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  • Nikopol - Die Rückkehr der Unsterblichen

Test

von  Michael Stein
06.05.2009
Nikopol - Die Rückkehr der Unsterblichen
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch

Mit Nikopol liefern White Birds ihr erstes 1st-Person-Adventure ab. Ob die in naher Zukunft angesiedelte Adaption der Enki-Bilal-Comicreihe überzeugen kann, soll unser Test zeigen.

Düstere Welt, Zukunft ungewiss

Paris, März 2023: Diktatorprophet Weißkohl herrscht über die Stadt, welche in einen inneren und einen äußeren Bezirk geteilt wurde. Im inneren Bereich lebt die High Society, gut abgeschirmt vom Pöbel in den äußeren Randbezirken. Opposition wird nicht gern gesehen, Aufrufe zum Denunzieren der eigenen Nachbarn hallen durch die Straßen. Die Wahlen stehen an, wobei Weißkohl als einziger Kandidat zur Verfügung steht und die Verweigerung der Stimmabgabe unter Strafe steht. Nach den jüngsten Aufständen wurden nun auch die ersten Religionen verboten.

In dieser politisch angespannten Situation schlüpft der Spieler in die Haut des Malers Alcide Nikopol, der sich erst kürzlich einer konspirativen Bruderschaft angeschlossen hat. Und als wäre das nicht Zündstoff genug für eine interessante Geschichte, schwebt plötzlich ein riesiges, pyramidenförmiges Raumschiff über Paris, in dem sich niemand Geringeres als ägyptische Gottheiten befinden.

Traditionelle Technik

Nikopol spielt sich aus der Ego-Perspektive mit frei drehbarer Sicht. Als Cursor dient ein kleiner weißer Punkt, der sich beim Überfahren von Hotspots in ein der möglichen Handlung entsprechendes Icon verwandelt. Sämtliche Aktionen werden mit der linken Maustaste ausgeführt, während die rechte Maustaste das Inventar öffnet und schließt. Im Inventar finden sich wiederum Schaltflächen für das Optionsmenü und das Lesen von Dokumenten. Ein freies Herumlaufen in der Spielwelt ist nicht möglich. Bestimmte Punkte können angelaufen werden, dort steht dem Spieler dann wieder die 360°-Rundumsicht zur Verfügung. Die Steuerung an sich ist recht präzise, allerdings sind einige Hotspots schwer zu finden und die Hotspot-Symbole etwas klein geraten, so dass es manchmal schwer fällt, sie zu unterscheiden. Eine optionale Hotspot-Anzeige hätte hier Sinn gemacht, ist aber leider nicht vorhanden.

Leckereien für Auge und Ohr

Grafisch und akustisch macht Nikopol von Anfang an einen sehr guten Eindruck. Schon das Hauptmenü erzeugt eine sehr düstere und geheimnisvolle Atmosphäre und auch im Spiel selbst geht diese nicht verloren. Es wurde sehr nah an der Comicvorlage gearbeitet und auch die Zwischensequenzen sind sehr ansprechend im Comic-Look gehalten. Die einzelnen Szenen passen wunderbar zur Geschichte und unterstützen den Eindruck einer von Unterdrückung und ständiger Observation bestimmten Welt. Die Bilder sind sehr detailreich gestaltet, was in Außenarealen besonders bei einem Blick nach oben auffällt. Oft offenbaren sich hier noch einmal echte Perlen, wie Stahlkonstruktionen, die weit in den Himmel reichen. Auch ein Blick aus dem Fenster lohnt sich immer wieder. Animationen sich drehender Ventilatoren oder hin- und herschwenkender Kameras runden das Bild ab.

Auch die Hintergrundmusik und die Soundeffekte sind gelungen, wenn auch teilweise etwas karg eingestreut. Wo sie aber zu hören sind, passen sie auch sehr gut ins Spielgeschehen. Anderen Charakteren begegnet man im Spiel leider nur, wenn es unbedingt notwendig ist. Es gibt keine Figuren, die nicht direkt mit der Geschichte oder den zu lösenden Rätseln im Zusammenhang stehen. Die wenigen Stimmen, die zu hören sind, sind aber größtenteils ordentlich eingesprochen. Zwar sind nicht alle Sprechrollen wirklich optimal besetzt, allerdings hat auch keine der Figuren besonders viel Text. Die Stimme von Alcide Nikopol selbst hört sich angenehm, wenn auch leicht übertrieben an. Sie passt allerdings zum Comic-Setting, damit könnte das also durchaus beabsichtigt sein.

