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Test

von  Hans Pieper
04.03.2016
Firewatch
Getestet auf Windows, Sprache Englisch
85%

Die Jobbeschreibung klingt an sich simpel: In einem Feuerwachturm eines amerikanischen Nationalparks sitzen und nach Rauch Ausschau halten. Doch was der Hauptcharakter Henry in Firewatch erlebt, geht weiter über die Angaben in der Stellenanzeige hinaus.

In Firewatch geht es oft raus <br /><br />an die frische Luft – zumindest virtuell

Zwei Erzählformen für eine tiefgehende Geschichte

Die eigentliche Hintergrundgeschichte von Firewatch hat nur sehr entfernt mit dem Job zu tun, den Henry annimmt. Vielmehr geht es um zwischenmenschliche Beziehungen verschiedener Art und wie sich diese verändern. Auch die Frage nach Verantwortung spielt eine große Rolle. Verpackt ist diese großartig ausgearbeitete Geschichte im Henrys Arbeitsalltag, der von spannenden, aber auch beunruhigenden Ereignissen geprägt ist. Denn Brände sind längst nicht das einzige, womit sich Henry im Laufe seiner fast dreimonatigen Dienstzeit herumschlagen muss …

Etwas irritierend ist die zweigeteilte Erzählweise des Spiels. Zu Beginn erscheint die meiste Zeit eine Art Textadventure auf dem Bildschirm. An einigen Stellen kann der Spieler dabei unterschiedliche Entscheidungen treffen, die jedoch bereits stark eine Richtung vorgeben und letztlich auch stets zum gleichen Ergebnis führen. Hin und wieder wird der Text von kurzen Laufsequenzen unterbrochen, bei denen nur wenige Schritte zurückgelegt werden, bevor ein neuer Textabschnitt beginnt. So wird über mehrere Jahre hinweg Henrys Vorgeschichte erzählt. Die ist zwar für den weiteren Spielverlauf durchaus von Bedeutung, doch die Texterzählweise wirkt ein wenig aufgesetzt, bremst den Spielfluss und es entsteht der Eindruck, all diese Informationen hätten auch so wie im kommenden Spielabschnitt erzählt werden können. Ist dieser Teil abgeschlossen, nimmt Firewatch jedoch schnell Fahrt auf und überzeugt mit einer ebenso tiefgründigen wie mitreißenden Geschichte. Ebenfalls spannend sind mehrere moralische Entscheidungen, die der Spieler treffen muss. Zudem lockt der Titel mit einer scheinbar offenen, großen Welt.

Ungewöhnlich: Das Spiel beginnt mit einem längeren Textabschnitt

Offene Welt mit unsichtbaren Schranken

Auch wenn es zunächst nicht so aussieht: Firewatch ist stark linear aufgebaut. Zwar kann ein Großteil des eindrucksvoll großen Waldgebietes von Anfang an erkundet werden, doch an ebenso vielen Stellen gibt es sinnvoll in der Geschichte begründete Blockaden, die den Spieler schnell wieder auf den vorgesehenen Hauptpfad zurückbringen. Das stört jedoch wenig, tatsächlich bleibt das Gefühl einer freien Welt, ohne die Gefahr, sich hoffnungslos zu verzetteln oder zu verirren. Die Geschichte an sich wird unterdessen zum Großteil über den Dialog zwischen Henry und seiner Chefin Delailah per Walkie-Talkie erzählt. Dem Spieler bleibt dabei die Entscheidung überlassen, wie gesprächig er sein möchte – und wie viel er dadurch über seine unsichtbare Partnerin erfahren wird. Zusätzlich sorgen einige Funde in der Umgebung für bestimmte Entwicklungen.

Kernstück der Erzählung ist das Funkgerät

Insgesamt komfortable Steuerung

Die Steuerung aus der Egoperspektive (WASD, Umschauen mit der Maus) nach dem textlastigen Intro funktioniert gut und bietet einige Komfortfunktionen. So können die doch recht zahlreichen Tasten im Menü beliebig verändert werden. Eine Rennen-Funktion sorgt für zügiges Vorankommen, Karte und Kompass verhindern allzu große Umwege und Irrgänge. Eine Archivfunktion zeigt auf Wunsch alle bislang gefundenen Notizen und Dokumente. Zügig sollten die Spieler jedoch reagieren, wenn sie angefunkt werden. Wie von Telltale-Spielen bekannt, gibt es nur einen recht kurzen Zeitraum, um eine Antwort auszusuchen. Wird dieser Moment verpasst, schweigt Henry schlichtweg. Vor allem für sonst recht gemächliche Spieler könnte dieses Dialogsystem ein wenig Übung bedeuten, denn in den Standardeinstellungen müssen für die Auswahl der Antwort zeitgleich die Shift-Taste gedrückt und das Mausrad bewegt oder Pfeiltasten gedrückt werden.

