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Test

von  Topsy-Sophia Schmitt
30.10.2018
Midnight Scenes: The Highway
Getestet auf Windows, Sprache Englisch

Als Schöpfer unnachahmlicher 2D-Pixelkunst erlangte der Spanier Octavi Navarro nicht zuletzt unter Freunden klassischer 3rd-person-Adventures großes Ansehen. Der Betrachter jener bei Pixels Huh präsentierten Werke verliert sich rasch in fantasievollen Welten, fernen Zeiten oder fremden Realitäten. Ebenso spiegeln diese Zeichnungen Navarros Leidenschaft für Videospiele früherer Generationen wider. Als Kind der Commodore-64-Ära war ihm auch die Teilnahme an Ron Gilberts Thimbleweed Park vergönnt. Bald darauf erschien die erste Folge seiner kostenlosen Midnight Scenes, welche inhaltlich von der amerikanischen Kultserie The Twilight Zone inspiriert sind und jeweils eigenständige Geschichten erzählen. Da pünktlich zu Halloween 2018 bereits die Fortsetzung veröffentlicht wurde, haben wir uns – als Ausblick auf die Reihe – der Debüt-Episode The Highway gewidmet.

Dieser Funkmast konnte sich wohl vor Müdigkeit nicht mehr aufrecht halten.

Die nächtliche Irrfahrt der Claire Barnes

Irgendwann in den Fünfzigern: Claire Barnes ist eine junge Dame von 29 Jahren, die es zu später Stunde auf eine einsame Landstraße verschlägt. Von unverhofften Zwischenfällen geplagt, verspürt sie lediglich noch den sehnsüchtigen Wunsch, ihre Reise durch die Nacht ungehindert fortsetzen zu können. Das Schicksal aber folgt stets eigenen Gesetzen und so blockiert mitten im Nirgendwo ein umgestürzter Funkmast ihren Weg. Trotz wachsendem Unbehagen entfernt sich die unglückselige Protagonistin von ihrem Automobil und begibt sich auf die Suche nach einem Notruftelefon. Jener unfreiwillige Streifzug ist jedoch von übernatürlichen Ereignissen geprägt, die das Leben von Claire Barnes für immer verändern werden.

Dieses Baumhaus hat gewiss bessere Tage gesehen.

Claire Barnes reist mit Damengepäck

The Highway entpuppt sich als konventionelles Point-and-Click-Adventure, das allerdings wenig spielerischen Einsatz fordert. So ist schon die Steuerung auf das Wesentliche reduziert und sämtliche Aktionen sind allein mit der linken Maustaste zu tätigen. Am unteren Bildschirmrand wird nach dem ersten Fund eine transparente Inventarleiste eingeblendet, diese ist jedoch bloß für den kleinen Bedarf vorgesehen. Niemals muss Claire mehr als drei Gegenstände zugleich mit sich tragen und die im Spiel verborgenen Items lassen sich an zwei Händen abzählen. Im Fokus des Gameplays steht dennoch das klassische Inventarrätsel, welches den sorgsam gepflegten Gehirnwindungen eines geübten Spielers aber kaum eine Regung abringen kann. Dies ist nicht zuletzt durch den streng linearen Aufbau des etwa zwanzigminütigen Abenteuers bedingt. Somit richtet sich die erste Episode der Midnight Scenes auch an Gelegenheitsspieler.

Was geschah mit dieser einst so glücklichen Familie?

Authentische Reise durch Zeit und Popkultur

Um den Charme der alten TV-Serie auf den Monitor zu bannen, bedient sich Octavi Navarro entsprechender Stilmittel. Die Worte des Erzählers, dem die Einleitung in die Geschichte und das Resümee obliegt, erinnern ungemein an einen Rod Serling, der zu seinen Zuschauern spricht. Eine Synchronisation erwartet man hingegen vergeblich, sodass besagte Wirkung nur durch Lektüre der Bildschirmtexte entstehen kann. Besonders aber durch die konsequente Schwarz-Weiß-Optik der Midnight Scenes fängt der Autor den Geist der ursprünglichen Staffeln von The Twilight Zone wunderbar ein.
Gewiss spielt Navarro auch in der Rolle des Entwicklers in erster Linie seine Stärken aus. Die allzu hinreißend gezeichneten Schauplätze lassen keine Details vermissen und beweisen eindrucksvoll, wie viel Stimmung gute Pixelkunst erzeugen kann. Authentische Effekte und Animationen hauchen der nächtlichen Einöde Leben ein. Sei es die rauchende Motorhaube eines verunglückten Trucks oder Regenpfützen, in denen sich die Zaunlatten oder Claires Beine spiegeln.
Beeindruckend ist zudem die Sorgfalt, mit der Navarro dem Spieler Zugang zur dargebotenen Welt verschafft. Interagiert dieser nämlich mit einem relevanten Gegenstand in Claires Umgebung, wechselt das Spiel meist in die Nahansicht und bringt stets neue, aufwendig dargestellte Perspektiven zum Vorschein. Eine rege Geräuschkulisse sowie subtile, beklemmende Musikstücke tun ihr Übriges, sodass die unheimlichen Elemente hervorragend zur Geltung kommen.

Fazit: Endstation Twilight Zone

Den Mangel an kniffligen Rätseln gleicht The Highway ganz selbstverständlich aus, denn Octavi Navarros minimalistisches Grafikadventure entfacht einen Zauber, dem nicht bloß Nostalgiker rasch erlegen sind. Als originalgetreu anmutende Hommage auf Rod Serling und seine Twilight Zone hat sich der erste Streich aus jener Reihe paranormaler Abenteuer vollends bewährt. Mögen also noch viele weitere Episoden folgen!

Galerie

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Tatsächlich erinnerte mich The Highway in jedweder Hinsicht an Rod Serlings TV-Meilenstein, die Nähe zum Original verblüffte mich geradezu. Umso mehr freue ich mich nun auf weitere spannende Geschichten, die mich erneut in jene Dimensionen des Unerklärlichen entführen.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Twilight Zone als Adventurespiel
  • herrlicher Pixelstil, tolle Atmosphäre
  • sehr viel Liebe im Detail
  • komfortable Steuerung
  • kein gehobenes Rätselniveau