Test

von  Michael Stein
10.10.2015
Epanalepsis
Getestet auf Windows, Sprache Englisch

Epanalepsis ist die Bezeichnung für eine Ausdrucksweise, bei der das gleiche Wort am Anfang und Ende eines Satzes vorkommt, um dieses in besonderer Form zu betonen. Oder aber der Titel eines narrativen Point-and-Click-Adventures von Cameron Kunzelman, das im Sommer 2014 einen Betrag von etwa 9.200 Dollar bei Kickstarter einsammelte und seit Mai 2015 auf Steam verfügbar ist. Was in diesem Pixelspiel steckt, haben wir uns angesehen.

Drei Jahrzehnte, drei Charaktere

Epanalepsis hört sich laut Spielbeschreibung episch an. Drei Charaktere im Jahr 1993, 2013 und 2033 sollen beleuchtet werden. Insgesamt soll das Spiel einen Zeitraum von 60 Jahren abdecken (inklusive einer Rückblende, sie sich direkt am Anfang herausstelt). Nach einer Stunde Spielzeit steht fest: Das Spiel deckt eine Stunde ab, davon in jedem der Jahrzehnte etwa 20 Minuten. In diesen 20 Minuten passiert nicht viel. Man läuft jeweils eine Handvoll Räume ab, klickt ein bisschen auf Sachen herum, schickt seine Spielfigur auf die Toilette oder unter die Dusche, macht merkwürdige Begegnungen mit seltsamen Figuren, die einem wirres Zeug über Zeitreisen erzählen und das Spiel lässt einen am Ende mit viel Unverständnis zurück. Rätsel gibt es praktisch keine, Entscheidungen haben keine Auswirkungen und überhaupt hat man nicht das Gefühl, dass Epanalepsis überhaupt irgendeine Art von Gameplay enthält.

Es lebe Paint!

Die Grafik ist klar und übersichtlich gezeichnet, bedient sich nur weniger Grundfarben und wirkt wie die ersten Gehversuche von jemandem, der gerade das Adventure Game Studio für sich entdeckt hat. Wer sich dort im Forum umschaut, findet haufenweise kostenlose Spiele, denen Epanalepsis nicht das Wasser reichen kann. Musikalisch gibt es anfangs einige sich wiederholende Tracks, die zwar grundsätzlich nicht schlecht sind, aber auch nicht wirklich gut ins Ohr gehen. Vielleicht wird deshalb auch im späteren Spielverlauf eher daran gespart. Soundeffekte sind praktisch nicht vorhanden.

Point and Press

Auch die Bezeichnung Point and Click, mit der auf der Steam-Produktseite geworben wird, ist ein wenig irreführend. Epanalepsis hat eine WASD-Steuerung. Oder halt, eigentlich eine AD-Steuerung, denn gelaufen wird nur nach links und rechts. Geklickt werden darf allerdings, zum Beispiel um sich für das Spiel irrelevante Objekte anzusehen oder die verwirrenden Dialoge weiterzuschalten. Etwas ungewohnt ist auch, dass zwar für jeden aktuellen Gegenstand beim Überfahren mit dem Mauszeiger eine Beschreibung angezeigt wird, die Interaktion damit aber nur möglich ist, wenn die Spielfigur nah genug daneben steht. Negativ fällt außerdem auf, dass manche Sprechblasen aus dem Bildschirm herausragen und nur teilweise gelesen werden können.

Drei Menschen

Um sich wirklich mit den drei Spielfiguren identifizieren zu können, reicht die Spielzeit nicht aus. Rachel im Jahr 1993 ist die einzige Figur, der durch Beschreibungen aus ihrer Vergangenheit noch halbwegs Leben eingehaucht wird. Die anderen beiden bleiben fad und uninteressant. Hier wäre wenigstens noch ein wenig Raum gewesen, erzählerisch etwas zu bieten, aber auch diese Chance bleibt ungenutzt.

Fazit:

Man muss schon ein seltsames Gemüt haben, um diesem Spiel etwas abgewinnen zu können. Oder vielleicht gedanklich auf der gleichen Wellenlänge wie der Autor sein, vielleicht versteht man dann, was er der Welt mit diesem Werk sagen will. Gäbe es wenigstens eine Box-Version, wäre Epanalepsis noch ein ulkiges Sammelstück für's Kuriositätenkabinett.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Der offizielle Trailer mag nichtssagend wirken und der schlichtweg unbefriedigende Grafikstil wird keine Schönheitswettbewerbe gewinnen. Darüber hinaus lässt sich Epanalepsis kaum als Adventure einstufen. Zunächst muss also jeder selbst entscheiden, ob er diesem experimentellen Independence-Titel trotz besagter Schwachpunkte eine Chance gibt. Mich hat es inhaltlich durchaus beeindruckt, wobei ich solch unkonventionellen Werken definitiv nicht abgeneigt bin. So wurde mir eine schräge und mystische Hintergrundgeschichte geboten, die mit Cyberpunk-Elementen angereichert wurde und auf spannende Weise den Wandel der Generationen skizziert. Dabei konnte ich den Gegensatz zwischen den Jahren 1993 und 2013 besonders gut nachvollziehen. Der finale Abschnitt entpuppt sich letztlich als reine Zukunftsvision, die als solche gekonnt inszeniert wurde. Schade ist lediglich, dass das Erzähltempo zum Ende hin arg zügig verläuft und die späteren Protagonisten einen starken Mangel an Charaktertiefe aufweisen. Dadurch wird dem Spieler das Verständnis zunehmend erschwert.Tobias FireOrange Schmitt

Was soll man davon halten? Ein Adventure ist das jedenfalls nicht, da fehlen die Rätsel und eine halbwegs verständliche Story. Es muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er für Spiele dieser Art Geld ausgeben möchte. Ich persönlich kann darauf verzichten. Wenn ich experimentelle Spiele spielen will, bin ich im Freeware-Sektor wahrscheinlich besser bedient.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Grundsätzlich interessanter Story-Ansatz...
  • ... der leider zu schlecht ausgebaut ist
  • Hässliche Pixel-Grafik
  • Unschöne Animationen
  • Wenig beeindruckender Soundtrack
  • Praktisch keine Rätsel