Mit der Zeit wird Henrys Ausstattung umfangreicher und ermöglicht es, an zuvor unerreichbare Orte vorzudringen. Auch der Einsatz dieser zusätzlichen Werkzeuge ist gekonnt in das Spiel eingebaut.

In der detailreichen Landschaft<br /><br />gibt es viel zu entdecken

Beeindruckende Grafik, toller Sound

Die zweite große Stärke von Firewatch ist neben der Geschichte die grafische Präsentation. Ein Großteil der Atmosphäre wird allein durch die detailreich und liebevoll gestaltete Umgebung transportiert. Sengende Mittagshitze, sternenklare Nächte, neblige, entsetzlich kalte Tagesanbrüche – all das zeigt bereits die Umgebung. Raschelnde Bäume, die sich im Wind wiegen und Tiere, die durch das Unterholz huschen, machen die Umgebung lebendig. Auch die Tatsache, dass Henrys gesamter Unterkörper beim Herunterschauen und Klettern sichtbar ist, trägt zur schönen Präsentation bei. Perfekt unterstrichen wird dies durch das rundherum gelungene Geräuschdesign, den angenehmen Soundtrack und die optimal besetzten Sprecher, die tolle Arbeit leisten.

Szenen wie diese stärken <br /><br />die Verbindung zum Hauptcharakter

Erleben, nicht knobeln

Rätsel im klassischen Sinne gibt es nicht im Spiel. Die Kombination für mehrere Zahlenschlösser ist stets vorher bekannt. Einzig die Orientierung im Nationalpark könnte mit viel gutem Willen noch als Knobelaufgabe durchgehen. Firewatch konzentriert sich eindeutig auf Erkundung und die Geschichte. Und das ist auch gut so, denn der Spielfluss würde durch Rätsel, die zudem noch schwer glaubwürdig in das Setting zu integrieren gewesen wären, nur ausgebremst. So stört es auch nur ein wenig, dass nach etwa drei bis vier Stunden der Abspann über den Bildschirm läuft. Zwar hätte der Aufbau sicherlich noch ein bisschen mehr hergegeben (etwa durch die Integration des Textabschnittes vom Anfang in das spätere Gameplay), doch auch so endet der Titel sehr befriedigend.

Ganz so ungefährlich ist der Nationalpark nicht

Fazit

Spieler, die zwingend Rätsel in ihren Adventures benötigen, werden an Firewatch keine Freude haben. Eine klare Empfehlung ist der Titel jedoch für alle anderen, besonders für Fans von sehr gut erzählten, tiefgründigen Geschichten in der Form eines modernen Erkundungs-Adventures. Ebenso behutsam und spannend wie teilweise auch beunruhigend bringt der Titel dem Spieler die Charaktere näher. Die wundervolle Grafik in Kombination mit dem sehr guten Sound schaffen eine tolle Atmosphäre. Lediglich das etwas langsame, textlastige Intro und die Tatsache, dass das Ende erreicht wird, wenn es gerade am Schönsten ist, wirken sich ein wenig negativ aus.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Während ich in den ersten Minuten etwas genervt war von den ständigen Texteinblendungen, die darüber hinaus auch noch dauernd das freie Laufen unterbrechen, hat mich Firewatch direkt nach dem Start des eigentlichen Spiels überzeugt. Eine ebenso spannende wie gut inszenierte Geschichte, die auf innovative Weise erzählt wird und deutlich tiefer geht, als anfangs erwartet. Dadurch ist das Spiel jetzt schon eines meiner Highlights 2016.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Tolle Hintergrundgeschichte
  • Innovative Erzählweise
  • Wunderschöne Grafik
  • Perfekt passendes Sounddesign
  • Tolle Sprecher
  • Textlastiges, langatmiges Intro
  • Etwas mehr Spielzeit wünschenswert
  • Keine nennenswerten Rätsel