Bereits 2007 veröffentlichte der britische Filmemacher und Comedian Alasdair Beckett-King sein Freeware-Adventure Nelly Cootalot: Spoonsbeaks Ahoy!, welches seinerzeit ausgezeichnete Bewertungen erhielt und zu einem der Aushängeschilder der Entwicklungsumgebung Adventure Game Studio wurde. Im gleichen Jahr begann er mit der Produktion des Nachfolgers Nelly Cootalot: The Fowl Fleet. Nach einem erfolgreichen Kickstarter sprang 2014 der deutsche Publisher Application Systems Heidelberg auf den fahrenden Zug auf und wertete das Spiel durch den Umstieg auf die Unity-Engine, höhere Auflösung und komplette englische und deutsche Sprachausgabe auf. Was am Ende dabei herausgekommen ist, haben wir uns für euch angesehen.

Manche Menschen machen Nelly das Leben schwer

Wo sind all die Vögel hin?

Nelly Cootalot ist Piratin. Allerdings ohne Mannschaft und ohne Schiff. So ist sie derzeit auf einen Job auf einem Schiff angewiesen, bei dem es hauptsächlich um Boden schrubben und Post sortieren geht. Als sie jedoch hört, dass der fiese Kapitän Breitbart sämtliche Vögel versklavt hat, macht sie sich auf die Reise, um diese Sache zu korrigieren. Dass es dabei nebenbei auch noch einen Schatz zu finden geben soll, lässt ihr Piratenherz natürlich höher schlagen. In der Folge trifft Nelly an verschiedenen Orten auf oft schrullige Charaktere und rätselt sich ihren Weg durch die Meere.

Hier riecht's nach Monkey Island

Parallelen zum Klassiker The Secret of Monkey Island sind oft erkennbar und wahrscheinlich auch beabsichtigt. Das spiegelt sich nicht nur im Aufbau des Spiels und den umfangreichen Rätselketten, sondern auch im Humor und einigen abstrusen Ideen wieder. Dennoch ist Nelly Cootalot kein billiger Abklatsch, sondern erzählt eine sehr eigenständige Geschichte. Und tatsächlich gelingt es, den Spieler über die gesamte Spielzeit hinweg bei Laune zu halten. Es gibt keine streckenden Elemente, dafür einen wunderbaren Spielfluss vom Anfang bis zum Ende. Die Rätsel sind angenehm fair, sehr gut ins Spiel integriert und der Schwierigkeitsgrad steigt zum Ende hin leicht an. Dennoch ist Nelly Cootalot kein wirklich schweres Spiel, sodass auch Einsteiger ihre Freude haben dürften.

Auch Situationskomik gehört dazu

Very british

Im Spiel kann jederzeit zwischen der deutschen und der englischen Version hin- und hergeschaltet werden. Wer des Englischen mächtig ist, sollte beide Versionen probieren. Während die englische Sprachversion typisch britische Akzente enthält, die natürlich wunderbar zum britischen Humor von Alasdair Beckett-King passen, wurden in der deutschen Version anstelle einer wörtlichen Übersetzung viele Gags umgeschrieben. Dadurch entstehen völlig neue Wortwitze, die in der englischen Version nicht funktionieren würden. Das erklärt auch, warum die Entwickler darauf verzichtet haben, andere Untertitel zur jeweiligen Sprache anzubieten. Nelly Cootalot kann nur entweder mit englischer Sprache und englischen Untertitel oder aber in einer komplett deutschen Variante gespielt werden. Es lohnt sich also auf jeden Fall in beide Versionen zu schauen. Angenehm hierbei ist, dass eine Option eingestellt werden kann, durch die jede einzelne Zeile manuell weitergeklickt werden muss. So kann man den einen oder anderen Satz während des Spiels nebenbei übersetzen, ohne etwas von der Handlung zu verpassen.

