrios ist ein Spiel für Leute, die zynischen, derben und manchmal auch albernen Humor verstehen. Außerdem ist das Spiel sehr textlastig, auch damit sollte man umgehen können. Wer mit all dem kein Problem hat, bekommt ein mit viel Liebe zum Detail erstelltes und recht einzigartiges Adventure geboten. Und wer schon immer mal einem Haufen völlig unterbelichteter Idioten permanent aus der Patsche helfen wollte, ist hier genau richtig.

thumb

Playstation 4

Im August 2017 ist Demetrios für die Playstation 4 und die Xbox One erschienen. Wir haben für euch einen Blick auf die PS4-Version geworfen.

Generell unterscheidet sich das Spiel auf der Konsole nicht von der PC-Fassung. Die Grafik ist auch hier hübsch anzusehen. Achievements, Bonuspunkte und Todesszenen können gesammelt und im Menü angesehen werden. Außerdem ist immer noch die fehlende Sprachausgabe zu bemängeln. Die Texte sind aber ausreichend groß und daher gut lesbar. Der Patch, welcher den Fäkal-Humor abschaltbar macht, wurde integriert. Wie viel Humor angezeigt wird, kann somit jederzeit im Menü angepasst werden. Allgemein fallen die vielen Optionsmöglichkeiten auf. So sind jederzeit Sprach- und Soundeinstellungen möglich, die Textgeschwindigkeit ist anpassbar und es gibt Einstellungen für die Anzeige von Tipps und Hotspots.

Der Spieler kann jederzeit die fünf verfügbaren Speicherslots nutzen. Ein sechster Slot dient der automatischen Speicherung.

Bei der Steuerung haben die Entwickler auch auf der Konsole möglichst viel Komfort eingebaut. Der Mauszeiger wird über die Sticks bewegt. Die Steuerung über das Touchpad des Controllers ist ebenfalls möglich. Die Geschwindigkeit der einzelnen Sticks und des Touchpads kann in den Optionen angepasst werden. Beim Bewegen des rechten Sticks ist das Zoomen des Hintergrunds automatisch eingestellt, so dass auch kleinere Gegenstände bequem vom Sofa aus erkennbar sind. Wenn der Spieler doch schneller mit dem Zeiger über den Bildschirm fahren möchte, ohne jedes Mal die Optionen zu verändern, steht dafür die Taste L2 oder R2 zur Verfügung. Mit der Dreiecktaste wird die Menüleiste eingeblendet, über die sofort gespeichert werden kann. Außerdem ist dort die nächste Aufgabe einzusehen. Mit der Kreistaste wird das Inventar am unteren Bildschirmrand angezeigt. Die Hotspotanzeige findet sich auf der Vierecktaste. Die Kreuztaste dient der Interaktion.

Insgesamt ist die Konsolen-Adaption gelungen. Das Spiel läuft flüssig, braucht angenehm wenig Speicherplatz und kann zusätzlich mit dem niedrigen Preis punkten.

Kommentare des Verfassers

Kommentare

detail

Demetrios trägt den Titelzusatz The BIG Cynical Adventure keineswegs zu Unrecht. Die aberwitzige Geschichte repräsentiert nämlich Zynismus auf hohem Niveau. So wandeln sich die üblichen Adventure-Helden zu überaus unbeholfenen Persönlichkeiten, die nicht gerade durch Selbstlosigkeit glänzen und stets neue, groteske Wesenszüge offenbaren. Das ungleiche Dreiergespann, bestehend aus Bjorn, Sandra und Caroline, ließ die gemeinsame Abenteuerreise wie einen Psychiatrie-Aufenthalt anmuten und konnte somit bestens unterhalten. Doch auch die bizarren Todesarten haben einige Lachanfälle meinerseits zu verantworten. Letztlich zeugt das Spiel von einer genialen Situationskomik, welche nicht selten von Fäkalhumor durchtränkt ist. Und mit dieser speziellen Rezeptur hat der Entwickler meinen Geschmack sehr gut getroffen.

detail

Demetrios hat mich positiv überrascht. Vor allem die viele Arbeit, die in die Dialoge und Objektbeschreibungen investiert wurde, hat mich beeindruckt. Es macht oft Spaß, einfach nur die Hotspots mehrfach anzuklicken oder jeden Gegenstand mit allem zu kombinieren, nur um zu sehen, welche Kommentare das Spiel ausspuckt. Aber auch spielerisch ist Demetrios durchaus gelungen. Technisch und auch im Bereich der Steuerung gibt es kaum etwas zu bemängeln. Negativ fällt hauptsächlich das Fehlen der Sprachausgabe in Verbindung mit den umfangreichen Texten auf. Das ständige Lesen lenkt leider manchmal zu sehr von den vielen Details ab. Trotzdem hat das Spielen viel Spaß gemacht.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Schön gezeichnete Grafik
  • Gut geschriebene Dialoge
  • Unverwechselbarer Humor
  • Gut ausgearbeitete Charaktere
  • Viele Komfortfunktionen
  • Keine Sprachausgabe