Ich muss hier raus und will da rein

Die Rätsel im Spiel bestehen zumeist darin, etwas zu verlassen oder zu betreten. Das hört sich zuerst ziemlich fade an, die gestellten Aufgaben sind aber größtenteils durchaus interessant. Vom Ausschalten von Wachen - mal durch List und Geschick, mal durch rohe Gewalt - über das Umprogrammieren von Zugangskarten an einem Terminal (ein äußert anspruchsvolles Rätsel, das vor allem logisches Denkvermögen erfordert) bis hin zum Einschlagen von Mauern mit einer begrenzten Anzahl von Schlägen wird ein breites Spektrum an Rätselarten geboten. Auch Aufgaben unter Zeitdruck müssen gelöst werden. Ein Versagen führt hier unweigerlich zum Tod. Auch kann der Spieler solche Einlagen in der Regel nicht durch Einzelhandlungen bewältigen, sondern muss oft eine ganze Abfolge von Aktionen unter Zeitdruck abarbeiten. Zwar ist das Spiel so fair, den Spieler diese Situationen beliebig oft wiederholen zu lassen, leider kann man an diesen Stellen aber nicht speichern. Wer also nach dem zwanzigsten Versuch noch nicht weiterkommt und lieber am nächsten Tag weiterspielen möchte, muss seinen PC über Nacht laufen lassen oder ab dem letzten Spielstand neu spielen.

Obwohl die Rätsel sich zumeist gut in die Spielsituation einfügen, wirken sie doch nicht immer logisch. Gerade den auszutricksenden Wachen muss man ein gehöriges Maß an Dummheit unterstellen und in Anbetracht ihrer Wichtigkeit sollten Terminals, mit denen sicherheitsrelevante Daten geändert werden können, an weniger leicht zugänglichen Stellen stehen. Auch ist nicht unbedingt erklärbar, warum zum Einschlagen einer Mauer nur eine begrenzte Anzahl von Schlägen gebraucht werden darf.

Leider wurde das Potenzial der Hintergrundgeschichte nur teilweise ausgeschöpft. Mehr Interaktion mit anderen Charakteren hätte dem Spielgefühl sicher gut getan. Auch etwas mehr Bewegungsfreiheit wäre wünschenswert gewesen. Das Spiel besteht im Prinzip aus vier stark eingegrenzten Bereichen, die es nacheinander abzuarbeiten gilt. Ein Abweichen von der vorgegebenen Reihenfolge ist nicht möglich. Trotz der relativ wenigen Schauplätze dürfte die Spielzeit dank der teils knackigen Rätsel aber trotzdem bei etwa 10-12 Stunden liegen.

Fazit

Nikopol dürfte bei den Spielern stark polarisieren. Einer toll in Szene gesetzten Spielwelt mit einer eigentlich auch spannenden Handlung steht ein stark linearer Handlungsablauf mit gelegentlichen Logiklöchern gegenüber. Es muss wohl jedem selbst überlassen bleiben, welche Merkmale ihm wichtig sind. Auf jeden Fall lohnt sich vor dem Kauf das Anspielen der Demo-Version.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Anfangs konnte mich Nikopol nicht vom Hocker hauen. Besonders eine schwierige, zeitkritische Aktion direkt am Anfang des Spiels bremste die Motivation stark. Im weiteren Verlauf wurde es aber dennoch interessant, allerdings lag mein Hauptaugenmerk nicht mehr auf der Rahmenhandlung, sondern auf dem Lösen der einzelnen, recht originellen und anspruchsvollen Rätsel. Eines ist sicher: Nikopol verschenkt viel Potenzial, da wäre wesentlich mehr möglich gewesen. Das liegt aber weniger an technischen Mängeln, sondern eher am Gesamtpaket. Trotz der respektablen Einzelleistungen ist kein in sich stimmiges Spiel entstanden.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Schöne Grafik
  • Guter Sound
  • Interessante Story
  • Stellenweise sehr interessantes Rätseldesign
  • Sehr linear
  • Störende Logiklöcher
  • Zu wenig Interaktion mit anderen Charakteren
  • Kein Speichern in zeitkritischen Sequenzen