Gegenüber des ersten Teils haben die Grafiken zugelegt

Aufgepimpt

Vergleicht man die Grafik des ersten Nelly-Teils mit der des vorliegenden Spiels, wird schnell klar, dass die Zusammenarbeit mit Application Systems Heidelberg qualitative Vorteile mit sich gebracht hat. Mit dem Umstieg auf die Unity-Engine wurden die Hintergründe nun in Full-HD aufgearbeitet und auch perspektivisch hat sich einiges getan. Das Spiel wirkt grafisch sehr harmonisch und auch die Schrift sieht professioneller aus als noch im AGS-Vorgänger. Der Soundtrack des Komponisten Nikolas Sideris trägt zudem mit seinen lockeren karibischen Klängen sehr zu Atmosphäre bei. Bei der Steuerung hat man sich eher an modernen Adventures ohne Verben- oder Coin-Menü orientiert. Es kommt eine Zwei-Maustasten-Technik zum Einsatz, wie sie seit den Geheimakte-Spielen bekannt ist. Hinzu kommt ein klassisches Inventar, welches das Kombinieren von Gegenständen untereinander oder mit der Spielwelt erlaubt.

Fazit

Nelly Cootalot: The Fowl Fleet verdient eine klare Kaufempfehlung für Freunde von Point-and-Click-Adventures im Stil der beliebten Lucasarts-Klassiker. Vor allem der gute Spielfluss, die interessanten Rätsel und der erfrischend britische Humor geben dem Spiel eine sehr eigene Note. Mit einer Spielzeit von rund 6-8 Stunden hat es auch eine angenehme Länge.

Galerie

Mobile Versionen:
Rund neun Monate nach Erscheinen ist Nelly Cootalot and the Fowl Fleet nun auch für Android, iOS und Windows Phone erhältlich. Die Systemvoraussetzungen sind: 1.5 Gigabyte RAM und 4 Gigabyte Flash-Speicher, das Spiel lief auch auf einem betagten Tablet flüssig.
Die mobile Version steht der PC-Ausgabe in Grafik und Sprachausgabe in nichts nach, sodass das gleiche Spielerlebnis für Auge und Ohr geboten wird. Erfreulicherweise lassen sich darüber hinaus auch dort mehrere Spielstände speichern und mit eigenen Namen versehen, was für mobile Apps durchaus nicht üblich ist.
Gesteuert wird Nelly durch Antippen des Bildschirmes, ebenso wählt sie Objekte aus, mit denen sie auf zwei Arten interagieren kann: Betrachten mittels Lupe oder Benutzen durch Tippen auf das Handsymbol. Somit ist die Steuerung leicht verständlich und gut zu bedienen. Das Inventar öffnet sich durch Berühren des unteren Bildschirmrandes.
In Sachen Gameplay wird ebenso viel geboten wie bei der PC-Variante. Insgesamt ist es eine gelungene Portierung, die man allen Fans mobiler Plattformen empfehlen kann.

Kommentare des Verfassers

Kommentare

Nelly Cootalot sah zwar interessant aus, aber dennoch war ich skeptisch, ob es denn nicht zu niedlich sei. Die Befürchtung erwies sich jedoch als unbegründet, das Adventure hat mich mit einer schrägen, aber guten Geschichte, Wortwitz und Situationskomik absolut überzeugt. Zum Spielspaß trugen auch die wunderschönen Hintergründe bei und natürlich die englische Sprachausgabe mit ihrer hervorragenden Besetzung. Gerne habe ich mich in Nellys Welt entführen lassen und sie bei ihrer Reise begleitet. Der Humor von Alasdair Beckett-King war ganz nach meinem Geschmack, ebenso wie die Rätsel und so habe ich mit Nelly Cootalot eine wirklich schöne Zeit verbracht.

Melanie Hanschur

Ich hatte richtig Spaß mit Nelly, für mich ist es bisher eines der besten klassischen Adventures des Jahres. Ich hoffe, dass wir von Alasdair Beckett-King noch eine weitere Fortsetzung mit der kleinen, frechen Piratin sehen werden. Den Vorgänger muss man übrigens nicht zwangsläufig kennen, einige Referenzen sind jedoch vorhanden. Da der erste Teil kostenlos über die AGS-Datenbank heruntergeladen werden kann, darf sich jeder überlegen, ob er auch diesem eine Chance gibt.

Michael Stein

Redaktions-Wertung

Grafik

Musik

Steuerung

Atmosphäre

Rätsel

Gesamt