Hinweis: Der in diesem Testbericht angesprochene Fäkal-Humor wurde durch einen Patch im September 2016 abschaltbar gemacht.
Zwischen 1999 und 2001 erstellte der Franzose Fabrice Breton ein vollständiges First-Person-Adventure, das jedoch nie veröffentlicht wurde. Vor zwei Jahren hing er seinen Job an den Nagel, um in Vollzeit an einem Remake zu arbeiten. Das Ergebnis heißt Demetrios - The BIG Cynical Adventure und ist seit heute erhältlich. Wir schauen uns an, was das Spiel zu bieten hat.
Bjorn Thoren ist der typische Antiheld. In seinem Antiquitätenladen verkauft er jede Menge Schrott, denn die wertvollen Stücke lagern im ersten Stock, den er nicht mehr betreten kann, seit sich ein Klavier in der Treppe verklemmt hat. Seine Wohnung sieht aus wie der letzte Saustall und auch sonst bekommt er nichts auf die Reihe. Als er nach einer Sauftour seinen Rausch ausschläft, weckt ihn ein seltsames Geräusch und prompt bekommt er eins übergebraten. Am nächsten Morgen muss er feststellen, dass sein Geld und seine Kreditkarte verschwunden sind. Allerdings fehlt auch eine Steintafel mit einem Blitzsymbol, welches an einer Statue in seinem Schlafzimmer befestigt war. Und ehe er weiß wie ihm geschieht, ist er plötzlich zusammen mit seiner kontaktfreudigen Nachbarin Sandra und deren achtjährigen und rotzfrechen Tochter Caroline in ein unglaubliches Abenteuer verstrickt. Natürlich geht auch dabei so ziemlich alles schief, was nur schiefgehen kann.
Das mit der Game Maker Engine erstellte Spiel kann im Grunde als First-Person-Adventure mit Dialogen im Stil von Visual Novels angesehen werden. Sprachausgabe ist nicht vorhanden, dafür gibt es jede Menge Texte zu lesen. Obwohl der Titel aus Frankreich stammt, wurde er zuerst in englischer Sprache geschrieben und dann ins Französische und andere Sprachen übersetzt. Die deutsche Textübersetzung ist sehr gut gelungen und transportiert den Humor des Spiels ausgezeichnet. Dieser ist das zentrale Element des Spiels. Als Spieler kann man oft nur noch den Kopf schütteln, wenn sich die Protagonisten durch die eigene Dummheit und Tollpatschigkeit in die unmöglichsten Situationen manövrieren. Ob der naive und leicht minderbemittelte Bjorn, das ähnlich unbedarfte Landei Sandra oder die völlig respektlose Caroline - die drei stehen sich in Sachen Fettnäpfchensuche in nichts nach. Wer allerdings mit teils derbem Humor nichts anfangen kann, sei vorgewarnt. Ab und zu kann es durchaus unappetitlich werden.
Technisch kommt Demetrios sehr solide daher. Das Spiel geht gut von der Hand und bietet alle möglichen Komfortfunktionen. In der unteren linken Ecke befindet sich eine Schaltfläche, mit der das Inventar am unteren Bildrand eingeblendet werden kann. Alternativ kann dieses aber auch mit der rechten Maustaste geöffnet und geschlossen werden. Oben links öffnet eine weitere Schaltfläche die Statusleiste am oberen Bildrand. Dort befinden sich die Schaltfläche für das Hauptmenü, zum Laden und Speichern sowie eine Textzeile, die das aktuelle Hauptziel anzeigt und über die auch die Hotspotanzeige aktiviert werden kann, sowie speziell angepasste Schaltflächen, die eine Übersicht über die Bestandteile aktuell zu erledigender Rätselketten gibt. Zudem zeigt die Leiste die Anzahl der Kekse an, die bereits gefunden wurden oder noch im Bild versteckt sind. Diese Kekse sind überall im Spiel versteckt und fungieren als Hilfesystem. Sobald einer dieser offenbar ungenießbaren Kekse gegessen wird, gibt es einen aktuellen Tipp. Alle Hilfesysteme können zudem im Hauptmenü ein- und ausgeschaltet werden. Dort ist es auch möglich, die Soundkomponenten getrennt zu regeln oder sogar die Protagonisten umzubenennen. Ins Spiel integrierte Achievements, die auch in der DRM-freien Version zur Verfügung stehen und Spielpunkte, die zur Freischaltung von Musikstücken und anderen Boni benutzt werden können, runden das Paket ab.
In den hübschen, handgezeichneten Hintergründen finden sich zahlreiche Hotspots, die oft gleich mit mehreren Kommentaren versehen sind. Das gleiche gilt auch für die Inventargegenstände. Egal welcher Gegenstand mit welchem anderen Gegenstand kombiniert wird, es kommt immer mindestens ein passender Kommentar, oft sogar ein anderer beim zweiten Versuch. Man merkt, wie viel Liebe zum Detail hier eingeflossen ist. Auch die verschiedenen Gesichtsausdrücke der Portrait-Grafiken sind gelungen und passen ausgezeichnet zu den jeweiligen Dialogen. Allerdings fällt genau hier die fehlende Sprachausgabe negativ ins Gewicht, denn da der Spieler ständig mit dem Lesen der Texte beschäftigt ist, gehen diese leider oft unter.
Die Story erinnert grundsätzlich ein wenig an klassische Abenteuergeschichten im Stil von Indiana Jones oder Baphomets Fluch. Böse Buben, magische Artefakte, eine Reise durch ferne Länder und alte Legenden gibt es auch bei Demetrios. Hier allerdings nimmt sich die Geschichte weniger ernst beziehungsweise gerne selbst auf die Schippe. Dadurch grenzt sich das Spiel wohltuend von anderen Genre-Vertretern ab. Mit einer Spielzeit von acht bis zehn Stunden, die sich über sechs Kapitel erstrecken, hat das Spiel eine für ein Ein-Mann-Team durchaus beachtliche Länge. Rätselseitig gibt es neben den üblichen Inventarkombinationsaufgaben auch kleinere Minispiele, die technisch gut umgesetzt sind und durchaus für willkommene Abwechslung sorgen. Aber auch die Auswahl der richtigen Dialogzeile kann einen weiter- oder umbringen. Gestorben wird übrigens schnell und oft, das Spiel springt danach allerdings direkt wieder an die Ausgangsstelle der Gefahrensituation zurück. Bei einigen dieser Szenen ist es allerdings etwas schwer, den richtigen Dreh herauszufinden, was ab und zu ein wenig Frust erzeugen kann. Auch hier macht es aber durchaus Spaß, die vielen Todesarten einfach auszuprobieren, denn jede davon resultiert in einer individuellen und teilweise witzigen Todesszene, sodass selbst das Sterben noch einen Running Gag mit sich bringt. Die unterschiedlichen Todesszenen sind dann auch wieder als Bonus-Content verfügbar.
Demetrios ist ein Spiel für Leute, die zynischen, derben und manchmal auch albernen Humor verstehen. Außerdem ist das Spiel sehr textlastig, auch damit sollte man umgehen können. Wer mit all dem kein Problem hat, bekommt ein mit viel Liebe zum Detail erstelltes und recht einzigartiges Adventure geboten. Und wer schon immer mal einem Haufen völlig unterbelichteter Idioten permanent aus der Patsche helfen wollte, ist hier genau richtig.
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